Herr Fröhlich, nach Ihrer Wahl zum Ortsamtsleiter vor fast fünf Jahren sagten Sie, ein strebsamer Mensch zu sein: Sie wollten sich so wenig Zeit wie möglich geben, um Blumenthal kennenzulernen. Wie lange haben sie denn gebraucht, den Stadtteil zu verstehen?
Oliver Fröhlich: Eigentlich nicht lange, etwa ein halbes Jahr. In dieser Zeit habe ich die Gemengelage von Blumenthal kennengelernt und begriffen.
Und wie war damals die Gemengelage?
Sie war so, dass man immer wieder von Menschen gehört hat, dass sie sich abgehängt fühlen...
Aber das hört man auch heute noch.
Mit dem Unterschied, dass mittlerweile Projekte angeschoben und weiterentwickelt wurden, um den Stadtteil voranzubringen.
Kurz vor Ihrer Wahl haben Sie sich die leeren Läden im Zentrum angeschaut, das Fördergebiet in Lüssum und den Standort des Schulcampus. Der Großteil der Läden ist immer noch leer, Lüssum immer noch Fördergebiet und der Campus immer noch eine Brache. Hat Blumenthal zu viele Projekte, die lange dauern?
Ja, der Stadtteil hat viele Großprojekte. Und ja, auch ich finde, dass manches schneller gehen könnte. Allerdings darf dabei nicht vergessen werden, dass es mehrere Ereignisse gab, die unvorhergesehenerweise die Prozesse ins Stocken brachten. Oder zumindest dafür sorgten, dass das anfängliche Tempo nicht beibehalten werden konnte.

Geht davon aus, dass in den nächsten Jahren mehr Projekte abgeschlossen werden als manche glauben: Ortsamtsleiter Oliver Fröhlich.
Zum Beispiel?
Zum Beispiel die Corona-Pandemie. Zum Beispiel der russische Angriff auf die Ukraine. Beides zusammen hat zwar nicht die Umsetzung von Plänen generell verhindert, aber auf unterschiedliche Weise doch erschwert: Es kamen Aufgaben wie das Organisieren von Impfangeboten hinzu und vieles, vor allem das Bauen, wurde im Zuge des Krieges teurer, sodass Vorhaben neu geprüft werden mussten.
Wie gehen Sie damit um, dass zu Ihrer Halbzeit als Ortsamtsleiter vieles im Werden, aber wenig abgeschlossen ist?
Ich gehe damit positiv um, weil ich weiß, welche Projekte in den nächsten Jahren so weit voranschreiten, dass sie – wenn nicht fertig – für jeden zumindest sichtbar werden.
Und was sagen Sie Blumenthalern, die nicht so geduldig sind wie Sie?
Denen versuche ich zu vermitteln, dass es Vorhaben gibt, bei denen man zwei- oder dreimal häufiger überlegen muss, wie sie sich realisieren lassen.
Und wie oft gelingt Ihnen das?
So schlecht ist die Erfolgsquote nicht. Das Paradebeispiel ist für mich die Debatte über das Stadtteilzentrum: Immer wieder hieß es, dass es in Bremen nie wieder ein Sanierungsgebiet geben wird. Und am Ende hat es das doch gegeben, weil nach vielen Gesprächen die Einsicht kam, dass ein Fördergebiet zu wenig für die vielen Probleme gewesen wäre.
Für die Sanierung des Zentrums werden zwölf bis 15 Jahre veranschlagt und für den Campus inzwischen fast genauso viele Jahre – Blumenthal, sagen manche, gleicht einer Langzeitbaustelle. Was sagen Sie?
Dass Blumenthal in der Tat momentan eine riesige Baustelle ist, weil diese beiden Vorhaben ja nicht die einzigen im Stadtteil sind. Ich sage aber auch, dass Pläne ein Prozess sind und sich diese Pläne verändern können, wenn sich die Bedingungen, die anfangs einmal galten, inzwischen nicht mehr gelten. Wie etwa beim Campus, bei dem zwischenzeitlich die Zahl der Schulen variierte und zuletzt die Art der Schulen.

Die neue Grundschule im Dillener Quartier als Entwurf: Das Bauvorhaben wird inzwischen umgesetzt.
Was können denn Beiratspolitiker und Ortsamtsmitarbeiter tun, um Projekte zu beschleunigen?
Sie können beispielsweise versuchen, die Behörden auf Ideen zu bringen, auf die sie bisher nicht gekommen sind. Und sie können mit Entscheidern darüber reden, welche Gespräche und welche Planungsschritte vielleicht von der Stadtteilverwaltung übernommen werden können.
Das klingt beinahe so, als würde die kleinste Verwaltungseinheit der großen die Arbeit abnehmen.
Ich würde es anders nennen: zuarbeiten.
Bei welchem Projekt hat denn das Ortsamt zuletzt zugearbeitet?
Bei der Reparatur der Hospitalstraße zum Beispiel. Ich glaube, der Vorschlag des Beirates, sich an den Kosten zu beteiligen, war für die Behörde ein sehr überzeugender Vorschlag.
Als Sie vor beinahe fünf Jahren antraten, erklärten Sie, dass Verwaltung für Sie mehr ist als verwalten. Wie fällt denn Ihre persönliche Bilanz als Gestalter aus?
Ich denke, dass mehr auf den Weg gebracht wurde und in den nächsten Jahren fertig wird als manche glauben.
Nämlich?
Die neue Grundschule und der neue Kindergarten im Dillener Quartier etwa. Der neue Sportplatz in Farge. Die erste Campusschule.

Der Marktplatz im Zentrum: Sein Umbau gehört zu den sogenannten Schlüsselprojekten der Sanierer.
Und trotzdem werden die großen Themen Ihrer ersten Halbzeit auch die Ihrer zweiten sein. Was wird Ihrer Meinung nach denn in den nächsten fünf Jahren ihrer Amtszeit allein von der langen Liste der Zentrumssanierer abgehakt sein? Oder zumindest so gut wie?
Ich gehe davon aus, dass in dieser Zeit mehrere Hausfassaden im alten Ortskern saniert werden. Dass der Marktplatz nicht mehr so aussieht wie jetzt. Und dass auch der Umbau des früheren Rathauses zu einem Quartierszentrum in Teilen fertig wird.
Wird in dieser Zeit auch aus dem Beverstedter Oliver Fröhlich ein Blumenthaler Oliver Fröhlich werden, so wie Sie es nach Ihrer Wahl nicht ausgeschlossen haben?
Es ist davon auszugehen, dass ich ein Blumenthaler Ortsamtsleiter aus Beverstedt bleibe. Das hat unter anderem mit meiner Tochter zu tun, die frei entscheiden sollte, auf welche weiterführende Schule sie gehen will. Sie besucht jetzt ein Gymnasium in Bremerhaven.
Und ist auch davon auszugehen, dass Sie sich um eine zweite Amtszeit bewerben werden?
Ich sage es mal so: Ich würde nicht nur gerne die großen Blumenthaler Projekte begleiten, sondern auch bei ihrem Finale mitwirken.