Mit dem Generalplan Küstenschutz reagieren die Bundesländer Niedersachsen und Bremen auf den Klimawandel. Auch in Bremen-Nord werden seit 2009 zwischen dem Werderland und bis zur Grenze zu Niedersachsen Deiche, Spundwände, Mauern und andere Schutzanlagen verbessert und erhöht, um sie für höhere Sturmfluten in den nächsten Jahrzehnten zu wappnen. Bevor die Sturmflutsaison einsetzt, hält der Bremische Deichverband am rechten Weserufer regelmäßig seine Deichschau ab. Dabei werden die Hochwasserschutzanlagen über rund 14 Kilometer vom Lesumsperrwerk bis zur niedersächsischen Landesgrenze in Rekum inspiziert.
Westlich des Lesumsperrwerks geht ein Erddeich in Spundwände über. „Beide Hochwasserschutzanlagen sollen um etwa einen Meter erhöht werden“, kündigte Rolf Dülge, technischer Leiter beim Bremischen Deichverband am rechten Weserufer, bei der Deichschau an. Die Maßnahme sei derzeit allerdings noch in der Planung. "Der Bauentwurf ist fertig, mit der Genehmigung wird im Jahre 2025 gerechnet, sodass wahrscheinlich 2027 mit den Baumaßnahmen begonnen werden kann.“
Konflikte mit Anwohnern
Wilfried Döscher, der seit April neuer Deichhauptmann beim Bremischen Deichverband am rechten Weserufer ist und damit Michael Schirmer abgelöst hat, rechnet damit, dass es bei der Erhöhung der Spundwände im Bereich Grohn mit Anwohnern zu Konflikten kommen wird. Der Grund: Die Anlieger werden von ihren ufernahen Häusern aus keinen freien Blick mehr auf den Fluss haben. "Da sind Konflikte vorprogrammiert", so Döscher.
„Das Anliegen ist allen Anwohnern vorgestellt worden, und wir hoffen, dass wir zu einvernehmlichen Lösungen kommen. Doch der Schutz vor Überflutungen geht vor“, betonte der Deichhauptmann. Ein weiterer Konflikt ergebe sich, weil einige Deichscharte in Grohn geschlossen werden sollen. Nach Angaben von Rolf Dülge stellen sie eine Beeinträchtigung der Deichsicherheit dar. Diese Maßnahme sei bei einigen Eigentümern, die nah am Ufer wohnen, ebenfalls nicht beliebt.
Zwölf Millionen Euro für 1300 Meter
Der Aufwand, die Spundwände zu erhöhen, werde jedenfalls immens sein, sagte Dülge, denn nicht in allen Abschnitten könnten die Maßnahmen von der Landseite aus durchgeführt werden. In manchen Bereichen müsse mit Pontons vom Wasser aus gearbeitet werden, die nur von bestimmten Firmen geliefert werden. So schätzt Rolf Dülge die Kosten für die geplanten Erhöhungen allein für den Bereich Grohn auf zwölf Millionen Euro – auf einer Strecke von rund 1300 Metern. „Allerdings werden die Kosten bis zum Baubeginn voraussichtlich noch weiter steigen“, sagte der technische Leiter.
Doch allein mit den Erhöhungen der Hochwasserschutzanlagen ist es nicht getan: „Wo der Vegesacker Ruderverein seinen Sitz hat, muss wohl ein Balkon abgerissen werden. Das Gebäude kann jedoch stehen bleiben“, erläuterte der Deichverbandsmitarbeiter. Noch weiter weserabwärts, in Vegesack und auf dem ehemaligen Gelände der Bremer Woll-Kämmerei in Blumenthal, wird sich durch die Hochwasserschutzanlagen auch das Stadtbild verändern.
Neue Planung für das Hafen-Quartier
Zum Beispiel am Vegesacker Museumshafen: Dort ist über der Sitzstufenanlage mit der Skulpturengruppe von Thomas Recker eine Spundwand geplant. Auch die Wand an der Senioren-Wohnanlage „Haus Vier Deichgrafen“ müsse aufgestockt werden, da die Höhe derzeit nicht den Vorgaben des Generalplans Küstenschutz entspricht, so Rolf Dülge. Und für das neue Quartier am Hafen, von dem bisher nur eine riesige Baustelle zu sehen ist, werde ganz neu geplant. Der Bauentwurf wird laut Dülge derzeit geprüft. Danach folge das Planfeststellungsverfahren.
Baumaßnahmen sind ebenfalls im Bereich zwischen dem Einkaufszentrum und der Hafenseite mit Fähranleger und Hafenkopf notwendig: Dort soll auf einer Länge von 1,2 Kilometern ebenfalls die Hochwasserschutzlinie erhöht werden. Dazu müssen vorhandene Spundwände und Mauern um etwa einen halben Meter aufgestockt, teilweise auch Anlagen neu gebaut und Tore ersetzt werden.
Einige Baumaßnahmen im Rahmen des Generalplans Küstenschutz konnten bereits abgeschlossen werden, wie im Bereich Rekum und Farge, während dem Deichverband in Grohn und Vegesack noch viel Arbeit bevorsteht. „Doch leider vollzieht sich der Klimawandel schneller als erwartet, und damit erhöht sich auch die Gefahr stärkerer Sturmfluten. Außerdem könnte der Meeresspiegel noch weiter steigen“, sagte Wilfried Döscher. „Deshalb sind die nächsten Erhöhungen der Hochwasserschutzanlagen bereits in der Planung. Wenn wir fertig sind, können wir wohl gleich wieder von Neuem anfangen.“