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Bremen-Nord Hunderte Pfleger beginnen Ausbildung: Ende des Notstands in Sicht?

140 Auszubildende hat der Bremer Klinikverbund Geno gerade in der Pflege begrüßt. Weitere 160 folgen im November. Immer noch zu wenig, sagt Daniela Wendorff, Leiterin der Bildungsakademie des Verbunds. Warum?
20.09.2022, 18:00 Uhr
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Hunderte Pfleger beginnen Ausbildung: Ende des Notstands in Sicht?
Von Patricia Brandt
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Die Pflege steckt in der Krise. Tausende Fachkräfte fehlen, weil Pfleger aussteigen oder überlastet sind. In den sozialen Medien vermittelt die Branche ein anderes Bild. Der Klinikverbund Gesundheit Nord (Geno) zum Beispiel wirbt mit einem eigenen Instagram-Account für die Ausbildung. Im November wird der Klinikverbund 160 neue angehende Pfleger begrüßen, 140 weitere Azubis sind gerade eingestellt worden. Auch bei der Stiftung Friedehorst in Lesum und beim Sozialwerk der Freien Christengemeinde in Grambke starten ab Oktober neue Jahrgänge. Zeichnet sich eine Trendumkehr beim Pflegenotstand ab?

Wie viele Pfleger werden in Bremen ausgebildet?

„Im Oktober starten noch Ausbildungskurse, rund 200. Wir schätzen, dass es dann aktuell in Bremen rund 1.650 Auszubildende zum Pflegefachmann oder Pflegefachfrau geben wird“, rechnet Lukas Fuhrmann, Sprecher der Gesundheitsbehörde, hoch. Hinzu kämen noch bis zu 200 Auszubildende aus „alten“ Ausbildungsgängen wie der Gesundheits- und Kinderkrankenpflege und Altenpflege, die aktuell auslaufen.

Wird der Pflegeberuf verstärkt nachgefragt?

Laut Gesundheitsressort sind die Ausbildungszahlen von 2019 auf 2020 um 14 Prozent gestiegen, von 2020 auf 2021 nochmal um zwei Prozent. Sprecher Lukas Fuhrmann: „Das ist im Bundesländervergleich sehr gut.“ Die höhere Nachfrage bestätigt auch Gabriele Nottelmann, Sprecherin der Stiftung Friedehorst in Lesum: „Wir sehen in der Tat einen langsamen, aber stetigen Aufwärtstrend in der Ausbildung. Zurzeit haben wir über alle Jahrgänge 150 Schüler am Kolleg in der Pflegeausbildung, Tendenz steigend.“ Auch die Zahl der Ausbildungsplätze beim Sozialwerk der Freien Christengemeinde Bremen, das etwa in Grambke mit einer Heimstätte vertreten ist, sei gestiegen, aktuell auf 18 Ausbildungsplätze für die generalistische Pflegeausbildung, so Sprecherin Dorothea Salzmann-Schimkus. „Durch den Fachkräftemangel setzen auch wir viel Hoffnung in die Ausbildung von Nachwuchskräften. Zwar können wir nicht alle Ausbildungsplätze besetzen, jedoch bewerben sich viele sehr junge Leute auf die Plätze.“

Wer will heute Pfleger werden?

Es falle in der Stiftung Friedehorst auf, dass immer mehr männliche und vor allem auch jüngere Menschen in den Klassen sitzen, so Gabriele Nottelmann. „Waren es vor zehn Jahren noch einige wenige junge Schüler Anfang 20, haben wir jetzt sehr viele, die direkt nach der Schule zu uns kommen. Auch mehren sich Bewerbungen aus dem Ausland, die dann direkt zum Ausbildungsstart kommen.“

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Ist ein Ende des Pflegenotstands in Sicht?

„Auf keinen Fall ist der Notstand überwunden“, betont der Vorstandssprecher der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege Bremen (LAG), Martin Böckmann. „Es gibt mehr Pflege-Ausbildungsplätze als früher, aber die Abbrecher-Quote ist sehr hoch. Wenn viele junge Menschen die Ausbildung zum Pfleger beginnen, heißt das nicht, dass die nachher dem Arbeitsmarkt 1:1 zur Verfügung stehen.“ Zudem sei zeitgleich ein Zuwachs an stationären Plätzen und eine Zunahme ausscheidender Mitarbeiter insbesondere durch starke Belastung unter Coronabedingungen zu verzeichnen. Martin Böckmann: „Der Notstand wird uns noch viele Jahre begleiten.“  

Auch die Gesundheitsbehörde stellt keine Trendumkehr fest. Im Gegenteil, es gebe insgesamt weniger junge Menschen in Deutschland, die sich überhaupt für eine Ausbildung interessieren. Die Gesundheitsbehörde verweist hierbei auf Zahlen der Agentur für Arbeit. 2021 haben sich demnach 434.000 Menschen auf eine Ausbildung beworben, 39.000 weniger als noch in 2020. Ressortsprecher Lukas Fuhrmann: „Das betrifft also bundesweit alle Berufe und nicht nur die Pflege.“

Wie kann der Notstand überwunden werden?

 „Wir müssen noch mehr Auszubildende einstellen“, fordert Daniela Wendorff, Leiterin der Bildungsakademie des Klinikverbunds Gesundheit Nord (Geno). „Wir haben Aufholbedarf.“ Die Coronapandemie habe Pflegekräfte in der Ausbildung gekostet: Einige seien beim Lernen im Distanzunterricht nicht mitgekommen: „Die haben wir verloren.“ Daniela Wendorff hat sich bereits ans Bremer Gesundheitsressort gewandt. Ihre Forderung: Die Zahl der Ausbildungsplätze der Geno in der Pflege auf 500 aufstocken und in der Krankenhilfe auf 50 Plätze. Zurzeit bildet die Geno 450 Pfleger in drei Jahrgängen aus.

Welche Vorteile bietet der Pflegeberuf?

Friedehorst setzt nach eigenen Angaben auf attraktive Arbeitsbedingungen: „Neben vielem anderen bieten wir den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bremenweit die besten Gehälter. Nur als Beispiel: Eine ausgebildete Fachkraft bekommt direkt als Einstiegsgehalt nach der Ausbildung 3700 Euro brutto bei uns, inklusive der Tariferhöhung, die ab 1.Januar 2023 gilt“, berichtet Gabriele Nottelmann von der Stiftung. Zudem gebe es zahlreiche Benefits wie Firmenfitness, keine geteilten Dienste, eine Fünf-Tage-Woche und nicht zuletzt Feiertagszuschläge von 50 Prozent. „Der Pflegeberuf ist deutlich attraktiver geworden“, urteilt auch Dorothea Salzmann-Schimkus vom Sozialwerk der Freien Christengemeinde Bremen. „Rund 1200 Euro brutto verdient ein Azubi von Beginn an.“ Zudem vereine die jetzt generalistische Ausbildung drei Berufsbilder in einer: Ein Azubi wird in der Krankenpflege, der Altenpflege und der Kinderkrankenpflege ausgebildet. Ausgebildeten Pflegefachkräfte hätten viele Entwicklungsmöglichkeiten, etwa zur Heimleitung.

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