Der Hochwasserschutz an der Ihle hat für den Deichverband am rechten Weserufer ab sofort obere Priorität. Er hat diverse Veränderungen und Arbeiten an Durchlässen in Angriff genommen, die verhindern sollen, dass die Ihle sich aufstaut. Zwei neue Pegelanlagen kontrollieren künftig Rechen und Wasserstand. Und das Ressort für Klimaschutz und Umwelt arbeitet daran, die Anwohner über die Überschwemmungsgefahr informieren und im Falle eines Hochwassers möglichst frühzeitig warnen zu können. Das erfuhren Anwohner und Kommunalpolitiker in der jüngsten Sitzung des Beirats Burglesum.
Hintergrund dieser Sofortmaßnahmen ist, dass der Bau eines Rückhaltebeckens am Sportplatz im Ihletal als Hochwasserschutz erst 2027 beginnen wird. Das hatten Anwohner und Kommunalpolitiker im Herbst vergangenen Jahres erfahren und daraufhin gefordert, auch für die Übergangszeit für Schutz vor Überschwemmungen zu sorgen. Die Anlieger treibt die Sorge, dass ihre Häuser bei einem Hochwasser unter Wasser stehen könnten, nicht erst seit Kurzem um.
Schon als vor mehr als zehn Jahren mit dem Bau des Wohngebiets Ihlepark begonnen wurde, hatten sie immer wieder darauf hingewiesen, dass durch die Ihle eine erhebliche Hochwassergefahr besteht. Und dass sich das Risiko durch die Bebauung des Heidbergbad-Areals noch erhöht, weil Rückhalteflächen verloren gehen. Die Anwohner schlossen sich damals zur Interessengemeinschaft Hochwasserschutz Ihle zusammen. Die Behörde verließ sich jedoch auf ein externes Gutachten, das sich später als fehlerhaft herausstellte. Sie musste dann einräumen, dass durchaus ein erhebliches Überschwemmungsrisiko besteht.
Ihletal wird Überschwemmungsgebiet
Jetzt wird das Ihletal offiziell als Überschwemmungsgebiet ausgewiesen. Das kündigte Imke Rolker, Vertreterin der Senatorin für Klimaschutz und Umwelt, ebenfalls in der Beiratssitzung an. Für Anwohner bedeutet das, dass sie künftig bestimmte Vorschriften einhalten müssen, beispielsweise beim Bau neuer Häuser. "Das bedeutet nicht, dass sich in dem Gebiet etwas ändert und dass dort extra Wasser hingeleitet wird", betonte Rolker. "Es beschreibt lediglich den Ist-Zustand." Die Behörde sei nach dem Wasserhaushaltsgesetz rechtlich verpflichtet, Überschwemmungsgebiete auszuweisen.
Der Hochwasserschutz an der Ihle habe für die Behörde hohe Priorität, sagte Rolker. Deshalb werde versucht, die Planung des Rückhaltebeckens zügig voranzutreiben. Sie erläuterte, warum die bisherigen Arbeitsschritte sich so lange verzögert haben. Es handele sich um ein hoch kompliziertes Projekt, bei dem verschiedene Interessen – die des Hochwasserschutzes, des Naturschutzes, des Sports sowie Bestimmungen der Wasserrahmenrichtlinie – in Einklang gebracht werden müssen.
Verzögerungen entstanden ihren Worten nach unter anderem, weil neue Daten zur Einzugsgebietsgröße der Ihle, zum Versiegelungsgrad sowie Höhendaten vorlagen. Die machten eine neue hydraulische Berechnung möglich und erforderlich. Hinzu kamen nicht geplante Zwischenschritte wie eine Baugrunduntersuchung samt Gutachten. Schließlich wurde ein anderes Ingenieurbüro beauftragt. Rolker: "Die Ergebnisse der hydraulischen Berechnungen fließen aktuell in die Überarbeitung der Planungen ein." Das Ergebnis werde dem Beirat im Sommer vorgestellt.
Um kurzfristig für Hochwasserschutz zu sorgen, zog die Behörde verschiedene Maßnahmen, die "ohne lange Genehmigungsverfahren schnell umsetzbar sind" in Betracht. Einige Ideen mussten verworfen werden. So käme beispielsweise eine Verwallung der Ihle durch sogenannte Big Bags in Höhe des Wohngebiets Ihlepark nicht infrage, weil das zu einem höheren Hochwasserstand am Klostermühlenweg führen würde, erläuterte Rolker.
Bei einer gemeinsamen Begehung mit Vertretern des Deichverbands wurde nach anderen Möglichkeiten gesucht. Das Ergebnis: Der Deichverband wird im Bereich des Grundstücks Klostermühlenweg 15 drei Rohrdurchlässe und eine Überbauung entfernen. Dadurch soll die Gefahr reduziert werden, dass sich die Ihle durch verstopfte Durchlässe aufstaut.
Des Weiteren werden mehrere Rechen an Durchlässen verändert und in kurzen Abständen auf etwaige Hindernisse wie Äste kontrolliert. Mit zwei neuen Pegelanlagen, die mit Infrarotkameras und Wasserstandssensoren ausgerüstet sind, kontrolliert der Deichverband zudem die Rechen an der Straße Am Heidbergbad.
Information der Anwohner per Flyer
Die Behörde erstellt indes einen Flyer, um alle potenziell betroffenen Anwohner auf die Hochwassergefahr hinzuweisen. Das Flugblatt, das per Post verteilt wird, soll auch Informationen zu Warnsystemen wie die Wetter-App des Deutschen Wetterdienstes enthalten. Außerdem bekommen die Anwohner eine Karte, auf der die Überflutungsgefahr für jedes einzelne Gebäude dargestellt wird. Es gehe dabei nicht um mehrere Meter hohe Wasserstände, betonte Rolker, sondern um einige Dezimeter.
Entscheidend sei, die Möglichkeiten der Vorhersage von Hochwasser zu verbessern. Deshalb werde an der Einrichtung einer Starkregen-Vorhersage gearbeitet, die auch eine automatische Benachrichtigung der Bürger beinhaltet. "Wir sind mit der Feuerwehr, der Polizei und dem Senator für Inneres im Austausch." Auch dabei geht es um die frühzeitige Warnung der Anwohner.