Minustemperaturen und Schnee, der sich an den Straßenrändern türmt: Es ist ein Montagmorgen um acht Uhr und es ist kalt im Norden. Trotz Dauerfrost sind die beiden Umweltwächter Thomas Baumgarten und Honorata Bechmann in Vegesack unterwegs, um die Straßen sauber zu halten. Eine Aufgabe, die durch die Kälte und die Auswirkungen der Corona-Pandemie nicht immer leicht ist.
„Vergangenen März hätte es das noch nicht gegeben“, erklärt Thomas Baumgarten, während er eine OP-Maske vom Boden aufpickt. Bis zu 15 Stück findet er davon täglich in den Straßen Bremen-Nords. „Im Frühjahr waren sie noch schwer zu bekommen, seitdem das nicht mehr so ist, fliegen sie überall herum“, beschreibt der 55-jährige Vegesacker die Situation. Trotz Schnee entdecken er und seine Kollegin alle paar Meter Müll am Straßenrand. Im Sekundentakt greifen die beiden nach Papier, Verpackungen und anderem Unrat. Dazwischen sind auch größere Fundstücke wie Bekleidung, Pfandflaschen oder ein kaputter Regenschirm.
Die vereisten Schneeberge machen es den Umweltwächtern beim Sammeln nicht leicht. Teilweise muss mit kraftvollen Fußtritten nachgeholfen werden. Hinzu kommt die eingeschränkte Bewegungsfreiheit, denn Baumgarten und Bechmann sind dick eingepackt. Mehrere Schichten tragen sie unter ihrer Arbeitskleidung, die unter anderem aus einer Wärmeweste, Arbeitsschuhen mit Wärmesohlen, der obligatorischen gelben Jacke und mehr besteht. Dazu kommen noch Schal, Maske und Mütze. Rund sechs Stunden täglich sind sie unterwegs und haben kaum eine Möglichkeit, sich aufzuwärmen, denn aufgrund der Corona bedingten Einschränkungen sind fast alle ihrer früheren Anlaufstellen geschlossen.
Statt einer Tasse Kaffee im Café oder einer Pause in den warmen Sozialräumen einer Schule müssen sie nun darauf warten, dass Projektleiter Norbert Röhe mit dem Auto vorbei kommt. Dort können sich die Wächter kurz aufwärmen, bevor es wieder raus in die Kälte geht. „Wir haben uns diese Lösung kurzfristig einfallen lassen, damit die Männer und Frauen überhaupt zwischendurch mal warm werden“, erklärt Röhe. Zwar gäbe es die Möglichkeit, die Pausen in den Ortsämtern zu verbringen, doch sei der Weg dorthin, je nachdem, wo sich ein Team befindet, zu weit.
Es ist nicht einfach, den Materialwagen durch die winterlichen Straßen zu navigieren. Oft braucht es dafür Krafteinsatz und ein sicheres Gleichgewicht. „In der ersten Woche, wo kein Weg frei war, sind wir nur mit Tüten losgegangen, aber damit kann man nicht so viel wegräumen wie sonst“, erinnert sich Thomas Baumgart. Dabei gibt es genug wegzuschaffen, daran ändert der Frost nichts. Ob an der Hermann-Fortmann-Straße, an der Straße zur Vegesacker Fähre oder in der alten Hafenstraße – überall haben sich kleine wilde Müllkippen gebildet. „Müll ist magnetisch“, erklärt Norbert Röhe, während er ein Foto von dem Berg an der Vegesacker Fähre macht, das er an die Bremer Stadtreinigung weiterleiten wird.
Zeitgleich sammeln Baumgarten und Bechmann Coffee-to-go-Becher ein, die um einen überfüllten Mülleimer herum liegen. Honorata Bechmann schüttelt dabei den Kopf. „Am schlimmsten finde ich, dass sich Kinder das abschauen und denken, das wäre normal“, so die 38-Jährige. Dem stimmt auch Norbert Röhe zu. Während sich die beiden Umweltwächter auf den Weg Richtung Stadtgarten machen ergänzt er: „Wer macht diesen ganzen Unrat weg, wenn nicht wir?"