Es gibt viele Programmmacher, aber keiner ist so wie Fritz Rapp. So sachlich und zugleich so herzlich. Findet Volker Keller. Der Vegesacker Pastor hat es selbst erlebt: Da kann es kurz vor einer Veranstaltung noch tausend Probleme geben – Rapp arbeitet sie alle mit einem Lächeln ab. Und hört sich dabei auch noch an, was der Nächste für Sorgen hat, der zu ihm kommt. Darum ist der Chefplaner des Festival Maritim nun Mitmensch des Jahres geworden. Keller hat ihn diese Woche ausgezeichnet.
Ursprünglich sollten nur Vegesacker den Titel bekommen. So hatte es der Theologe und Religionswissenschaftler mal für seine Reihe an Ehrungen gedacht. Doch bei Rapp machte er es so, wie schon zuvor bei Gerd-Rolf Rosenberger, der 2019 für sein soziales Engagement ausgezeichnet wurde – und Blumenthaler ist: Auch wer woanders wohnt, aber sich für Vegesack engagiert, bekommt den Titel. Und Rapp, 74, im Ostertorviertel zu Hause, hat nach Ansicht von Keller viel für den Stadtteil getan. 24-mal organisierte er das Festival Maritim, anfangs in zweier Reihe, später federführend.
Das hat ihn bekannt gemacht. Keller weiß das, weil er es getestet hat: Beim Silvestergottesdienst holte er Rapp nach vorne, ohne ihn vorzustellen. Die meisten Kirchgänger, sagt der Pastor, erkannten ihn auch so. Nach seiner Rechnung waren 250 Menschen in die Stadtkirche gekommen. Dass Rapp dort geehrt werden sollte, hat der Festivalmacher wenige Tage zuvor erfahren. Er sagt, sich über die Auszeichnung gefreut zu haben. Vor allem darüber, dass der Pastor den Erfolg der besucherträchtigsten Veranstaltung im Bremer Norden auch ihm zugeschrieben hat. Ihm und seinem Team.
Dass Rapp und seine Helfer für ihre Arbeit bezahlt werden, spielt nach Kellers Ansicht keine Rolle. Das, meint er, wurden auch andere, denen er den Titel verlieh. Zum Beispiel Marion Hanke und Petra Ansorge. Die beiden Pflegekräfte wurden 2022 für ihren Einsatz während der Corona-Pandemie auf der Intensivstation des Nordbremer Klinikums geehrt. Außerdem, weiß Keller, ging Rapps Engagement für das Festival weit über einen Acht-Stunden-Tag hinaus. Und geht es immer noch. Eigentlich ist diese Woche seine freie Woche. Doch E-Mails und SMS-Nachrichten von Bands beantwortet er trotzdem.

Viele Menschen, viel Musik: das Festival Maritim am Vegesacker Weserufer.
An diesem Vormittag hat er welche von den Jolly Jackers bekommen – einer ungarischen Gruppe, die ihm ein frohes neues Jahr wünscht. Und wissen will, ob er sie im August wieder braucht. Rapp sagt, dass das nicht immer so war. Dass er früher die Bands anschreiben und fragen musste, ob sie für einen Auftritt nach Vegesack kommen würden. Bis das Sea-Music-Festival immer größer wurde und irgendwann zum größten in Deutschland. So steht es zumindest auf der Internetseite, die für die dreitätige Großveranstaltung am Weserufer wirbt. Und auch, dass in den Vorjahren fast 80.000 Besucher da waren.
Rapp kennt inzwischen viele Bands – und viele Bands kennen ihn. Er bestimmt, wer kommt und wem abgesagt wird. Wer neu ist, hat ihm früher Demo-CDs geschickt, jetzt bekommt er Demo-Downloads. Und wird von anderen Festivalmachern eingeladen, sich diese oder jene Gruppe einmal anzuhören. Zuletzt war er deshalb in Cornwall. Kontakte hat er mittlerweile weltweit. Die Gruppen, die in Vegesack auftreten, kommen unter anderem aus Argentinien, Australien, den USA. 30 sind es pro Festival. Macht nach seiner Kalkulation bis zu 350 unterschiedliche Bands, die bisher engagiert wurden.
Dabei hatte Rapp anfangs nie etwas mit Musikern oder Management zu tun. Er hat Jura studiert, war vorübergehend Anwalt. Genauso wie Fritz Rau, der nicht nur einen ähnlichen Namen hat, sondern auch wie er aus Pforzheim stammt. Rapp hat den Tourneeveranstalter, der mit Popgrößen wie David Bowie, Freddie Mercury und Frank Zappa arbeitete, einmal getroffen – und es später ähnlich gemacht wie der. Er betreute eine Band. Und noch später das Festival Maritim. Dazwischen war Rapp Innovationsberater, kam 1989 zum Vegesack Marketing und blieb in einer Doppelfunktion: als Tourismus- und Veranstaltungsmanager.
Beides ist er nur zeitweise. Je näher der Termin für das Festival am Weserufer heranrückt, desto mehr wird er zum Programmplaner. Und zum Vegesacker. Eine Woche bevor die Bands kommen, quartiert er sich in einem Hotel ein. Bis nachts, sagt er, wird dann gearbeitet. Auch im nächsten Sommer wird es so sein. Zum letzten Mal. Rapp sagt, was er schon häufiger gesagt hat: Dass dann Schluss sein wird. Dass dann Jüngere seinen Job machen sollen. Dass die Zeit mit seiner Frau, seiner Tochter und Enkeltochter immer wichtiger wird. Und er glaubt, dass er diesmal standhaft bleiben wird, wenn wieder die Frage kommt, ob er nicht doch noch mal zum Festivalmacher werden könnte. Zum allerletzten Mal.