Erst haben Architekten des niederländischen Büros De zwarte Hond einen Plan für einen Bildungscampus im Kämmerei-Quartier entworfen, jetzt sollen sie auch ein Konzept vorlegen, wie das benachbarte Rathaus zu einem Quartierszentrum werden könnte: mit einem Anbau, der eventuell größer ausfällt als bisher gedacht. So groß, dass das Grundstück des alten Verwaltungssitzes unter Umständen nicht ausreicht – und ein Teil des neuen Schulgeländes genutzt werden muss.
Dass das weitestgehend leere Rathaus quasi mit dem Kämmerei-Quartier verbunden werden könnte, passt nach Ansicht der Behörden genau zum Sanierungskonzept fürs Blumenthaler Zentrum: Der alte Ortskern soll sich zum Campusgelände hin öffnen – und das Gelände zum Ortskern. So haben es Bettina Wagner-Pribbernow und Dorothea Haubold bei einem Rathausrundgang im Februar gesagt. Und so sagen es die Projektentwicklerin von Immobilien Bremen und die Stadtumbau-Expertin der Baubehörde auch in dieser Woche. Der Beirat hat sie eingeladen.
Eigentlich wollten die Fraktionen von den Referentinnen erfahren, welche Behörde denn nun wie viele Quadratmeter im Rathaus übernehmen will. Doch Wagner-Pribbernow und Haubold müssen passen: So weit, sagen beide, sind die Ressorts noch nicht. Die Planerinnen wissen nur, dass mehr Behörden in den Verwaltungssitz wollen als Platz da ist. Darum der Anbau. Auf der Nutzerliste haben sie sowohl die Kultur- und Sozialbehörde als auch das Gesundheits- und Bildungsressort. Und die Innenbehörde. Sie war die erste, die erklärte, in den alten Verwaltungssitz zu wollen. Und auch Zahlen nannte.
Auf rund 20 Mitarbeiter will das Ressort im denkmalgeschützten Klinkerbau an der Landrat-Christians-Straße kommen. Und auf 500 bis 600 Quadratmeter. Die Flächenangaben stammen von Innensenator Ulrich Mäurer (SPD). Auch er war beim Rundgang vor zwei Monaten im Rathaus dabei. Ihm zufolge soll das Gebäude zum neuen Blumenthaler Revierstandort und zugleich zur Zentrale des Nordbremer Ordnungsdienstes werden. Und weil für beides mehr als die Hälfte des früheren Verwaltungssitzes gebraucht wird, muss auch der Anbau werden, was der Altbau seit jeher ist: mehrgeschossig.
Wagner-Pribbernow und Haubold sprechen von einem Gebäude, das anders werden soll als das Rathaus. Von großen Fenstern, damit man gleich von draußen sehen kann, was drinnen passiert. Und davon, dass der Neubau einen separaten Eingang bekommt. Die Planerinnen glauben nämlich, dass es eine Zweiteilung braucht: hier das Revier mit Ordnungsdienst, dort die anderen Ressorts. Darum wird der Zugang zur Polizei an der Frontseite des Altbaus sein und der für die übrigen Behörden hinterm Rathaus. Der rückwärtige Teil des Grundstücks ist der einzige, der für einen Anbau infrage kommt.
Eine andere Fläche, die der Stadt gehört, gibt es in diesem Bereich nicht – außer dem Gelände rechts neben dem alten Verwaltungssitz. Aber das soll zum offenen Durchgang zwischen Marktplatz und Kämmerei-Quartier werden, wenn das Gebäude, das dort noch steht und zuletzt als Bibliothek genutzt worden war, abgerissen ist. So will es der Beirat. Und so wollen es die Stadtplaner. Sie haben deshalb den Auftrag dazu gegeben, die Fläche hinterm Rathaus von Grund auf neu zu ordnen, um Platz für einen Anbau zu schaffen. Auch das sollen die Architekten von De zwarte Hond übernehmen.

Neue Sicht aufs Kämmerei-Quartier: Die Lagerhallen wurden abgerissen, um Platz für den Berufsschulcampus zu schaffen.
Die Projektentwicklerin und die Stadtumbau-Expertin haben Fotos mitgebracht, die das Gelände von oben zeigen. Bäume sind zu sehen, Parkplätze, der Gemeinschaftsgarten des Stadtteils – und ein Teil des Kämmerei-Quartiers. Damit, sagen sie, sollen die Architekten jetzt arbeiten und Vorschläge machen, wie sich der Anbau am besten integrieren lässt. Mit Ergebnissen rechnen die Referentinnen nicht so bald. Sie gehen davon aus, dass es noch Jahre dauern kann, bis das Rathaus umgebaut und der Anbau steht. Vielleicht drei, vielleicht fünf. So genau wollen sie sich nicht festlegen.
Dass es nicht so schnell geht, wie Stadtteilpolitiker gehofft haben, hat ihnen zufolge mehrere Gründe. Zum Beispiel mit den Behörden, die sich noch abstimmen müssen, um das Rathaus zu nutzen. Und damit, dass das Sanierungsprogramm fürs Blumenthaler Zentrum, bei dem der Altbau ein Projekt von vielen ist, erst noch beginnt. Im Sommer sollen erste Fördermittel des Städtebaus in das Vorhaben investiert werden. Wenn der Umbau des alten Verwaltungssitzes nicht sofort dabei ist, macht das nach Ansicht der Planerinnen nichts: Das Geld des Bundes kann innerhalb von 15 Jahren abgerufen werden. So lange soll die Sanierung des Ortskerns dauern.