- Warum verzögert sich die Lieferung?
- Was bedeutet das für Fahrgäste?
- Welche Übergangslösung ist geplant?
- Wie reagieren Bremen und Niedersachsen?
- Wie ist Bremen finanziell beteiligt?
- Wann wird die geplante Bahnwerkstatt gebaut?
Die roten Doppelstockzüge der Deutschen Bahn (DB) sind Pendlern vertraut. Sie kommen im Regionalverkehr zwischen Osnabrück, Hannover und der Küste, auch bekannt als Expresskreuz Bremen-Niedersachsen (EBN), zum Einsatz. Eigentlich, so der Plan, sollten die zum Teil mehr als 20 Jahre alten Züge zum Jahresende 2024 ersetzt werden. Mittlerweile ist klar, dass der Hersteller Alstom erst im Frühjahr 2025 mit der Auslieferung der neuen Fahrzeuge starten kann – auch eine zwischenzeitlich angedachte Teillieferung in diesem Jahr ist vom Tisch. Die 34 Züge sollen nach Unternehmensangaben bis Ende 2025 zur Verfügung stehen.
Warum verzögert sich die Lieferung?
Der Hersteller gibt „Spätfolgen der Großkrisen Corona-Pandemie und Ukraine-Krieg“ als Grund an. Diese hätten zu längerfristigen Personalausfällen und Materialengpässen geführt, erklärt Alstom-Sprecher Andreas Florez. Als konkretes Beispiel nennt er die Wagenkastenproduktion. Ähnlich hat Alstom in den vergangenen Monaten auch die Verzögerung anderer Auslieferungen begründet. Ursprünglich angestrebte Termine für die Übergabe von Zügen konnten beziehungsweise können zum Beispiel in Hessen und Baden-Württemberg nicht gehalten werden.
Was bedeutet das für Fahrgäste?
Zunächst einmal müssen die Fahrgäste auf den Komfort der modernen Fahrzeuge verzichten und weiterhin mit den älteren Zügen vorliebnehmen. Malte Diehl bemängelt unter anderem, dass diese Züge oft verschmutzt seien. Eine Verschlechterung für Fahrgäste erwartet der Vorsitzende des Fahrgastverbands Pro Bahn Niedersachsen/Bremen durch die Verzögerung nicht. Unklar ist, in welchem technischen Zustand die alten Züge konkret sind und ob der Weiterbetrieb mit einer erhöhten Störungsanfälligkeit einhergehen wird. Diese Möglichkeit bestehe, sagt Diehl. Er betont aber auch, dass gerade neue Züge störanfällig seien und häufig "Kinderkrankheiten" beseitigt werden müssten.
Welche Übergangslösung ist geplant?
Im Dezember hatte Alstom angekündigt, moderne Elektrozüge als übergangsweisen Ersatz zu organisieren, bis die neuen Fahrzeuge geliefert werden könnten. Um welche Art von Zügen es sich dabei handelt und aus welchem Kontingent sie stammen sollen, lässt das Unternehmen offen. „Die Gespräche laufen noch“, sagt Alstom-Sprecher Florez. Etwas konkreter wird die Bremer Verkehrsbehörde, die neben der federführenden Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen (LNVG) als Aufgabenträger für das EBN mitverantwortlich ist. Laut Behördensprecher René Möller werden die Ersatzzüge „in Komfort und Ausstattung mit den heute eingesetzten Doppelstockwagen vergleichbar sein.“ Der Ersatz soll im Jahr 2025 auf der Linie RE8 (Bremerhaven-Hannover) fahren. Auf den Linien RE1 (Nordddeich-Hannover) und RE9 (Bremerhaven-Osnabrück) soll die derzeitige Flotte weiter genutzt werden.
Wie reagieren Bremen und Niedersachsen?
Die LNVG, die den Vertrag mit Alstom geschlossen hat, prüft einem Sprecher zufolge, welche finanziellen Ansprüche sich gegenüber dem Hersteller aus der Verzögerung ergeben. Bremen selbst sei kein Vertragspartner und prüfe dementsprechend keine Forderungen, sagt Möller. Die Forderungen der LNVG seien jedoch mit den Aufgabenträgern abgestimmt. Außer Bremen und der LNVG sind die Region Hannover und der Nahverkehr Westfalen-Lippe beteiligt. Betreiber des Netzes ist, bislang im Rahmen eines sogenannten Übergangsverkehrsvertrags, DB Regio. Von Dezember 2024 an übernimmt das Unternehmen das Streckennetz dann langfristig. Die neuen Züge hatte die LNVG bestellt, bevor der neue Betreiber feststand.
Wie ist Bremen finanziell beteiligt?
Bremen ist mit rund 50 Millionen Euro am Kauf der Züge beteiligt, wobei 90 Prozent dieses Betrags durch Regionalisierungsmittel des Bundes gedeckt sind. Mehrkosten durch die verzögerte Lieferung ergeben sich für Bremen laut Möller nicht. In der Verkehrsbehörde ärgert man sich dennoch über die Verzögerung des Projektes, das ein Gewinn für viele Pendler sowie ein „richtiger und nötiger Schritt zu einer sozialverträglichen Verkehrswende“ sei.
Wann wird die geplante Bahnwerkstatt gebaut?
Die Bahnwerkstatt wird aller Voraussicht nach nicht fertig sein, wenn Alstom die ersten Züge liefert. Der geplante Standort in Oslebshausen wird weiterhin kontrovers diskutiert, zuletzt hatte ein umstrittenes Lärmgutachten für Ärger in der Ortspolitik gesorgt. Alstom selbst hält an dem Standort fest. „Bis Mitte 2024 läuft das Planfeststellungsverfahren. Wir sind zuversichtlich, dass es dann zügig vorwärts geht. Mit dem Depot wollen wir Know-how und gute Arbeit nach Oslebshausen bringen“, sagt Florez. Mit der Kritik gehe Alstom sorgfältig um, zum Lärmgutachten werde man sich äußern, wenn dies im Planfeststellungsverfahren vorgesehen sei. Die vertraglich vereinbarte Instandhaltung der Züge werde auch ohne Werkstatt in Bremen sichergestellt, gegebenenfalls mit einer Übergangslösung. Konkreter wird das Unternehmen nicht. „Seien Sie versichert, dass Alstom auf alle Eventualitäten vorbereitet ist“, so Florez.