„So nicht!“ – mit diesen Worten hatten die Mitarbeitervertretungen der Krankenhäuser St.-Joseph-Stift, Rotes Kreuz Krankenhaus (RKK), Diako und Roland-Klinik Ende März einen offenen Brief überschrieben. Die Protestnote war an Gesundheitssenatorin Eva Quante-Brandt (SPD) gerichtet, weil sie im Senat zuständig für die Landeskrankenhausplanung ist. Grund für den Protest: die millionenschwere Finanzspritze für den angeschlagenen Klinikverbund Gesundheit Nord (Geno), auf die sich Spitzenvertreter von Rot-Grün im Februar verständigt hatten. Sie soll Mitte des Jahres vom Landesparlament in einem Nachtragshaushalt beschlossen werden.
Senatorin Quante-Brandt ist auch Aufsichtsratsvorsitzende der Geno. Die Mitarbeitervertretungen der Freien Kliniken werfen ihr Ungleichbehandlung vor. „Seit Jahren werden die kommunalen Kliniken gegenüber den freigemeinnützigen Krankenhäusern immer wieder bei der Verteilung der Gelder bevorzugt. Die Finanzspritze dürfte sich mittlerweile auf rund 400 Millionen Euro summieren“, so die Kritik in dem Brief.
Protestaktion vor der Bremischen Bürgerschaft
Gut sechs Wochen nach dem offenen Brief ist aus dem „So nicht!“ ein „Jetzt reicht's!“ geworden: An diesem Dienstag wollen die Mitarbeitervertreter und Beschäftigte der vier Freien Kliniken ihre Kritik öffentlich wiederholen. Sie laden von 11.38 bis 14.12 Uhr zu einer Protestaktion vor der Bremischen Bürgerschaft ein.
„Da es seitens der Senatorin bislang kaum bis unzureichende Reaktionen auf unser Anliegen gab, wollen wir die Bevölkerung auf diese Thematik hinweisen“, sagt Doris Schneider, Vorsitzende der Mitarbeitervertretung im St.-Joseph-Stift. „Wir hatten erwartet, dass wir nach dem Brief mit der Gesundheitssenatorin ins Gespräch kommen. Nach mehreren Nachfragen wurde uns aber gesagt, dass sie auf offene Briefe grundsätzlich nicht reagiere. Danach hat es ein Gespräch mit einem Vertreter der Behörde gegeben“, sagt Schneider. Er habe wiederholt, was die Senatorin bereits in der Gesundheitsdeputation betont hatte: dass sich die Stadt als Gesellschafterin des kommunalen Klinikverbunds für eine finanzielle Hilfe entscheiden könne. Dies sei unabhängig von der Landeskrankenhausplanung.
Das sehen die Mitarbeitervertreter der Freien Kliniken anders. „Nicht mehr bei diesen Beträgen, die bereits seit Jahren immer wieder in schlechte Wirtschaftlichkeit und unorganisierte Baumaßnahmen wie den Neubau investiert werden“, sagt Wilfried Elfers vom RKK. Dabei hätten sie vor allem die Beschäftigten in den Freien Kliniken im Blick. Werde in einem der vier Häuser ein schlechtes Wirtschaftsergebnis eingefahren, müssten beispielsweise Kräfte eingespart oder Teile des Gehalts wie Weihnachtsgeld oder Tariferhöhungen einbehalten werden, um das Krankenhaus wieder in eine stabile wirtschaftliche Lage zu bringen. Teure Leiharbeitskräfte einzustellen, Betten oder teilweise Stationen bei Personalmangel zu sperren wie in den Geno-Kliniken, könne sich ein Haus in der Regel nicht leisten.
„Bestrafung“ für wirtschaftliches Arbeiten
„Die Kliniken sind angesichts des Fachkräftemangels und knappen Personals alle in der gleichen Situation. Aber es entsteht der Eindruck, dass die Geno-Häuser sich Betten- und Stationsschließungen sowie teure Leiharbeitskräfte erlauben können, da eine Schieflage der Wirtschaftlichkeit quasi immer vom Gesellschafter – der Stadt – ausgeglichen wird“, betont Doris Schneider. Ein Nachschlag in dreistelliger Millionenhöhe für die Geno werde daher von den Beschäftigten regelrecht als „Bestrafung“ für wirtschaftliches Arbeiten wahrgenommen. Die Freien Kliniken hätten ebenfalls die Daseinsfürsorge zu leisten und täten dies auch. Diese Tatsache sollte von der Behörde ebenfalls in der Öffentlichkeit erwähnt werden. Und Wilfried Elfers unterstreicht, die Gesundheitssenatorin sei für alle Krankenhäuser im Land zuständig. "Die Doppelfunktion mit dem Aufsichtsratsvorsitz der Geno halten wir vor diesem Hintergrund grundsätzlich für alles andere als glücklich. Das sollte künftig überdacht werden."
Die Mitarbeitervertreter fordern künftig auch einen besseren und vor allem zeitnahen Austausch über Veränderungen in der Bremer Krankenhauslandschaft. Als Beispiel nennt Schneider den Bau des Eltern-Kind-Zentrums am Klinikum Mitte. Das St.-Joseph-Stift sei bereits mit der Planung eines ähnlichen Zentrums auf der Zielgeraden gewesen, „die Pläne der Architekten standen“, als die Geno-Pläne öffentlich bekannt geworden seien. „Solche Entscheidungen müssten den anderen Kliniken mitgeteilt werden“, fordert Schneider. „Das kostet sonst richtig Geld.“
Anlass für den Bau eines solchen Zentrums am St.-Joseph-Stift sei vor allem der starke Anstieg der Geburten in dem Krankenhaus in Schwachhausen gewesen. Nachdem die Geburtsklinik am Klinikum Mitte wegen des Keimausbruchs geschlossen worden war, sei die Geburtenzahl im St.-Joseph-Stift von rund 1500 auf über 2000 pro Jahr bis heute gestiegen. „Dafür muss man Kapazitäten vorhalten. Da es keine anderen Signale für eine Wiedereröffnung im Klinikum Mitte gab, musste man davon ausgehen, dass dieses Niveau so hoch bleibt“, betont Schneider.