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Redaktions-Zweikampf Umstrittener Modus: Das Problem mit der Floorball-Relegation

Macht das so Sinn? Der Modus um den Aufstieg in die 1.Bundesliga sorgt seit geraumer Zeit für reichlich Diskussionsstoff. In einem aktuellen Redaktions-Zweikampf wird das Thema aus zwei Blickwinkeln betrachtet.
06.05.2023, 10:00 Uhr
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Von Dennis Schott Tobias Dohr

Landkreis Osterholz. An diesem Wochenende startet die Finalserie um den Aufstieg in die 1. Floorball-Bundesliga. Mittendrin: Die Lilienthaler Wölfe. Das Team um Chefcoach Philipp Lehmann tritt gegen den FC Stern München an, um sich in der Serie "best-of-three" den lang ersehnten Traum von der Bundesliga-Rückkehr zu erfüllen. Allerdings gab es in der Vergangenheit immer wieder Diskussionen rund um diesen Modus. Wiederholt traten Teams nicht an, beziehungsweise spielten nur mit halber Kraft, weil sie eigentlich gar nicht aufsteigen wollten. Die Frage nach der Sinnhaftigkeit einer solchen Relegation stellt sich da beinahe zwangsläufig. Schlagkräftige Argumente gibt es für beide Seiten.

PRO: Dennis Schott über die Vorteile des aktuellen Play-off-Modus:

Floorball ohne Play-offs ist genauso undenkbar wie Fußball ohne Elfmeterschießen. Man würde der Sportart ein hervorstechendes Merkmal nehmen. Deshalb ist eine Abschaffung nicht verhandelbar.

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Es ist auch nicht so, dass der Floorball-Verband Deutschland Anpassungen scheut. Er ist ohnehin darauf bedacht, seine Sportart mehr ins Bewusstsein der Gesellschaft zu transportieren. Dass dies noch nicht der Fall ist, liegt vornehmlich in der Tatsache begründet, dass es sich um eine sehr junge Sportart handelt. Heißt im Umkehrschluss: Man muss ihr die Zeit geben können, sich zu entwickeln. Hierfür braucht es Geduld und das Eingeständnis, dass es an der einen oder anderen Stelle nicht so reibungslos verläuft, wie man es sich ursprünglich erwünscht hat.

Modus mit Leben füllen

Natürlich hat sich der Floorball-Verband Deutschland die Entwicklung rasanter vorgestellt. Seit dem Beitritt in den Deutschen Olympischen Sportbund (DSOB) 2014 hat der Verband 2021 lediglich 1600 Mitglieder dazugewonnen. Ein echtes Wachstum sieht anders aus. Und natürlich wird der Verband nicht glücklich darüber sein, wie ambitionslos manche Vereine an der Play-off-Runde zum Aufstieg in die 1. Bundesliga teilnehmen. Immerhin ist es das nationale Aushängeschild. Allein: Der Verband kann nur den Rahmen setzen, ihn mit Leben füllen müssen die Vereine.

Den schwarzen Peter in dieser Angelegenheit den Vereinen zuzuschieben, wird der Sache auch nicht gerecht. Denn ein Aufstieg in eine deutschlandweite Bundesliga würde nicht nur allein einen deutlich erhöhten finanziellen Mehraufwand bedeuten. Es bedarf daher einer Annäherung zwischen Verband und Vereinen, um diesem Problem zu begegnen. Das tut man allerdings nicht, indem man die Play-off-Runden abschafft und dem Floorball damit eines seiner typischsten Merkmale nimmt. Bei der Lösung braucht es auch hier Zeit und Geduld. Dies muss man einer so jungen Sportart wie Floorball immer noch eingestehen.

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Im Übrigen hat der Floorball-Verband Deutschland, den es erst seit 1992 gibt, unlängst die "Vision 2030" verabschiedet. Für eine wachsende Sportart wie Floorball sei es umso wichtiger, mit den Landesverbänden und Mitgliedervereinen an einem Strang zu ziehen, heißt es dazu auf der Homepage. Der Verband versucht damit dem Potenzial seiner Sportart, das es zweifellos gibt, gerecht zu werden, seine Strukturen zu ändern oder anzupassen. Dass es an der einen oder anderen Stelle hakt, ist zwar nicht wünschenswert, weil es ohne Zweifel ein fahles Licht auf die Sportart wirft, in Gänze zu verhindern, ist es allerdings nicht. Noch nicht, muss man dazu sagen. Denn mit einer wachsenden Zahl an floorballspielenden Vereinen, wird auch die Bereitschaft zu mehr Wettbewerb wachsen. Doch dafür braucht es Zeit und Geduld.

KONTRA: Tobias Dohr über die Gefahren der aktuellen Regelung:

Unbestritten: Finalspiele sind etwas Tolles. Der Nervenkitzel, den eine Play-off-Serie bietet, kann eine normale Meisterrunde in der Regel nicht annähernd kompensieren. Hopp oder Topp, Siegen oder Ausscheiden – das bringt sowohl für Sportler als auch Zuschauer einen ganz besonderen Reiz mit sich. Allerdings: Play-offs zu spielen, nur der Play-offs wegen macht keinen Sinn. Im Gegenteil. Es konterkariert sämtliche Bemühungen, einen Wettbewerb als sportlich relevant zu verkaufen.

Der Floorball-Verband Deutschland sieht sich seit einiger Zeit mit genau diesem Problem konfrontiert. Immer wieder kam es in der Vergangenheit ausgerechnet in der entscheidenden Saisonphase zu merkwürdigen Ergebnissen. Meist stellte sich dann heraus, dass Vereine gar nicht aufsteigen wollten, manchmal taten diese Klubs das auch schon im Vorfeld kund, traten gar nicht mehr an oder spielten nur mit halber Kraft. So macht das aber alles keinen Sinn. Denn durch solche Ereignisse leisten alle Beteiligten ihrer an sich so tollen Sportart einen Bärendienst. Um es einmal ganz klar zu sagen: Momentan kann man sich als neutraler Zuschauer in den Play-offs zum Bundesliga-Aufstieg bei kaum einer Partie sicher sein, dass beide Teams auch wirklich dasselbe Ziel verfolgen.

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Der Modus in der derzeitigen Form macht deshalb wenig Sinn. Der Verband ist hier in der Pflicht, im Vorfeld für klare Fronten zu sorgen. Zu einem bestimmten Zeitpunkt sollte verbindlich abgefragt werden, ob ein Verein wirklich aufsteigen will, oder eben nicht. Die 1. Bundesliga ist mit großem Aufwand verbunden. Dass einige Klubs dieses Risiko scheuen, ist in einer Randsportart, bei der nur wenige Sponsorengelder, dafür aber enorme Fahrtkosten anfallen, absolut nachvollziehbar.

Beispiele gibt es genug

Beim Fußball ist dieses Prozedere seit vielen Jahren üblich, gerade wenn es um die höherklassigen Ligen geht. In der Hamburger oder Bremer Oberliga scheuen beispielsweise seit Jahren einige Klubs den Gang in die Regionalliga. Wenn von den erstplatzierten Teams keiner hochgehen will, steigt eben keiner auf. Was macht eine Play-off-Serie um den Aufstieg für einen Sinn, wenn man weiß, dass am Ende eh keiner aufsteigen will?

Die Zeit, die im Terminkalender frei werden würden, könnte man viel sinnvoller nutzen. Beispielsweise für besondere Nachwuchsturniere, für regionale Fördermaßnahmen, gerne auch für Events, die marketingtechnisch einen Mehrwert für den Floorball darstellen würden. Möglichkeiten und Potenziale gibt es viele. Das hat diese rasante und begeisternde Sportart schon oft unter Beweis gestellt. Über allem steht aber eine sportliche Relevanz. Sonst verkommt der Floorball zu einer belächelten und irgendwann nicht mehr ernst genommenen Hobbyveranstaltung. Und das kann niemand wollen.

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Info

In unserer Rubrik „Redaktions-Zweikampf“ nehmen zwei Sportredakteure ganz bewusst gegensätzliche Standpunkte ein. Ziel ist es, ein aktuelles Thema aus zwei unterschiedlichen Blickrichtungen zu betrachten – um damit zu verdeutlichen, wie kontrovers gewisse Themen diskutiert werden können und wie wichtig es ist, beide Seiten einer Medaille zu betrachten. In der aktuellen Ausgabe setzen sich Dennis Schott und Tobias Dohr mit der Frage auseinander, ob die Play-off-Spiele um den Aufstieg in die 1. Floorball-Bundesliga in der aktuellen Form Sinn machen, oder nicht. Wie immer an dieser Stelle der Hinweis: Die hier geäußerten Sichtweisen der Sportredakteure decken sich mitunter nicht mit der tatsächlichen Meinung der Autoren.

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