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Standort Farge Trendwende bei Thyssen

Produktions- und Bürostandort zu verkaufen: So pries Thyssen-Krupp im Januar das Farger Werk auf einem Immobilienportal an. Mittlerweile will der Konzern nicht mehr verkaufen, sondern Personal einstellen.
14.07.2022, 15:09 Uhr
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Trendwende bei Thyssen
Von Christian Weth

Noch im Januar wollte Thyssen-Krupp alles verkaufen – Bürogebäude, Produktionshallen, Lager, Grundstück. Praktisch den kompletten Farger Standort. Jetzt will der Konzern das nicht mehr. Denn nun hat sich etwas entwickelt, was damals, als das Werk auf Immobilienscout angeboten wurde, noch nicht abzusehen war: das Geschäft mit Montageanlagen für Elektromotoren. Inzwischen sind die Bestelllisten so voll, dass es Jahre dauern wird, alle Aufträge der Automobilbranche abzuarbeiten. 

Trendwende, Comeback, Erfolg: Evelin Veit sagt die Wörter häufiger. Es sind die, die auch in einer dreiseitigen Mitteilung des Konzerns stehen. Die Unternehmenssprecherin erklärt, dass jetzt quasi alles anders ist als noch vor Monaten, vor allem positiver. Von einem Verkauf der Immobilien an der Richard-Taylor-Straße ist im Schreiben von Thyssen-Krupp keine Rede mehr. Auch die Suche nach einem Partner und der Plan, eventuell in den eigenen Gebäuden zum Mieter zu werden, bleiben unerwähnt.

Stattdessen wird daran erinnert, dass die Bedingungen mal denkbar schwierig waren. Dass es eine Phase mit niedrigem Auftragsbestand gab und eine tiefgreifende Restrukturierung, sowohl in Farge als auch an anderen Standorten der Engineering-Sparte von Thyssen-Krupp. Restrukturierung meint auch Stellenabbau. Auf den einen folgte gleich der nächste. Allein in den vergangenen drei Jahren sind im Nordbremer Werk rund 350 Arbeitsplätze weggefallen. Es hatte mal um die 1500 Beschäftige, jetzt sind es noch knapp 550.

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Und auf die kommt jetzt so viel Arbeit zu, dass es mindestens zwei bis drei Jahre dauern wird, alle Auftragseingänge zu bewältigen. Die Unternehmenssprecherin sagt, dass inzwischen Bestellungen im Wert eines dreistelligen Millionen-Betrags vorliegen. Auch beim Verkauf des Werks wollte Thyssen-Krupp eine Millionen-Summe, aber die war nur zweistellig. Veit hofft, was ihr zufolge jetzt viele hoffen: dass sich an die bisherigen Projekte zahlreiche Folgeprojekte anschließen, um die Zukunft des Standorts nicht bloß für die nächsten Jahre, sondern noch länger zu sichern.

Michael Gerdes hofft noch mehr. Der Gewerkschaftssekretär der IG Metall erwartet, dass der Konzern jetzt in die Farger Produktionsstätte investiert, damit der Aufschwung nicht gleich zum Abschwung wird, weil das Plus an Aufträgen den Betrieb überfordert. Und er würde sich wünschen, dass die Unternehmenszentrale bedachter vorgeht als bisher. Der Versuch, das Werk zu verkaufen, war für ihn ein fatales Signal zur falschen Zeit. Bereits im Januar, sagt er, hatte sich die Auftragslage nämlich verbessert, wenn auch nicht so deutlich wie jetzt.

Veit nennt keinen Monat, ab dem es für den Farger Standort wirtschaftlich aufwärtsging. Die Unternehmenssprecherin sagt, dass die Bestellungen für Montageanlagen seit Frühjahr eingehen. Und weil das viele sind, soll im Werk fortan das Gegenteil von dem passieren, was bislang geschah: Die Führungskräfte wollen Arbeitsplätze schaffen statt abbauen. Inzwischen werden Ingenieure und andere Fachkräfte gesucht. Im nächsten Jahr sollen noch Stellen für Auszubildende dazukommen.

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