Herr Lütjen, Sie spielen seit Sommer 2011 ununterbrochen beim SV Blau-Weiß Bornreihe, sind gemeinsam mit Philip Bähr der dienstälteste Spieler im Kader der "Moorteufel" – und seit vergangenem Sommer auch noch Kapitän. Eine solche Winterpause haben aber vermutlich auch Sie noch nicht erlebt im Teufelsmoor, oder?
Hendrik Lütjen: Nein, das ist ja ohnehin eine besondere Saison. Elf Jahre habe ich mit Bornreihe in der Landesliga gespielt, zwei Jahre in der Oberliga. Im Gegensatz zu unserer ersten Oberliga-Spielzeit spielen wir diesmal ernsthaft um den Klassenerhalt mit. Das ist schon was ganz Besonderes und deshalb waren die vergangenen Monate ohnehin sehr intensiv.
Und wenn man einmal nur auf die vergangenen drei Wochen schaut, mit dem völlig überraschenden Rücktritt von Frank Meyer, dann gilt auch da vermutlich: So etwas haben Sie noch nicht erlebt.
Ja, das stimmt. So etwas habe ich hier wirklich noch nicht erlebt, und natürlich finde diese Entwicklung sehr schade. Es ist einfach auch extrem unglücklich, dass solche Sachen in die Öffentlichkeit gelangen. Das sind in erster Linie interne Probleme, die wir auch gerne intern geregelt hätten. Aber nachdem sich das alles in der Szene rumgesprochen hatte, wurde ich da natürlich auch oft drauf angesprochen.
Nach einem Vorfall auf der Weihnachtsfeier ist Trainer Frank Meyer zurückgetreten. Für die Öffentlichkeit kam dieser Rücktritt völlig aus dem Nichts. Wie war das für die Mannschaft?
Tatsächlich habe auch ich da nicht mit gerechnet – und das war auch wirklich ein Schlag für mich. Ich habe so lange mit Frank zusammengearbeitet und diese Zusammenarbeit war immer geprägt von großem gegenseitigem Respekt. Deshalb bedaure ich seine Entscheidung total.
Hatten Sie als Kapitän im Vorfeld dieser Ereignisse ein Gefühl dafür, dass da etwas nicht stimmt?
Nein, das war in dieser Form wirklich nicht abzusehen. Ich habe das auch auf der Weihnachtsfeier gar nicht richtig mitgekriegt. Frank hat mich dann hinterher in einem persönlichen Telefonat über seine Entscheidung informiert, und wie gesagt: Ich war wirklich sehr überrascht über diesen Schritt.
Frank Meyer hat vor allem die Art und Weise bemängelt, wann und wie mit ihm über diese Thematik gesprochen wurde. Verstehen Sie vor diesem Hintergrund seinen Rückzug?
Ja, und das habe ich ihm auch so gesagt. Ich kann diese Entscheidung durchaus nachvollziehen, gleichwohl ich sie sehr bedauere. Es war einfach der komplett falsche Zeitpunkt, da ist wirklich einiges schiefgelaufen. Wie gesagt, das ist wirklich ein persönlicher Schlag, weil wir viele gemeinsame Jahre hatten und auch viele gemeinsame Erfolge gefeiert haben. Und ganz unabhängig davon hätte ein Frank Meyer einfach einen anderen Abgang verdient gehabt.
Aber war der sofortige Rücktritt aus Ihrer Sicht nötig?
Ich persönlich glaube, dass man sich nach drei Tagen noch einmal hätte zusammensetzen und reden sollen. Dann hätte ich mir gut vorstellen können, dass man eine Lösung findet und zumindest in der bewährten Form bis zum Saisonende weitermacht. Aber Frank hat das auch nach drei Tagen für sich so klar empfunden und eingeordnet, dass es nicht mehr weitergeht.
Aus Teamsicht hätte es also keine Probleme gegeben, bis zum Saisonende mit Frank Meyer weiterzumachen? Auch um das große Ziel, den Oberliga-Klassenerhalt, nicht unnötig zu gefährden?
Das wäre nicht nur für die Mannschaft, sondern für den ganzen Verein wünschenswert gewesen. Auch der Vorstand hat ja gehofft, dass Frank wenigstens bis zum Saisonende weitermacht. Aber jetzt ist es nun mal eine andere Situation. Die ganze Sache ist jetzt auch schon drei Wochen her und wurde in der Mannschaft vollständig aufgearbeitet. Da ist alles geklärt und jetzt gilt der ganze Fokus ohnehin wieder dem Sportlichen.
Glauben Sie, dass sich das Ganze in irgendeiner Form sportlich auswirken wird?
Das glaube ich nicht. Wir haben nach wie vor eine gute Stimmung im Team, die Struktur ist auch weiterhin gegeben. Einige verletzte Spieler kehren zur Rückrunde hoffentlich zurück, was uns noch etwas stärker macht. Und am Ende haben wir schließlich alle ein großes gemeinsames Ziel.
Im Sommer wird dann bekanntlich auch Nils Gresens seinen Hut bei den "Moorteufeln" nehmen. Haben Sie angesichts dieses enormen Umbruchs Bauchschmerzen, wie es bei ihrem Verein weitergehen wird?
Nils hat sich sein letztes halbes Jahr natürlich auch ganz anders vorgestellt. Aber er hat zum Glück zwei super Co-Trainer, die ihm richtig gut zuarbeiten, deshalb mache ich mir da auch überhaupt keine Sorgen.
Aber es wird schon von elementarer Bedeutung sein, wie der Name des neuen Trainers lautet, oder?
Absolut. Das wird ganz entscheidende Signalwirkung haben. Es ist die wichtigste Position für jeden Verein und wird gerade hier in Bornreihe viele Spielergespräche beeinflussen. Am Ende muss der neue Trainer natürlich auch wissen, was Bornreihe bedeutet, deshalb sollte es kein komplett unbeschriebenes Blatt sein. Aber natürlich: Für viele Spieler wird der Name des neuen Trainers richtig wichtig sein.
Haben Sie eigentlich einen Wunschkandidaten?
Ach, ich habe in den letzten 14 Jahren schon einige Trainer hier erlebt, auch sehr unterschiedliche. Am Ende habe ich mit jedem einzelnen immer sehr gut zusammengearbeitet – und so wird es auch bei dem sein, der jetzt als nächstes kommt.
Das hört sich jedenfalls nicht danach an, dass auch der Kapitän einen zeitnahen Abgang im Sommer plant? Können Sie die Bornreiher Fans diesbezüglich beruhigen, dass nicht noch ein Urgestein das Teufelsmoor verlässt?
Also, die letzten Jahre war das bei mir ja immer nur reine Formsache, da hat ein Handschlag gereicht, um für eine weitere Saison zuzusagen. Und es müsste auch in diesem Jahr sehr, sehr viel passieren, damit sich da was ändert. Ich fühle mich fit, bin Kapitän dieser Mannschaft, fühle mich in Bornreihe immer noch extrem wohl. So lange meine Knochen mitmachen, möchte ich mich gerne noch ein bisschen auf diesem Niveau messen.