Ab 2026 soll die Mehrwertsteuer für Restaurants und Gaststätten bundesweit von 19 auf sieben Prozent sinken – zumindest, wenn es nach dem Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD geht. Dann könnte Essen gehen im Landkreis Verden theoretisch wieder günstiger werden. Ob und wie viel Preisnachlass am Ende bei den Gästen ankommt, ist allerdings noch nicht klar. Denn die Bundesregierung will mit der Änderung vor allem, das stark belastete Gastgewerbe finanziell entlasten. Ein Gesetzgebungsverfahren steht noch aus.
Dass sich die Entlastung der Gastronomen auch auf das Portemonnaie der Gäste überträgt, bezweifelt auch die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG). "Kein Wirt und kein Restaurant-Chef wird zum 1. Januar 2026 neue Speisekarten drucken. Jedenfalls nicht, um die Preise zu senken", sagt Steffen Lübbert. Der Geschäftsführer der NGG Lüneburg, die auch für Gastro-Mitarbeiter im Landkreis Verden zuständig ist, ist "mehr als skeptisch", wenn es um die von der schwarz-roten Bundesregierung geplante Senkung der Steuer geht.
Mehrkosten in diversen Bereichen
"Wer hofft, dass damit auch Schnitzel, Gulaschsuppe, Kaiserschmarrn und Co. billiger werden, der hat die Rechnung ohne den Wirt gemacht", betont Lübbert. Der Gewerkschafter geht davon aus, dass die Gastronomen viele fadenscheinige Gründe erfinden würden, warum sie die zwölf Prozent dringend brauchen – und zwar für ihren Betrieb und für sich selbst. "Herr Lübbert hat mit seiner Annahme unserer Argumentation von Unternehmerseite durchaus recht", sagt Gördt Glander, Vorsitzender des Dehoga-Kreisverbandes Verden. So seien in den vergangenen Jahren in diversen Bereichen Kostensteigerungen zu beobachten gewesen, die von den Gastronomen aufgefangen wurden.
Eine sei der Mindestlohn. "Herr Lübbert vergisst nämlich, dass die Entwicklung, die der Mindestlohn angestoßen hat, keine kurzfristige Erscheinung ist, sondern sich seit 2015 kontinuierlich aufgebaut hat, bei kontinuierlich sinkenden Gästezahlen", sagt Glander. Doch das Problem hierbei sei nicht die Lohnerhöhung an sich. "Man muss verstehen, dass dieser Lohn die untersten Lohngruppen abzeichnet: ungelernte Hilfsarbeiter, angelernte Reinigungskräfte und andere Basisjobs in der Gastronomie", erklärt der Dehoga-Chef.
Erhöhe man beliebig die Löhne in den untersten Lohngruppen, verlangten berechtigterweise die höheren Lohngruppen auch mehr Geld. "Was heißt, dass wir für Service- und Küchenmitarbeiter mit dreijähriger Berufsausbildung per Tarif aktuell zwischen 16,82 und 20,71 Euro brutto unterhalb der Managementebene bezahlen." Real zahlten die meisten Kollegen im Landkreis Verden sogar mehr, um überhaupt Mitarbeiter zu bekommen oder zu halten, berichtet Glander.
Neben dem stetig steigenden Mindestlohn nennt er auch gestiegene Bezugskosten – nicht nur für Energie, sondern auch für alle anderen Verbrauchsgüter – sowie Bürokratiekosten und die hohe Inflation. Das Gastgewerbe und vor allem die Gastronomie hätten also in den vergangenen drei Jahren schon einen gewaltigen Teil an Kosten geschluckt. "Und wir sind nicht in der Lage, noch mehr hinzunehmen", sagt Glander.
Besonders Sorgen bereitet dem Dehoga-Chef, dass die Gewerkschaft das gesamte Gastgewerbe über einen Kamm schere. Dabei gebe es beträchtliche Unterschiede zwischen dem großen Konzerngastgewerbe und dem ländlichen Einzelunternehmertum, weiß Glander. "Wenn ein Hotelkonzern Preise aushandelt, steht für den jeweiligen Lieferanten ein weitaus größerer Verlust ins Haus, sollte er seinen Verkaufspreis zu hoch ansetzen, als bei dem kleinen Landgasthof von nebenan." Der Kostenapparat sei somit prozentual für einen Konzern besser zu steuern als für einen mittelständigen Einzelgastronomen, dessen Finanzgefüge fast immer sehr statisch sei.
Schmuddelkind der Wirtschaft
Die Veränderungen in der Branche hätten allerdings dazu geführt, dass viele Gastronomen in den vergangenen Jahren ihre Leistungen unterpreisig anbieten. "Die Gastronomie ist zum Schmuddelkind der Wirtschaft geworden, weil wir es verpasst haben, den Wert unserer Leistungen, der tollen Leistungen unserer Mitarbeiter und unserer betrieblichen Hardware ordentlich zu bewerten und anzubieten", betont der Dehoga-Chef. "Jetzt müssen wir als Unternehmer, Familienernährer, Unterstützer des öffentlichen Lebens und nicht zuletzt als verantwortungsvolle Arbeitgeber an unsere Betriebe denken."
Glander hofft nun darauf, dass die Gäste diesen Weg gemeinsam mit den gut 210 gastronomischen Betrieben im Kreis Verden, in denen rund 1710 Beschäftigte arbeiten, gehen. "Sonst werden wir bald in einer gastronomischen Ödnis leben müssen."