Für Jessika Norden war die Entscheidung, sich zur Kinderhospiz-Mitarbeiterin ausbilden zu lassen, genau richtig. An den Lehrgang erinnert sich die 55-Jährige gerne. "Der war großartig. Es war eine der besten Wochen meines Lebens. Ich habe viel über mich, das Leben und den Tod gelernt. Und was man vielleicht nicht glauben mag: Wir hatten in dem Kurs sehr viel Spaß." Seit 2016 arbeitet die Nordbremerin ehrenamtlich für den ambulanten Kinderhospizdienst Jona. Die Erfahrungen, die sie in den vergangenen Jahren bei der Begleitung schwerkranker Kinder, deren Geschwistern und Eltern gemacht hat, empfindet sie als bereichernd. Sie versichert: "Man bekommt unglaublich viel zurück."
Die Bildungszeit, die die Stiftung Friedehorst in Kooperation mit dem Evangelischen Bildungswerk Bremen seit Jahren regelmäßig anbietet, heißt "Kinder in Zeiten schwerer Erkrankung begleiten". Jessika Norden ist Referentin der Geschäftsführung der Friedehorst-Gesellschaft "Friedehorst Teilhabe Leben" und unter anderem für die Koordination der Ehrenamtlichen zuständig. "Dadurch bin ich damals auf die Bildungszeit aufmerksam geworden. Mich hat das einfach sehr interessiert."
Die Teilnahme verpflichtet nicht, sich anschließend auch tatsächlich ehrenamtlich zu engagieren. Für Jessika Norden war jedoch schnell klar, dass sie als Kinderhospiz-Mitarbeiterin arbeiten möchte. Schon kurz nach Abschluss des Ausbildungskurses übernahm sie die Begleitung eines damals elfjährigen Jungen. "Er war an Leukämie erkrankt. Ich habe ihn einmal in der Woche für zwei Stunden besucht", erzählt sie. Lächelnd fügt sie hinzu: "Er hat die Krankheit gut überstanden."
Eltern entlasten
Ziel der Einsätze in den Familien ist unter anderem, die Eltern zu entlasten. Für Mutter und Vater ist es jedoch häufig nicht einfach, loszulassen, weiß Norden, die selbst Mutter eines Sohnes ist. "Besonders am Anfang ist es schwer für die Eltern, ihr krankes Kind in die Obhut eines anderen Menschen zu geben. Dazu gehört viel Vertrauen." Deshalb verbrachten Jessika Norden, der Elfjährige und seine Mutter die erste Zeit zu dritt. Später nutzte die Mutter die Stunden, um Einkaufen oder zum Sport zu gehen. "Wir haben in der Zwischenzeit viel gespielt und gebastelt. Rausgehen konnten wir nicht, weil sein Immunsystem sehr schwach war."
Kontakt hat sie zu dem Jungen und seiner Familie heute nicht mehr. "Ich verkörpere für die Familie eine bestimmte Zeit, die jetzt abgeschlossen ist", erläutert sie. Anders ist das bei einem heute 14-Jährigen, den Jessika Norden drei Jahre lang begleitet hat. "Wir schreiben uns heute noch manchmal Whatsapp." Ihm, aber auch seiner Familie hat die Nordbremerin zur Seite gestanden, als sein jüngerer Bruder an Krebs erkrankte und daran auch starb. Sie hat mit dem Jungen gespielt, Ausflüge und Hausaufgaben gemacht. Später besuchte sie mit ihm das Grab seines Bruders.
Obwohl die Zeit oft traurig war, möchte Jessika Norden sie nicht missen. "Es war schön, so in die Familie aufgenommen zu werden, und es hat mich zutiefst beeindruckt, was der kleine Junge, der schließlich gestorben ist, geleistet hat. Die Erinnerungen, die ich an ihn habe, sind etwas ganz Besonderes."
Sympathie und Vertrauen sind wichtig
Derzeit begleitet die Nordbremerin eine schwerkranke 21-Jährige. Einmal pro Woche besucht sie die junge Frau und verbringt etwa drei Stunden mit ihr. "Ich versuche, ihr Normalität zu geben. Wir machen ganz banale Dinge. Wir unterhalten uns, lesen und lackieren auch mal die Fingernägel." Wie lange sie an der Seite der jungen Frau sein wird, weiß sie nicht. Die Begleitungen sind nicht zeitlich begrenzt, da im Vorfeld nicht absehbar ist, wie eine Krankheit verläuft.
Wichtig ist bei allen Einsätzen, dass die Chemie zwischen Helfer und Familie passt. Jessika Norden hatte bisher Glück. Die Sympathie zwischen ihr und den Familien stimmte jedes Mal von Anfang an. Allerdings gibt es auch Fälle, in denen eine Seite ablehnt, weiß sie. "Obwohl die Koordinatorinnen sehr geübt darin sind, die passenden Menschen auszuwählen." Dabei achten sie auch darauf, dass die Wege für die Ehrenamtlichen nicht zu weit sind.
Jessica Norden arbeitet gerne für den Kinderhospizdienst. Die Aufgabe habe ihr eine andere Sichtweise auf sich selbst gegeben. "Eigene kleine Probleme rücken in den Hintergrund und ich bekomme einen Motivationsschub." Angst müsse vor der Arbeit jedenfalls niemand haben. "Viele Menschen haben völlig falsche Vorstellungen davon, was man im Kinderhospizdienst macht." Traurige Momente gehörten zwar dazu, aber auch jede Menge Spaß, "und Freude über die Dankbarkeit, die einem entgegengebracht wird".