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Fußball-Regionalliga Der große Knall beim SV Atlas: Schmidt erwägt drastische Maßnahmen

Zwei Akteure hat Dominik Schmidt bereits suspendiert, und es könnten weitere folgen. Der Trainer des SV Atlas Delmenhorst zeigte sich sehr enttäuscht vom Verhalten seiner Spieler.
20.05.2023, 07:00 Uhr
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Der große Knall beim SV Atlas: Schmidt erwägt drastische Maßnahmen
Von Christoph Bähr

Dominik Schmidt blickte zum Gästeblock, wo Spieler und Fans des Bremer SV überschwänglich ihren 3:1 (0:0)-Auswärtssieg feierten. Dabei brodelte es im Trainer des Fußball-Regionalligisten SV Atlas Delmenhorst, das war ihm anzusehen. "Die feiern in unserem Stadion, und den meisten unserer Spieler ist das völlig egal. Denen ist nur wichtig, wo sie nächste Saison spielen", sagte er mit bitterer Miene. Bereits eine Woche zuvor nach dem enttäuschenden 0:0 bei Kickers Emden hatte Schmidt die Einstellung der Mannschaft hart kritisiert, nach der Derbyniederlage gegen den BSV am Freitagabend wurde der Ex-Profi sogar noch deutlicher.

„Die Wahrheit ist, dass wir gegen keinen von unten gewonnen haben. So viele Spieler reden davon, dass sie in der Regionalliga weiterspielen wollen. Aber Anspruch und Wirklichkeit klaffen weit auseinander", hielt Schmidt fest. Der Frust des Atlas-Trainers liegt in der sportlichen Misere und dem Abstieg begründet, aber vor allem im Verhalten mehrerer Akteure, wie er durchblicken ließ. Die Gespräche darüber, wer auch in der Oberliga bei den Blau-Gelben bleibt, gestalten sich schwierig. "Da wartet der eine auf die Entscheidung des anderen. Oder er will sich nicht festlegen, weil er hofft, dass noch ein besseres Angebot kommt", schilderte Schmidt.

Stöhr und Steffen gehen nach Emden

Bei zwei Spielern ist laut dem Coach bereits klar, dass sie Atlas verlassen. Außenverteidiger Julian Stöhr und Offensivmann Tobias Steffen wechseln zum Erzrivalen Kickers Emden, der ebenfalls in die Oberliga absteigt. Beide strich Schmidt vor dem Derby gegen Bremen aus dem Kader, weil die Kommunikation nicht offen und ehrlich abgelaufen sei, wie er erklärte. Stöhr habe etwa in Gesprächen einen Verbleib bei Atlas in Aussicht gestellt, sich dann aber kurz darauf mit Emden geeinigt, sagte Schmidt.

Atlas-Urgestein Oliver Rauh und Torwart Eike Bansen verlassen den SVA ebenfalls. Da sie sich einwandfrei verhalten haben, standen beide am Freitagabend in der Startelf. Stöhr und Steffen dagegen werden laut Schmidt weder im letzten Ligaspiel bei Hannover 96 II am 27. Mai noch im Landespokalfinale gegen den VfL Osnabrück am 3. Juni im Delmenhorster Stadion dabei sein. Dieses Schicksal könnte noch weitere Akteure treffen. "Ich überlege, ob ich gegen Osnabrück nur Spieler aufstelle, die auch in der neuen Saison bei Atlas bleiben. Dann fülle ich den Kader eben mit Leuten aus der zweiten Mannschaft auf. Damit habe ich kein Problem", brachte Schmidt eine drastische Maßnahme ins Spiel.

"Ich gebe ihnen doch keine Bühne"

Vieles hängt erst einmal davon ab, auf welchem Platz die Osnabrücker die Drittliga-Saison beenden. Gehören sie zu den vier bestplatzierten ersten Mannschaften, erhalten sie einen Startplatz im DFB-Pokal. In dem Fall hätte der SV Atlas auch bei einer Finalniederlage die Teilnahme am DFB-Pokal sicher. "Wenn es so kommen sollte, werden im Endspiel nur Spieler spielen, die sich mit dem Verein identifizieren", kündigte Schmidt an. Als Teil des Finaltags der Amateure wird das Spiel gegen Osnabrück von der ARD übertragen. "Ich gebe dann doch bestimmten Spielern keine Bühne im bundesweiten Fernsehen, damit sie sich für neue Vereine präsentieren können", stellte Schmidt klar. Zu lange sei es den Akteuren bei Atlas zu gut gegangen. Schmidt: "Wenn man sie immer nur streichelt und alles für sie macht, dankt einem das am Ende niemand. Das erleben wir gerade."

Der 35-Jährige hat im Fußball vieles erlebt, spielte für Werder Bremen in der Bundesliga und Champions League, wurde beim MSV Duisburg von den eigenen Fans angefeindet. Dennoch hat das Verhalten einiger Atlas-Spieler Schmidt überrascht. "Im direkten Gespräch sagt einer, dass er sich vorstellen kann, bei uns zu bleiben. Kurz darauf erfahre ich vom Berater, dass er ihn deutschlandweit bei Regionalligisten anbieten soll. Ich weiß nur zu gut, wie es im Fußball läuft, aber für so etwas habe ich kein Verständnis", wetterte er.

Überschätzen sich die Spieler?

Aus seiner Sicht überschätzen manche ihre eigenen Fähigkeiten: "Wir haben Leute dabei, die bisher noch nicht einmal dauerhaft in der Oberliga gespielt haben. Aber die denken trotzdem, dass sie weiterhin mindestens in der Regionalliga spielen müssen." Für einen Wechsel zu einem höherklassigen Klub habe er Verständnis, wenn alles sauber ablaufe, sagte Schmidt. Wenn Spieler wie Stöhr oder Steffen aber zu einem Verein gehen, der künftig wie Atlas in der Oberliga spielt, kann der Trainer nur mit dem Kopf schütteln. "Wir hatten genug Chancen auf den Klassenerhalt, haben sie aber nicht genutzt. Die Spieler wären eigentlich in der Pflicht, den Karren in der neuen Saison selbst wieder aus dem Dreck zu ziehen", betonte Schmidt. Dazu bereit sind offenbar nur wenige. Bislang hat Atlas nur die Vertragsverlängerung von Linksverteidiger Philipp Eggert verkündet. 

Bereits vor dem Duell gegen den Bremer SV hatte Dominik Schmidt daran gedacht, eine verstärkte zweite Mannschaft auf den Rasen zu schicken. Da die Bremer noch um den Klassenerhalt kämpfen, habe er sich aber nicht dem Verdacht der Wettbewerbsverzerrung aussetzen wollen, erklärte der Atlas-Trainer. Für den nächsten Gegner Hannover 96 II geht es dagegen um nichts mehr, dann kommt das Pokalfinale. Wen Schmidt aufstellen wird, dürfte spannend werden. Es schien jedenfalls nicht so, als würde sein Ärger nach ein paar Tagen verrauchen. "So wie es gerade läuft, macht es keinen Spaß mehr", sagte Schmidt und fügte hinzu: "Ich bin froh, wenn die Saison zu Ende ist und es einen Cut gibt. Dann werden sich die Wege von Atlas und einigen Spielern trennen."

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