Alles begann an der Jacobs University mit einer Spendenaktion für Geflüchtete aus der Ukraine. Kurz darauf gründete sich eine Gruppe aus Studierenden und Mitarbeitenden, die sich um die Menschen kümmern. Einige von ihnen leben seither auf dem Campus. Doch voraussichtlich ab Mitte August braucht die Universität den Platz wieder selbst.
Rund 120 Menschen aus der Ukraine leben zurzeit in einem Gebäudeflügel, in dem eigentlich Gäste aus dem Ausland wohnen sollten. Doch pandemiebedingt blieben die zu Hause. Deshalb hat die Universität die Räume mietfrei an die Stadt übergeben. Betreut wird die Notunterkunft von der Arbeiterwohlfahrt (Awo). Weitere Unterstützung bekommen die Geflüchteten von Mitarbeitenden und Studierenden der Jacobs University.
"Wir haben kürzlich einen Grillnachmittag für die Familien organisiert", erzählt Studentin Tamar Latsabidze. "Das Angebot richtete sich insbesondere an Kinder, damit die Mütter die Gelegenheit bekommen, sich einmal auszuruhen." Die Kosten für den Nachmittag hat Campus Life, eine Abteilung der Jacobs University, übernommen. "Neben Speis und Trank haben wir auch verschiedene Aktivitäten für die Kinder organisiert", sagt Kopo Keaikitse, die ebenfalls an der Jacobs University studiert. "Eine Wohngruppe hat uns zum Beispiel einen Pool gespendet, den wir aufbauen konnten."
Um den Kindern darüber hinaus eine Freude zu machen, haben sich die Studentinnen dazu entschiedenen, ein kleines Geschenk zu organisieren. "Die Kinder haben bereits verschiedene Dinge. Aus diesem Grund wollten wir ein Geschenk mit Symbolcharakter überreichen", erzählt Tamar Latsabidze. Nach einer ausführlichen Diskussion fiel die Entscheidung, für jedes Kind ein Buch der Bremer Stadtmusikanten in ukrainischer und englischer Sprache zu besorgen. "Damit wollten wir die Familien auch in Bremen willkommen heißen", sagt sie.
Außerdem organisiert die private Hochschule Sprachkurse für die Menschen. "Die Deutschkurse werden von Dozenten, die normalerweise Studierende unterrichten, angeboten und von der Universität finanziert", ergänzt Kateryna Lagunova, die aus Kiew kommt. Neben ihr studieren zurzeit etwa 20 weitere Ukrainer und genauso viele Russen an der Jacobs University. Sie fungieren zum Beispiel als Dolmetscher und begleiten Geflüchtete etwa zu Terminen bei Behörden.
Während die Universität diese und andere Angebote auch in Zukunft aufrechterhalten will, wird die Notunterkunft auf dem Campus voraussichtlich in diesem Sommer wieder geschlossen. "Die Universität wird die Räume wahrscheinlich für neue Studierende brauchen, die ab der zweiten Augusthälfte zu uns kommen", sagt Predrag Tapavicki. Der Universitätsmitarbeiter verantwortet sowohl die Alumni-Arbeit als auch den sogenannten Career-Service und kümmert sich damit um die Berufsberatung für Studierende. Zusätzlich zu seiner eigentlichen Tätigkeit koordiniert er nun auch die Betreuung der Geflüchteten.
Aktuell läuft der Mietvertrag zwischen der Jacobs University und der Stadt bis zum 10. August. "Die Awo schaut gerade, dass sie für die Menschen Wohnungen außerhalb des Campus findet", sagt er. Das war von Anfang an das Ziel. Schließlich ist die Einrichtung auf dem Campus eine Notunterkunft, die den Menschen nur temporär eine Bleibe bieten soll.
Zusätzlich kümmert sich die Jacobs University um die akademische Ausbildung von jungen Ukrainern. So hat die Einrichtung einigen Studierenden etwa die Studiengebühren für das sogenannte Propädeutikum, einem einjährigen Vorstudium für Studierende aus dem Ausland, erlassen. "Wir schauen aber auch, ob wir Studierenden, die bereits ein Bachelor- oder Masterprogramm in der Ukraine absolvieren, einen Platz anbieten können", sagt Tapavicki. Gleiches gilt für Akademiker, die sich im Doktorat befinden.
Da die Jacobs University aber eine vergleichsweise kleine Universität ist, gibt es dort nicht für jeden den passenden Studiengang. Deshalb arbeitet die Nordbremer Einrichtung in diesem Bereich mit den anderen Hochschulen im Land Bremen zusammen. "Hat beispielsweise die Universität Bremen rein akademisch das bessere Angebot, können wir die Studierenden dorthin verweisen. Oder eben umgekehrt", sagt er. "Deshalb ist es wichtig, dass sich hier ein Netzwerk gegründet hat, in dem wir uns regelmäßig abstimmen." Läuft alles nach Plan, kann der Verbund schon zum kommenden Wintersemester allen Geflüchteten, die in Bremen studieren wollen, einen Studienplatz anbieten.
Ein weiteres Programm richtet sich an Wissenschaftler aus der Ukraine. "Unsere Professorenschaft hat sich darum bemüht, Stipendien für die Menschen zu organisieren", sagt Predrag Tapavicki. Einige Wissenschaftler sind so bereits nach Grohn gekommen und führen ihre Forschung nun dort fort.