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SV Atlas Delmenhorst Riebau: "In der Offensive wollen wir nachlegen"

Was war gut beim SV Atlas Delmenhorst? Was war schlecht? Was bringt die neue Regionalliga-Saison? Im Interview zieht Trainer Key Riebau Bilanz und blickt voraus.
09.06.2022, 18:30 Uhr
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Riebau:
Von Christoph Bähr

Herr Riebau, der SV Atlas Delmenhorst hat das große Ziel Regionalliga-Klassenerhalt durch den Einzug in die Meisterrunde frühzeitig erreicht. War es somit insgesamt betrachtet eine gelungene Saison?

Key Riebau: Dass wir das letzte Spiel gegen den Hamburger SV noch gewonnen haben, war ganz wichtig für die Stimmung. Das hilft dabei, auch die Meisterrunde positiv zu sehen. Wir können sagen, dass wir zufrieden sind. In acht von zehn Spielen der Meisterrunde haben sich die Jungs das verdient. Nur die Partien in Ottensen und Kiel würde ich da ausklammern. Da haben sie sich nicht so präsentiert, wie wir uns das vorstellen. Ansonsten ist ihnen kein Vorwurf zu machen, vor allem weil wir unser großes Ziel Klassenerhalt geschafft haben durch ein richtig geiles Spiel gegen Werder Bremen im Dezember.

Der Jubel über den vorzeitigen Klassenerhalt war damals groß. In der Meisterrunde ging es für Ihre Mannschaft dann allerdings sportlich um nichts mehr. War daher gegen Ende der Saison ein wenig die Luft raus?

Natürlich macht diese Konstellation etwas mit dem Kopf. Man geht mit viel Vorfreude in die Meisterrunde rein, es folgen ein paar unglückliche Spiele, und dann fehlen vielleicht auch mal ein paar Prozent im Training oder im Spiel. Das ist menschlich.

Vor dem Beginn der Meisterrunde hat der Vereinsvorstand auf Wunsch der Spieler geprüft, ob die Drittliga-Lizenz beantragt werden kann, und sich letztlich aufgrund der hohen Anforderungen dagegen entschieden. Welche Rolle hat dieses Thema bei der Motivation der Mannschaft gespielt?

Da muss man den Vorstand ganz klar schützen. Die Entscheidung war vernünftig. Man darf doch den Verein nicht in den Ruin treiben. Vielleicht hat das Thema die Spieler etwas beschäftigt, aber das hatte nichts mit ihren Leistungen zu tun. Man hat ja dann auch gesehen, dass es in der Meisterrunde Mannschaften gab, die konstant besser waren, allen voran der VfB Oldenburg.

Bei Ihrer Mannschaft war die defensive Kompaktheit die große Stärke. Über die gesamte Saison gerechnet hat der SV Atlas im Durchschnitt 1,2 Gegentore pro Spiel kassiert. Sind Sie mit der Defensivleistung zufrieden?

Wenn man die beiden Spiele bei Werder und in Ottensen, in denen wir jeweils sechs Gegentreffer kassiert haben, herausrechnet, ist die Quote ja sogar noch besser. In der abgebrochenen Corona-Saison haben wir zwar nur sieben Spiele bestritten, aber wir konnten vieles herauslesen. Wir wussten, woran wir arbeiten müssen. Und das war die Kompaktheit. Dabei hat natürlich auch geholfen, dass wir gute Einzelspieler für die Defensive dazubekommen haben, zum Beispiel unseren Torwart Rico Sygo. In der Winterpause haben wir mit den Verpflichtungen von Dominik Schmidt und Nico Matern noch einmal nachgelegt.

Weniger erfreulich ist der Blick auf die Offensivleistung. Ein geschossenes Tor pro Partie – dieser Durchschnitt ist zu wenig, oder?

Das stimmt, damit sind wir nicht zufrieden. Es geht eben nicht nur darum, kompakt zu stehen, man wird auch an den Toren gemessen. Wir wissen, dass wir daran arbeiten müssen. Personell wollen wir im Offensivbereich nachlegen, um breiter aufgestellt zu sein. Dabei geht es darum, den Jungs, die spielen, mehr Druck zu machen. Wichtig ist zudem, jemanden zu haben, den man nach 60 oder 70 Minuten als Joker reinwerfen kann.

Gute Ansätze waren durchaus vorhanden, so wie zuletzt beim 4:1 gegen die U21 des Hamburger SV. Warum waren solche Offensivleistungen eher die Ausnahme?

Wir sind mit unseren Jungs vorne schon zufrieden. Spieler wie Marco Stefandl oder Mattia Trianni haben als Offensivleute auch sehr gut verteidigt und viel nach hinten gearbeitet. Gegen den HSV haben wir gesehen, was offensiv möglich ist. Solche Leistungen wollen wir regelmäßig abrufen.

Mehrere Regionalliga-Konkurrenten haben einen Mittelstürmer, der eine zweistellige Anzahl an Saisontoren garantiert. Fehlt Atlas solch ein "Knipser"?

Wir haben mit Dimitrios Ferfelis einen Stürmer, der das sein könnte. Leider fehlte er schon in der Saisonvorbereitung verletzt. Direkt vor und nach der Winterpause war er gesperrt. Dann kam noch eine Corona-Infektion dazu. Es gibt also Gründe dafür, dass das letzte halbe Jahr nicht so gut für ihn gelaufen ist. Er hat nie seinen Rhythmus gefunden. Wenn er fit ist, hat ,Dimi' eine unglaubliche Qualität. Er macht sich selber sehr viel Druck. Natürlich erwarten wir auch mehr von ihm. Wir alle haben die Hoffnung, dass es in der neuen Saison besser läuft.

Dimitrios Ferfelis war in der abgelaufenen Saison gleich zweimal gesperrt, überhaupt haben Ihre Spieler relativ viele Gelbe Karten und Platzverweise kassiert. In der Fairnesswertung der Regionalliga belegt Atlas den letzten Platz. Allerdings ist in der Meisterrunde kein Delmenhorster mehr vom Feld geflogen. Hat sich die Mannschaft weiterentwickelt?

Die Fairnesswertung war bei uns nie ein ernsthaftes Thema. Hätte mir vor der Saison jemand gesagt, dass wir die Meisterrunde erreichen und das unfairste Team sind, hätte ich das unterschrieben. Natürlich waren einige Sachen dabei, die nicht in Ordnung waren, zum Beispiel Gelbe Karten wegen Meckerns. So etwas ist unnötig. Teilweise haben die Gelben Karten aber auch mit unserem aggressiven Spiel zu tun. Und wir wollen eine schwer zu bespielende Mannschaft sein, gegen die niemand gerne antritt, natürlich ohne dabei Gegenspieler zu verletzen. Außerdem muss man festhalten: Es hatte auch mit dem Modus zu tun, dass wir in der Meisterrunde weniger Karten bekommen haben. In der Abstiegsrunde wäre es wahrscheinlich anders gelaufen, weil es dort um viel gegangen wäre.

Täuscht der Eindruck oder sind Sie an der Seitenlinie im Saisonverlauf auch etwas ruhiger geworden?

Das habe ich zumindest nicht bewusst gemacht. In der Meisterrunde war einfach eine andere Lockerheit da. Auch in den Gesprächen mit den Verantwortlichen der anderen Mannschaften hatte ich das Gefühl, dass sich die Tonlage verändert hat. Das hatte mit dem Modus zu tun. Es ging nur für den VfB Oldenburg und Weiche Flensburg wirklich um etwas. Daher muss man den Modus auch kritisieren. Wir sind immer gewillt, den Verein super zu repräsentieren, aber es kam nie richtige Spannung auf. Das ist unter diesen Voraussetzungen einfach menschlich.

Dass es sportlich in der Meisterrunde nicht mehr um ganz so viel ging, hat sicher auch dazu beigetragen, dass die Zuschauerzahlen bei Atlas-Heimspielen weiter gesunken sind. Wie können die Fans in der neuen Saison wieder dazu bewegt werden, ins Stadion zu kommen?

Das ist ein Thema, das für uns extrem wichtig ist. Wir beschäftigen uns schon länger damit und müssen neue Ansätze finden, um Atlas für die Fans wieder attraktiv zu machen. Der SV Atlas lebt von den Emotionen und der Maloche. Die Fans kommen zu uns ins Stadion, um Abstand vom Alltag zu bekommen. In der neuen Saison werden wir für die Fans eine Menge tun, und das wird auch noch kommuniziert. Es hat uns immer enorm angetrieben, in Delmenhorst vor dieser Kulisse zu spielen. Wenn es gelingt, die Emotionen vom Platz auf die Tribüne zu transportieren, ist das einfach nur geil. Es ist unsere Pflicht, das in der neuen Saison wieder zu schaffen.

Was haben Sie sich noch für die neue Saison vorgenommen?

Der nächste Schritt ist es, Konstanz reinzubringen. Wenn man sich in der Regionalliga festsetzen will, reicht es nicht, nur in jedem zweiten Spiel vernünftig zu spielen. In der Oberliga-Saison, in der wir den Aufstieg geschafft haben, sind wir 17 Spiele am Stück ungeschlagen geblieben. Solch eine Konstanz ist natürlich mit harter Arbeit in jedem Training und in jedem Spiel verbunden.

Was können Sie als Trainer dafür tun, dass die Mannschaft die geforderte Konstanz in ihre Leistungen bringt?

Wir müssen die Mannschaft als Trainerteam immer wieder gut einstellen, aber es muss natürlich eine Symbiose sein. Die Jungs müssen jede Woche 100 Prozent auf den Platz bringen. Spieler wie Dominik Schmidt, Nico Matern, Florian Stütz und Nick Köster sind Typen, die Verantwortung übernehmen und dafür sorgen können, dass die Mannschaft immer voll fokussiert ist.

Der VfB Oldenburg hat sich in den Aufstiegsspielen zur dritten Liga gegen den BFC Dynamo durchgesetzt. Das traditionsreiche Derby zwischen Atlas und dem VfB wird es somit in der kommenden Regionalliga-Saison nicht mehr geben. Sind Sie traurig darüber, dass die Oldenburger aufgestiegen sind?

Nein, ich habe zum VfB ein gutes Verhältnis und habe Trainer Dario Fossi auch gleich gratuliert. Die Oldenburger haben den Aufstieg wirklich verdient. Und gegen die Aufsteiger Bremer SV, Kickers Emden und Blau-Weiß Lohne kommen auf uns künftig neue, spannende Derbys zu. Das wird für unsere Fans sehr interessant.

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Zur Person

Key Riebau (32)

ist seit 2019 der Cheftrainer des SV Atlas Delmenhorst. Mit ihm stiegen die Blau-Gelben 2020 nach dem Saisonabbruch als Oberliga-Vizemeister in die Regionalliga Nord auf. In der abgelaufenen Spielzeit schaffte der SVA den Sprung in die Meisterrunde und damit den vorzeitigen Klassenerhalt. Riebau war vorher unter anderem Co-Trainer und Chefcoach beim Regionalligisten SSV Jeddeloh.

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