Aktuell stimmen sich die Mitglieder des Beirats Burglesum schriftlich über einen Beschluss zum geplanten Bauvorhaben am Lesumer Marktplatz ab. Bis zum 7. Juli läuft das sogenannte Umlaufverfahren. Dass nicht alle Kommunalpolitiker mit dem geplanten Gebäude An der Lesumer Kirche 6 einverstanden sind, zeigte sich bereits in der jüngsten Beiratssitzung. Dort stellten Investor Bekim Dervishaj und Architekt Philipp Romeiser das Bauvorhaben vor. Inzwischen äußerten der Nordbremer Kreisverband der FDP und das parteilose Beiratsmitglied Oliver Meier ihre Kritik in Pressemitteilungen. Ob ihre Einwände erfolgreich sein werden, ist fraglich, denn es gibt auch Ortspolitiker, denen der Entwurf für den Neubau gefällt. Dazu kommt: Der Beirat entscheidet nicht über den Bauantrag. Er wird lediglich beteiligt und kann eine Stellungnahme abgeben.
Der Bauherr plant im Erdgeschoss des neuen Hauses ein Café. Darüber sollen fünf Mietwohnungen mit einer Größe von 50 bis 60 Quadratmetern entstehen. Der FDP Kreisverband Bremen-Nord begrüßt grundsätzlich die Initiative des Investors, den Lesumer Marktplatz zu modernisieren und aufzuwerten. Allerdings haben die Freidemokraten Bedenken hinsichtlich der architektonischen Gestaltung.
Agnes Müller-Lang, Ortsverbandsvorsitzende der FDP Burglesum, ist der Meinung: "Das geplante Gebäude passt nicht zum charakteristischen Bild des Lesumer Marktplatzes und steht im Widerspruch zur geltenden Erhaltungssatzung, die den Schutz des historischen Erscheinungsbildes zum Ziel hat." Aus Sicht der FDP ist das Bauamt bei der Genehmigung des Entwurfs mit Flachdach zu nachlässig vorgegangen. "Ein solcher Bau könnte der Attraktivität des Lesumer Marktplatzes erheblich schaden.“
Der FDP Kreisverband fordert, dass bei der weiteren Planung und Umsetzung des Projekts stärker auf die ortstypische Bauweise und geltende Erhaltungssatzung geachtet wird. "Nur so kann eine nachhaltige Lösung gefunden werden, die den Charme des Lesumer Marktplatzes bewahrt und gleichzeitig den Anforderungen an moderne Wohn- und Nutzungskonzepte gerecht wird", meint Müller-Lang.
Auch Beiratsmitglied Oliver Meier meint, dass die Erhaltungssatzung bei dem Entwurf für das Bauprojekt bislang nicht ausreichend Berücksichtigung gefunden hat. Das sollte der Beirat dem Bauamt seiner Meinung nach in seinem Beschluss darlegen. "Der Bauherr ist mit dem Architekten der Meinung, dass bezüglich der benachbarten Fassaden-Charakteristika dies bereits hinreichend geschehen sei. Das Bauamt spricht von ,mutiger Neuinterpretation'". Diese Sicht stellt Meier infrage und verweist auch auf die gewählte Dachform.
Der Lokalpolitiker hat eine Fotomontage erstellt, die das geplante Haus aus einer anderen Perspektive, nämlich schräg von der Seite, zeigt. "Wenn man sich vor Ort die Höhe und Umrissmaße des Bauvorhabens visualisiert, dann wird die Wucht der geplanten Fassade deutlich." Besonders "merkwürdig" wirke die Architektur von der Hindenburgstraße aus. Er sieht den Neubau gar in Konkurrenz zum Lesumer Kirchturm.
Kritik äußert er auch daran, dass die Fassade des Neubaus – wie jetzt beim Bestandsgebäude – weiter vorstehen soll, als die der Nachbarhäuser. Seiner Ansicht nach müsste "eine solch dominante Fassadenausführung an einem zentralen Marktplatz in der Baulinie eher zurückspringen – wie bei einem Gruppenfoto, wo die Großen sich ja auch nicht nach vorne drängen."
Meier wünscht sich einen alternativen Entwurf mit einer vom Marktplatz aus sichtbaren Dachfläche. "Mehrheitsfähig dürfte aus meiner Sicht ein Pultdach inklusive mittiger Dachgaube sein, die die zwei bis drei tiefgezogenen obersten Fensterelemente zur Mitte hin zusammenzieht und beidseitig ein traufenständiges Pultdach aufweist." Er glaubt, dass der "überschaubare Verlust an vollwertiger Geschossfläche" auch für den Bauherrn verhältnismäßig sein könnte, wenn das Projekt dafür im Ortsteil eine höhere Akzeptanz bekommt.
Das Bauamt wird das Votum des Burglesumer Beirats in seine Entscheidung mit einbeziehen. Meier hofft: "Vielleicht äußert sich zuvor der Landesdenkmalschutz noch öffentlich zu der Berücksichtigung der Erhaltungssatzung des Lesumer Kernbereichs." Bei der Präsentation des Entwurfs in der Beiratssitzung hatte Bauamtschef René Kotte darauf hingewiesen, dass der Neubau nach Ansicht des Denkmalamtes keine Konkurrenz für die beiden Denkmale vor Ort ist: die Kirche und das Haus An der Lesumer Kirche 1. Oliver Meier betont: "Eines sollte wirklich bedacht werden: Solch ein Lückenschluss steht mindestens die nächsten 100 Jahre." Zudem werde das Haus Einfluss auf nachfolgende Bauvorhaben haben.