Während Vertreter von Eltern und Lehrkräften mit Sorge auf den Schulstart und die Personaldecke an vielen Schulen blicken, gibt sich die Bildungssenatorin zuversichtlich. Bremens Schulen hätten zwar angesichts der weiter steigenden Schülerzahl „riesige Herausforderungen“ zu bewältigen, sagte Senatorin Sascha Aulepp (SPD) am Mittwoch im Rathaus.
Dennoch sei es nicht nur gelungen, die wachsende Kinderzahl in den Schulen aufzunehmen, sondern zugleich auch die Qualitätsstandards zu verbessern, so Aulepp. Bremen stehe besser da als andere Bundesländer, glaubt die Senatorin zudem. Am letzten Ferientag präsentierten sie und Staatsrat Torsten Klieme Zahlen zum neuen Schuljahr.
Schülerzahl
Die Schülerzahlen steigen weiter. In den vergangenen zehn Jahren habe die Zahl der Schulkinder in der Stadt Bremen um 15 Prozent zugenommen – die Gesamtbevölkerung wuchs im selben Zeitraum um vier Prozent, so Aulepp. Seit 2013 kamen demnach 7000 Schülerinnen und Schüler hinzu. Größere Anstiege gab es in Blumenthal, Vegesack, Gröpelingen und Huchting. In diesem Jahr werden im Vergleich zum Vorjahr elf zusätzliche erste Klassen eingerichtet. Drei neue Grundschulen gehen an den Start, in Kirchhuchting, in der Gartenstadt Werdersee und in der Vahr.
Lehrerstellen
Zum neuen Schuljahr wurden der Senatorin zufolge 290 Lehrkräfte neu eingestellt, davon 83 Quereinsteiger, die über das Programm "Back to school" an die Schulen kommen. Sie haben keine Lehrerausbildung, aber einen Master in einem an den Schulen gefragten Fach. Sie unterrichten zunächst nur wenige Stunden und bekommen eine Schnellfortbildung in Pädagogik. 175 Lehrkräfte schieden zum Ende des Schuljahres aus. 86 Lehrerstellen konnten nicht besetzt werden. Die Personalsituation sei nicht zufriedenstellend, sagte Aulepp, dennoch stehe Bremen deutlich besser da als viele andere Bundesländer, insbesondere in ländlichen Gebieten.
- Lesen Sie auch: Lehrermangel in Bremen: Eltern sind verzweifelt
Unterrichtsversorgung
Die Unterrichtsversorgung liege in den Grundschulen der Stadt Bremen im Schnitt bei 98 Prozent, in Oberschulen und Gymnasien etwas höher, sagte die Senatorin. Angestrebt werde eine Versorgung von 110 Prozent, weil man mit Krankheitsausfällen und Elternzeiten rechnen müsse. Es sei in Bremens Schulen nicht nur gelungen, 15 Prozent mehr Schüler aufzunehmen, sondern auch, „die Qualitätsstandards zu verbessern“, so Aulepp wörtlich: „Wir haben heute zehn Prozent weniger Schüler pro Lehrkraft als vor zehn Jahren.“ Dies sei allerdings „bitter nötig, weil Schülerinnen und Schüler heute mehr Unterstützung brauchen“. In die Unterrichtsversorgung rechnet die Behörde auch nicht voll ausgebildete Lehrkräfte mit ein.
Zusatzpersonal
Behörde und Schulen hätten zuletzt auf unkonventionellen Wegen mehr Personal an die Schulen gebracht, sagte die Senatorin. Im Programm „Back to School“ habe man mehr als 400 Bewerbungen erhalten. Zudem könnten Schulen die sogenannten souveränen Verstärkungsmittel – eigenständig von den Schulen verwaltete Finanztöpfe – nutzen, um Hilfskräfte per Honorarvertrag zu beschäftigen. Manche Schulen würden zudem einen Mangel an Musiklehrern kompensieren, indem sie mit einer Musikschule kooperierten.
Reaktionen
Personalvertretung, Eltern und Opposition blickten bereits im Vorfeld mit Sorge auf den Schulstart. Die Personaldecke der Schulen sei in diesem Jahr so dünn wie noch nie, darin sind sich die Gewerkschaft GEW und der Personalrat Schulen einig. „Es ist auf Kante genäht, der Betrieb kann an vielen Schulen nur noch gerade so aufrecht erhalten werden“, sagte der Personalratsvorsitzende Jörn Lütjens. „Schon nach der ersten Krankheitswelle wird es an vielen Schulen keinen Puffer mehr geben, und dann wird es Ausfälle geben.“
„Der Schulstart ist genauso holprig wie die letzten Jahre“, sagte CDU-Bildungspolitikerin Yvonne Averwerser. „Die kommenden Wochen werden zeigen, ob die Lage an den Schulen so gut ist, wie die Senatorin sagt.“ Mit mehr als 80 unbesetzten Lehrerstellen könne niemand zufrieden sein. Zudem habe Bremen bei der Qualifizierung von Quereinsteigern noch viel zu tun
Der Zentralelternbeirat (ZEB) geht davon aus, dass in diesem Jahr erneut an fünf bis zehn Schulen der Ganztag zusammenbrechen wird. Auch die Inklusion breche oft weg. "Am Ende läuft es auf Aufbewahrung hinaus", sagte ZEB-Sprecher Pierre Hansen. Aussagen der Senatorin zum Schulstart bezeichnete er als "Augenwischerei": "Man nennt positive Zahlen, aber es ist ein strukturelles Problem, dass es nicht genug Lehrkräfte gibt."