Auch wenn Bremen demnächst Flüchtlinge aus der Ukraine erwartet, hält die Sozialbehörde an ihrem Zeitplan für den Umbau der Zentralen Erstaufnahmestelle in Vegesack fest. Dass dann ein Großteil der Notunterkünfte im früheren Verwaltungssitz der Vulkan-Werft nicht genutzt werden kann, hält das Ressort bisher für unproblematisch – immer vorausgesetzt, dass genügend andere Plätze für die Menschen aus dem Kriegsgebiet und anderen Krisenregionen gefunden werden können. Und endlich die Mobilbauten kommen, die vor Monaten geordert wurden.
Dass die Arbeiten in der Einrichtung nicht verschoben werden müssen, haben Behördenmitarbeiter schon einmal gedacht – um sie später dann doch zu verschieben. Das war im November. Damals kamen so viele Menschen aus Krisenregionen nach Bremen, dass der Gebäudeflügel der Anlaufstelle, der Baustelle werden soll, für die Handwerker vorerst nicht geräumt werden konnte. Nach Angaben des Ressorts hatte sich die Zahl der Menschen, die in Bremen aufgenommen wurden, innerhalb weniger Monate fast vervierfacht: von 226 im Juni auf 826 im September.
Ursprünglich sollte der Umbau der Unterkünfte im vergangenen Oktober beginnen, jetzt geht es Mitte des Jahres los. Wenn denn die Behörde genügend Kapazitäten für Flüchtlinge aus der Ukraine und anderen Krisengebieten schaffen kann. Und die Mobilbauten, die kompensieren sollen, dass durch die Arbeiten in der Anlaufstelle mehrere Etagen mit Betten wegfallen, bis dahin tatsächlich stehen. Wenn nicht, wird es nach der ersten Verzögerung eine zweite geben. Nach den Worten von Bernd Schneider, Sprecher von Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne), haben Plätze für Menschen aus Krisenregionen immer Priorität.
Das Ressort geht momentan davon aus, dass 380.000 Flüchtlinge aus der Ukraine nach Deutschland kommen – und 3800 nach Bremen. So sieht es die Ein-Prozent-Quote des Königsteiner Schlüssels vor. Laut Schneider gibt es seit Tagen kaum etwas Dringlicheres für die Behörde, als neue Unterkünfte zu finden, weil die alten kaum noch Reserven haben. Nach Rechnung der Ressortspitze sind von den 5400 Plätzen in den Einrichtungen des Landes mittlerweile zwischen 90 und 95 Prozent belegt. Die Behörde ist deshalb auf der Suche nach Wohnungen und Gewerbeimmobilien, die sich umbauen lassen.
Das hat auch damit zu tun, dass die Anlaufstelle in Vegesack, die bremenweit die größte Einrichtung für Flüchtlinge ist, quasi kleiner geworden ist. Anfänglich war die frühere Werftzentrale für bis zu 750 Menschen umgebaut worden. Doch das war vor Corona. Und vor den Protesten von Bewohnern, Politikern und Initiativen. Sie verlangten, dass in der Einrichtung künftig weniger Menschen unterkommen als bisher: höchstens 650. Wegen der Pandemie und der Ansteckungsgefahr wurde diese Zahl noch einmal mehr als halbiert. Zuletzt kam die Erstaufnahmestelle auf rund 250 Flüchtlinge.
Der Umbau ist ebenfalls eine Forderung der Kritiker. Immer wieder war beklagt worden, dass die Wände der Notunterkünfte nicht bis zu Decke reichen und deshalb Ruhe und Privatsphäre kaum möglich sind. Sieben Monate soll es dauern, um die Behelfsräume zu regulären Räumen zu machen. Mit einem anderen Teil der Sanierung sind die Handwerker dagegen inzwischen fertig. Weil sie wegen der hohen Auslastung der Einrichtung drinnen nicht anfangen konnten, haben sie bisher draußen auf Gerüsten gearbeitet – und vorgezogen, was eigentlich als Letztes vorgesehen war: der Austausch von 600 Fenstern.
Die Kosten für den Umbau trägt die Bührmann-Gruppe, der das Gebäude gehört. Um das Projekt zu refinanzieren, hat die Stadt die Laufzeit für die Aufnahmestelle verlängert. Der Mietvertrag für den früheren Werftkomplex lief anfänglich bis 2026. Nun soll frühestens zehn Jahre später Schluss sein. 3,8 Millionen Euro sind für die Arbeiten auf den Etagen veranschlagt. Dazu kommen jetzt noch einmal 79.000 Euro im Monat für die Mobilbauten. Zwei Jahre werden sie voraussichtlich neben der Landeseinrichtung stehen bleiben. Macht zusammengerechnet einen Mietbetrag von rund 1,9 Millionen Euro.