Den Blick zum Erzrivalen konnte sich Dominik Schmidt, der Trainer des Fußball-Oberligisten SV Atlas Delmenhorst, nicht ganz verkneifen. Die Sommer-Wechselphase ist jetzt beendet, und Kickers Emden schlug kurz vor Toreschluss tatsächlich noch einmal auf dem Transfermarkt zu. Vom Regionalligisten VfB Oldenburg wechselte der drittligaerfahrene Innenverteidiger Fabian Herbst nach Ostfriesland. Dank des neuen strategischen Partners Henning Rießelmann hatten die Emder zuvor schon zahlreiche namhafte Zugänge geholt, darunter die Ex-Delmenhorster Tobias Steffen, Julian Stöhr und Efkan Erdogan. "Natürlich habe ich den Wechsel von Fabian Herbst mitbekommen. Das zeigt, dass die Konkurrenz nicht schläft und sich immer weiter verbessern will", sagt Schmidt.
Der SV Atlas dagegen wurde auf der Zielgeraden der Transferphase nicht mehr aktiv, obwohl das angedacht gewesen war. "Wir haben uns umgeschaut, aber es hat sich nichts mehr ergeben", berichtet Schmidt. Dass die Atlas-Verantwortlichen Gespräche mit mehreren Spielern führten, ist kein Geheimnis. "Nur der abgebende Verein spielt dabei eben auch eine sehr wichtige Rolle", hält Schmidt fest. Und kurz vor Ultimo möchte logischerweise kein Klub einen Leistungsträger abgeben, den er wahrscheinlich nicht mehr adäquat ersetzen kann.
Bedarf auf den Flügeln
Coach Schmidt hatte seine Wünsche relativ offen formuliert und erklärt: "Wir suchen Verstärkungen auf beiden Flügeln und auf der Rechtsverteidigerposition. Es geht darum, den Konkurrenzkampf anzuheißen und mehr Optionen im Training zu haben." Seine Wünsche wurden nicht erfüllt. Vertragslose Spieler können zwar auch nach Ablauf der Wechselfrist noch verpflichtet werden, doch das sei momentan nicht geplant, sagt Schmidt.
Ist der Atlas-Trainer nun also enttäuscht angesichts der ausbleibenden Verstärkungen? "Natürlich wünscht man sich als Trainer, dass man Qualität dazugewinnen kann", sagt Schmidt, fügt dann aber hinzu: "Ich beschwere mich jetzt nicht, dass keiner gekommen ist, sondern werde bestmöglich mit den Jungs arbeiten, die da sind." Der Kader habe Qualität und bestehe aus vielen Spielern mit Regionalliga-Erfahrung.
Komplizierte Spielersuche
Zudem weiß Schmidt genau, dass Sportchef Bastian Fuhrken alles versucht hat, aber eben auch eine komplizierte Aufgabe zu bewältigen hatte. "Viele Spieler wollen in die Regionalliga. Wir müssen mehr Klinken putzen als in den vergangenen Jahren", hatte Fuhrken schon vor einigen Tagen gesagt. Für Atlas kamen nur Akteure infrage, die aus der Region stammen und nicht extra umziehen müssen. Der Suchbereich war also deutlich begrenzter als zu Regionalliga-Zeiten. "Für Spieler, die aus entfernteren Regionen kommen, ist die Oberliga nicht so interessant, in der Oberliga können sie meist auch in ihrer Nähe spielen", schildert Schmidt. "Ohnehin haben viele Spieler ein Problem mit dem Begriff ,Oberliga', die möchten alle in die Regionalliga wechseln."
Der SV Atlas wollte laut Schmidt nur Zugänge holen, die sich voll auf den Verein einlassen und das Team qualitativ nach vorne bringen. Es fand sich niemand, auf den das zutrifft. Komplett ad acta gelegt haben die Blau-Gelben ihre Transferpläne allerdings nicht. "In der Winter-Transferphase werden wir höchstwahrscheinlich qualitativ nachlegen", betont Schmidt. "Das müssen wir auch, wenn wir unser Ziel erreichen wollen, innerhalb von zwei Jahren wieder aufzusteigen."
Bis zur Winterpause ist es allerdings noch eine ganze Weile hin, und der SV Atlas muss es bis dahin ohne weitere Verstärkungen schaffen, oben mitzuspielen. Die 0:2-Niederlage bei Lupo Martini Wolfsburg am vergangenen Sonntag war ein erster Rückschlag für den Regionalliga-Absteiger, der nach drei Spielen vier Punkte aufweist. Am Mittwoch spielten die Blau-Gelben zwar nicht gut, erreichten durch ein 3:1 über den Rotenburger SV aber immerhin das Niedersachsenpokal-Viertelfinale. "Dafür mussten wir großen Aufwand betreiben, das war selbst gemachtes Leid", hält Schmidt fest.
Umstellungen gegen Vorsfelde geplant
Der Coach ließ seine Spieler erst einmal regenerieren. Nur die ausführliche Videoanalyse und eine Trainingseinheit standen auf dem Plan, bevor es am Sonntag mit dem Oberliga-Heimspiel gegen den SSV Vorsfelde weitergeht (15 Uhr). "Es wird Veränderungen in der Startelf geben, weil wir mit unseren Kräften haushalten müssen", kündigt Schmidt an. Angreifer Justin Dähnenkamp sammelte etwa mit zwei Jokertoren gegen Bersenbrück (3:3) und Rotenburg Argumente für einen Einsatz von Beginn an.
Der Atlas-Gegner Vorsfelde holte aus vier Partien lediglich drei Punkte. Der Aufsteiger aus Wolfsburg, den der Ex-Bundesliga-Profi Alexander Strehmel trainiert, verlor zuletzt mit 1:4 beim TuS Bersenbrück und mit 1:3 beim VfV Hildesheim. Unterschätzen dürfe Vorsfelde aber niemand, warnt Schmidt. Der Atlas-Coach hat sich Videomaterial besorgt, um seine Spieler bestmöglich auf das Spiel einzustellen. Mustafa Azadzoy fehlt dem SV Atlas weiterhin wegen seiner Länderspielereise mit der afghanischen Nationalmannschaft. Dazu fallen die Langzeitverletzten Dario Reuter, Marlo Siech, Yuri Backhaus, Luca Liske und Keanu Rogmann aus. Bei Außenstürmer Ousman Touray, der gegen Rotenburg wegen Knieproblemen nur eingewechselt wurde, hat sich das Befinden verbessert. Schmidt: "Ich gehe davon aus, dass er spielen kann."