Grasberg. Spricht man Joachim Bauer auf sein "Dort mit Zukunft" an, dann gerät er ins Schwärmen. Der Rautendorfer zählte bis vor knapp zwei Jahren zu jenen, die die Bewerbung der Grasberger Ortschaft im Rahmen des Wettbewerbs "Unser Dorf hat Zukunft" mit vorangetrieben haben. Die Rautendorfer schlugen sich gut: Im Landkreis Osterholz belegten sie Platz eins, erst auf Bezirksebene kamen andere Dörfer wie beispielsweise Garlstedt bei der Jury besser an. Aus Bauers Sicht aber viel wichtiger als der Sieg: "Es war kein Strohfeuer!" Der Wettbewerb habe Spuren hinterlassen, die in Rautendorf noch immer zu sehen sind.
Gerade erst hat der Landkreis Osterholz zur Teilnahme an der neuen Runde aufgerufen. Im Kreishaus hegt man die Hoffnung, dass sich auch dieses Mal wieder Dorfgemeinschaften im Kreisgebiet finden, die sich und ihr Dorfleben präsentieren möchten. Der Wettbewerb "Unser Dorf hat Zukunft" hieß in früheren Jahren "Unser Dorf soll schöner werden". Inzwischen aber ist daraus mehr geworden als ein reiner Schönheitswettbewerb. Die Aktion, die vom Bundeslandwirtschaftsministerium getragen wird und nach Kreis-, Bezirks- und Landesauswahl in einem Bundesentscheid endet, soll die Ortschaften des ländlichen Raums beleben und den ehrenamtlichen Einsatz der Dorfgemeinschaften bei der Gestaltung ihres Wohn- und Lebensraums in den Mittelpunkt rücken.
Lange Straße, keine Kneipe
Das war in Rautendorf wahrlich eine Herausforderung. Denn einen Dorfmittelpunkt suchte man in dem rund vier Kilometer langen Straßendorf bis dato vergebens. Es gibt keine Kneipe oder einen anderen Platz, an dem man sich wie selbstverständlich trifft, skizziert Bauer, der in der Dorfgemeinschaft, im Heimatverein, aber auch für die CDU im Gemeinderat aktiv ist, die Herausforderung, der die Rautendorfer ausgesetzt waren.

Joachim Bauer
Die Teilnahme am Zukunftswettbewerb sollte dann aber zeigen, dass das Miteinander stimmt und die Menschen im Dorf in der Lage sind, etwas auf die Beine zu stellen. Die Rautendorfer verzichteten darauf, sich schick herauszuputzen und "Theater zu spielen", wie es Fabian Warnken als Mitglied des Lenkungsstabs formulierte. Vielmehr zeigten sie, wie Gemeinschaft im Dorf funktioniert: durch die Pflege von Tradition in einem sich verändernden Dorf, das Nebeneinander von Wohnen und Landwirtschaft, oder den Umbau einer nicht mehr gebrauchten Schule in eine Kita.
Die Zusammenarbeit an der Präsentation schweißte die Leute im Dorf zusammen. Vorher habe man auch mal "nebeneinander hergewurschtelt", sagt Joachim Bauer. Der Wettbewerb habe dann aber dazu geführt, dass die Kraft im Dorf gebündelt und die Bereitschaft aller zutage gefördert wurde, im Dorf zusammen zu arbeiten.
Erfolgsprojekt Dorfscheune
Ganz besonders deutlich wurde das anhand des Projekts Dorfscheune, die die Rautendorfer mit ganz viel Eigenleistung umbauten, sanierten und so winterfest machten, dass sie heute als Treffpunkt, Seminarraum, Partylocation oder Fitnessraum genutzt werden kann und damit so etwas wie den neuen Dorfmittelpunkt darstellt. Bei der Verwaltung hilft ein digitaler Dorfkalender, wie Fabian Warnken berichtet. Dort ist die Belegung der Scheune hinterlegt, und der Kalender zeigt, dass es nicht viele Tage im Monat gibt, an denen die Scheune an der Rautendorfer Straße nicht genutzt wird.
Die Verwaltung übernimmt im Wesentlichen der Lenkungsausschuss, der eigentlich dazu da war, die Bewerbung für den Zukunftswettbewerb voranzubringen und zu verantworten. Nach Abschluss dieser Aufgabe haben die Vertreter der Vereine und Institutionen im Dorf in dieser Runde einfach weitergemacht. Sie treffen sich nun vierteljährlich, um Dorf-Themen zu besprechen und die Zusammenarbeit zu organisieren. Ein Gremium, das es ohne den Wettbewerb wohl nicht gegeben hätte: Der Lenkungsausschuss sei "relativ unsichtbar", wie Warnken betont, "aber ein absoluter Erfolg".

Fabian Warnken
Auch der „Rautendorfer Markttag“ sei so entstanden. Er sei das Ergebnis aus der Einsicht der Rautendorfer, dass ein wöchentlicher Markt mangels Nachfrage nicht umsetzbar wäre. Stattdessen habe man einen jährlichen Markttag geschaffen, "wo sich regionale Anbieter und Kunden treffen, vernetzen und ins Gespräch kommen können".
Auf dieses Ergebnis seien alle Beteiligten "sehr stolz", betont Warnken. Und auch Joachim Bauer findet, dass sich die manchmal auch mühevolle Wettbewerbsteilnahme gelohnt habe. Er macht anderen Dörfern Mut, bei dem Wettbewerb mitzumachen – "auch wenn man nicht gewinnt".