Und plötzlich ist das geneigte Publikum umgeben von guten Geistern, die ihm auf dem Silbertablett Käse- und Wursthäppchen reichen. Und ein paar Falschgeld-Blüten gibt es als Zugabe noch obendrauf. Doch damit nicht genug, in der neuesten Theater-Produktion des "Blaumeier"-Ateliers, "Die Unsichtbaren", die am Freitag, 18. Oktober, Premiere feiert, wird das Publikum auch noch nach allen Regeln der Kunst abgestaubt. Per Handstaubsauger. Bewundernde Worte für teure Uhren und Taschen inklusive. Denn dafür haben die Jungs und Mädels der Putztruppe "Wisch und weg" einen Blick. Ganz schön was los also auf der Bühne des Blaumeier-Ateliers.
Hollywood lässt grüßen
Das Regisseurinnen-Team Sabina Josefa Mak und Anna Weyrosta hat gemeinsam mit der Theatertruppe des Blaumeier-Ateliers mit "Die Unsichtbaren" ein höchst vergnügliches, temporeiches Stück entwickelt, das immer wieder überraschende Wendungen nimmt. Eine gelungene Premiere für das Duo, das in dieser Konstellation zum ersten Mal zusammenarbeitet. Denn die Mischung stimmt: Ein Schuss des Hollywood-Streifens "Mission Impossible", ein Spritzer "Robin Hood" und als Knalleffekt eine Filmsequenz aus dem Rathaus mit einer Dankesansprache von Bürgermeister Andreas Bovenschulte für "die Zivilcourage der mutigen Bürger".
Falsche Träume zerplatzen
Wie es dazu kam? In dem Theaterstück wird davon erzählt, wie sich eben jene "Unsichtbaren" selbst ermächtigen und zu modernen Robin Hoods mausern, nachdem sie nach quälend langer Warterei vom Job-Center mit all ihren Wünschen und Anliegen zuvor gnadenlos abgebürstet worden sind. Sie rebellieren, denn das geht an ihre Existenz. Die Regisseurinnen entwerfen von jedem Einzelnen ein liebevolles, individuelles Porträt. Der Job bei der Luxus-Eventagentur "Dreams" erweist sich als nicht viel besser. Da mag die Chefin, eine Drag-Queen in Silberlamé-Outfit, den armen Schluckern noch so viel oberflächlichen Glamour vorgaukeln, das Häppchen-Party-Business für die Schönen und Reichen der Bussi-Gesellschaft erweist sich als knallhart. Trinkgeld? Fehlanzeige!

Nazli Kiziltepe kam vom Maskenbau zum Blaumeier-Atelier und ist nun als Teil der Putztruppe in ”Die Unsichtbaren” zu sehen.
Gelungene Filmsequenzen
Sehr gelungen auch die Film-Sequenzen von Christian Grundey und Christian Köhne, in denen das teilweise neu formierte, komödiantisch begabte Schauspielensemble der Blaumeiers nach Herzenslust aufdrehen kann. Auch beim Dreh in der Städtischen Galerie, in der das Blaumeier-Atelier gerade erstmals eine Kunst-Ausstellung präsentiert hat. Denn die eingeschworene Truppe kommt auf die Idee, sich mit einer eigenen Putz-Firma selbstständig zu machen. Der Name der Abstauber ist Programm "Wisch und weg". Und damit noch mehr zum Verteilen an diejenigen übrig bleibt, die es bitter nötig haben, folgt dem ersten erfolgreichen "Robin Hood"-Coup sogleich ein zweiter.
Da lässt es die "Wisch und weg"-Truppe dann so richtig krachen. Objekt der Begierde ist dieses Mal der gläserne Moneten-Tresor des fragwürdigen, international bekannten Aktionskünstlers Maximilian von Umzu, der die große Freiheit von der "Sklaverei des Geldes" ausruft, indem er die Scheinchen, die er zuvor eingesammelt hat, schreddern will. Wunderbar wie das Regisseurinnen-Duo das mit einem ironischen Seitenhieb auf die Kunstszene inszeniert hat. Und die "Wisch und weg"-Truppe darf dabei den coolen "Mission Impossible"-Akteuren Konkurrenz machen. Weshalb die sympathischen Möchtegern-Gangster am Ende zu Helden der Hansestadt avancieren, das sei an dieser Stelle noch nicht verraten.