Viele haben an diesem Abend viele Fragen. Und alle drehen sich um ein Großprojekt, das seit zwei Jahren vorbereitet wird und nun starten soll – das Blumenthaler Zentrum voranzubringen. Wer dort wohnt, hat es seit Kurzem schriftlich: Das Gebiet ist jetzt Sanierungsgebiet. Was das bedeutet, ist am Montag von Bausenatorin Maike Schaefer (Grüne) und ihrem Stab bei einem Treffen mit Haus- und Grundstückseigentümern erläutert worden. Welche Sorgen manche Anwohner haben und wie die Behördenspitze darauf reagiert. Die Debatte im Überblick.
Die Konsequenzen: Vor wenigen Wochen sind die ersten Schreiben an die Immobilieneigentümer verschickt worden. Seither wissen sie, was sie noch dürfen – und was nicht mehr. Wer jetzt zum Beispiel sein Haus im Stadtteilzentrum verkaufen will, muss vorher die Behörde fragen. Gleiches gilt, wenn neue Mietverträge abgeschlossen werden. Und wenn jemand sich dafür entscheidet, seine Immobilie zu sanieren. Dann werden Eigentümer und Behörde quasi Vertragspartner und können Bauherren mit Zuschüssen rechnen. Pech hat, wer mit dem Sanieren schon begonnen hat. Dann gibt es keinen Cent von Land und Bund. Rückwirkend, argumentiert die Behördenspitze, können Fördermittel des Städtebaus nicht bewilligt werden. Zum Bedauern eines Anwohners, der nach eigenen Angaben seit anderthalb Jahren sein Eigenheim im alten Ortskern saniert. Und nun mit den Arbeiten fast fertig ist.
Die Kritik: Schaefer und ihr Team hören es bei dem Treffen mit den Anwohnern immer wieder: Dass der Ortskern zum Sanierungsgebiet erklärt wird, hätten manche Haus- und Grundstückseigentümer gerne früher gewusst. An diesem Abend sind so viele gekommen, dass die Stühle nicht ausreichen. Rund 60 Frauen und Männer sitzen und stehen der Behördenchefin gegenüber. Manche sagen, dass erst jetzt im Grundbuch vermerkt wurde, welche Immobilien im Sanierungsgebiet liegen. Und andere, dass sie immer noch auf Post von der Behörde warten, aus der hervorgeht, was die Sanierungssatzung vorschreibt. Ein Anwohner spricht davon, gegen das Amtsgericht zu klagen, weil es ihm zufolge an Anlieger auch Grundbuchauszüge verschickt hat, die gar nicht für alle bestimmt waren. Ein Mitarbeiter von Schaefer bestätigt, dass bei den Informationsschreiben etwas schiefgelaufen ist.
Die Befürchtungen: Über Jahrzehnte ist der Wert mancher Häuser im Blumenthaler Zentrum gesunken – jetzt soll er mit den Projekten, die fürs Sanierungsgebiet geplant sind, wieder steigen. Das klingt jedoch nicht für alle Immobilieneigentümer gut. Manche befürchten, dass sie wegen des Wertzuwachses einen sogenannten Ausgleichsbetrag an die Stadt zahlen müssen, so wie er bei ähnlichen Projekten in anderen Kommunen verlangt wird. Aber nicht in Bremen. Behördenchefin Schaefer sagt, dass eine solche Abgabe bisher noch nie von der Behörde erhoben worden ist. Und dass sich Haus- und Grundstückseigentümer auch keine Sorgen darüber machen müssen, dass der Kaufpreis sinken könnte, wenn die Stadt ihr Vorkaufsrecht nutzt, das in einem Sanierungsgebiet gilt. Laut Schaefer würde Bremen immer den Preis für eine Immobilie bezahlen, der sich aus einem aktuellen Wertgutachten ergibt.
Der Plan: Wie das Zentrum mal aussehen soll, können die Bausenatorin und ihr Team im Moment nur skizzieren. Fest steht nach ihren Worten, dass die Veränderungen, die gerade in einem Entwicklungskonzept zusammengetragen werden, grundlegend sein werden. Es geht um neue Verkehrswege, um Lösungen für leere Läden und um Plätze, Straßen sowie Gebäude, deren Mängel ausgeräumt werden sollen. Unterm Strich kommt die Behörde auf ein Dutzend sogenannter Schlüsselprojekte. Auch Sicherheit ist ein Thema – und Abfall ein anderes. Über beides wird bei dem Treffen zwischen Behördenspitze und Anwohnern lange gesprochen. Einige Haus- und Grundstückseigentümer sagen, sich nicht vorstellen zu können, wie das Ressort es schaffen will, mit einem Sanierungsgebiet für mehr Polizeibeamte auf den Straßen und weniger wilde Müllkippen in den Quartieren zu sorgen.
Der Ausblick: Schaefer rechnet damit, dass die Arbeit am Konzept für die Entwicklung des Stadtteilzentrums demnächst abgeschlossen sein wird. Und dass im Frühjahr fest steht, welches Unternehmen den Zuschlag als Sanierungsträger bekommt. Er soll umsetzen, was Politik und Behörden vorgeben. Die Ausschreibung ist inzwischen angelaufen. Die Senatorin geht davon aus, dass im Sommer nächsten Jahres die ersten Summen bewilligt werden – und dann auch die ersten Sanierungsprojekte beginnen. Stadtplaner rechnen damit, dass es 15 Jahre dauern wird, bis alle Vorhaben abgeschlossen sind. 21 Millionen Euro stehen dafür bereit. Es ist nicht der einzige Betrag, der in den Stadtteil investiert werden soll. Außer dem Sanierungsgebiet gibt es jetzt noch zwei Fördergebiete. Auch die Bahrsplate und das Kämmerei-Quartier sollen vorangebracht werden. Mit wie vielen Millionen, ist bisher unklar.