Dass Grambkes Brennpunkt Alwin-Lonke-Straße keine Fördermittel aus dem Topf für das Programm „Wohnen in Nachbarschaften“ (Win) erhält, liegt an 14 Menschen, die auf dem Papier fehlen. Das benachteiligte Gebiet war nach den Förderrichtlinien schlicht zu klein, um Geld für soziale Projekte zu erhalten. Dabei gibt es dort ähnlich wie in der Grohner Düne vielfältige Problemlagen. Die SPD-Landesvorsitzende Sascha Aulepp will dort aktiv werden und ein Fördergebiet einrichten: „Das ist meine klare Ansage. Das machen wir, da wollen wir hin.“
Das Alwin-Lonke-Quartier mit besonders vielen ökonomisch schwachen Familien und einem hohen Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund war bislang nie Win-Gebiet. Allerdings billigte der rot-grüne Senat dem Quartier in den Jahren von 2013 bis 2016 einen Fonds für niedrigschwellige Projekte zu. Als die Förderung jedoch wieder eingestellt wurde, fielen soziale Projekte weg. Auch dem Jugendklub Fockengrund drohte vorübergehend das Aus.
Das Jugendhaus konnte letztlich zwar gerettet werden. „Aber vieles, was angeschoben worden war, ist wie ein Kartenhaus zusammengebrochen“, resümiert Burglesums Ortsamtsleiter Florian Boehlke (SPD) die Entwicklung der jüngeren Vergangenheit. Vor allem fehle es im Ortsteil an einem Quartiersmanager. „Wir haben das Spielhaus von der Kita, die Begegnungsstätte Luise Morgenthal und den Jugendklub. Aber zu einem Win-Gebiet gehört es, eine gute Vernetzungsarbeit aufzubauen.“
Diese Aufgabe übernehmen in anderen benachteiligten Ortseilen eben die Quartiersmanager. Nach Boehlkes Wahrnehmung findet im Alwin-Lonke-Quartier heute kaum Kommunikation zwischen den Bewohnern statt. „Jeder lebt einzeln für sich in seinen vier Wänden. Vielleicht gibt es, weil es so viele unterschiedliche Nationalitäten sind, Sprachbarrieren.“ Dazu kämen Probleme mit Müll.
Bei einer Erhebung „Monitoring Soziale Stadt“ wurde schon 2013 nach festgelegten Kriterien für die Wohnblöcke ein Gesamtindex von 314,52 ermittelt. Die Grohner Düne, die als Bremens größter Brennpunkt gilt, hat einen Index von 331,78. Bei der Ermittlung dieser Werte spielen unter anderem Armut, Sprachstand und Migrationshintergrund eine Rolle.
Dass sich etwas tun muss in der Alwin-Lonke-Straße, darauf haben unlängst erst die Lesumer Kommunalpolitiker hingewiesen. Wie berichtet, hatte der Beirat im Juli das Thema Wohnen aufgegriffen. Das Gremium forderte Förderinstrumente wie „Wohnen in Nachbarschaften“, um das Alwin-Lonke-Quartier und die Gewoba-Siedlung „Auf dem Halm“ zu stabilisieren. „Wir wollten deutlich machen, dass man, nur weil ein Quartier nach den statischen Voraussetzungen nicht gefördert werden kann, nicht die Augen verschließen darf“, sagt der Ortsamtschef.
Laut Deputationsbeschluss wird über das Win-Programm in Bremen-Nord zurzeit Lüssum-Bockhorn mit 150 000 Euro gefördert, Grohn mit 75 000, Marßel und das alte Zentrum Blumenthal mit je 20 000 Euro. Die Angebote sind auf den Bedarf der Fördergebiete zugeschnitten. So gab es in der Vergangenheit Kooperationen mit Museen, Arbeits- und Ausbildungsplätze für Langzeitarbeitslose im Mehrgenerationenhaus oder im Mütterzentrum, Filmprojekte, Beratungsangebote für Familien und Begegnungs-Cafés. Quartiersräte mit Bürgerbeteiligung entscheiden in den Win-Gebieten über die Verteilung der Projektmittel.
Die Relevanzgrenze für das Win-Programm liegt bei 550 Bewohnern, zum Zeitpunkt der Erhebung wohnten aber nur 536 Bewohner im Quartier. „Damals lag es an 14 Bewohnern, die fehlten. Daran kann es nicht scheitern“, meint Boehlke.
Wenn Win nicht geht, dann was anderes: Laut Boehlke müsse Bremen Förderprojekte ins Leben rufen, die kleinere Quartiere wie die Alwin-Lonke-Straße stärkten. „Wenn schon das SOS Kinderdorf sagt, da gehen wir rein, besteht Handlungsbedarf. Deshalb legen wir den Finger in die Wunde“, so Boehlke mit Blick auf den Beiratsbeschluss. Das SOS Kinderdorf hat angekündigt, hier eine Familienberatung zu eröffnen.
Alwin-Lonke-Straße taucht im Zukunftsprogramm nicht auf
2019 soll das Win-Programm neu bewertet werden. Im SPD-Zukunftsprogramm 2019 bis 23 taucht das Wort Alwin-Lonke-Straße nicht auf. Wenn die Sozialdemokraten in ihrem Programm jedoch schreiben, dass sie das Programm "Wohnen in Nachbarschaften" ausbauen wollen, dann sei insbesondere auch dieses Quartier gemeint, sagt die SPD-Landesvorsitzende Sascha Aulepp. Das Programm soll bedarfsgerecht ausgebaut werden. Das bedeute auch, dass wir "kleinere Quartiere bei der Bewältigung ihrer gesellschaftlichen Integrationsaufgaben unterstützen“, heißt es im SPD-Zukunftsprogramm. Bewährte Projekte sollen in die Regelfinanzierung übernommen und das Quartiersmanagement besser abgesichert werden.
Eine zentrale Rolle bei „Wohnen in Nachbarschaften“ spielen die Quartiersmanager. Ob auch das Alwin-Lonke-Quartier den von Florian Boehlke angesprochenen Quartiersmanager bekommt, ist offen. „Es ist noch keine Stelle im Haushalt vorgesehen“, so die SPD-Landesvorsitzende. Generell stehe sie aber dafür, Quartiersmanagerstellen nicht mehr befristet zu vergeben. „Ich bin immer dafür, Stellen unbefristet zu besetzen, wenn uns die Aufgaben länger begleiten.“