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Musik und Licht am Hollersee Ein Botschafter der Musik

Das Jugendsinfonieorchester knüpft als musikalischer Botschafter Bremens Kontakte in ganz Europa. Martin Lentz ist seit vielen Jahren der Leiter. Und erklärt, warum Musik Brücken bauen kann.
14.08.2024, 05:00 Uhr
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Ein Botschafter der Musik
Von Sigrid Schuer

Sonnenstrahlen bringen den Hollersee vor dem Parkhotel an diesem Sommertag zum Glitzern. Schon bald wird das Jugendsinfonieorchester Bremen-Mitte (JSO) hier wieder ein Konzert geben, mit Händels "Feuerwerksmusik" und einem Höhenfeuerwerk zum Abschluss. Dass „Musik und Licht am Hollersee“ längst eine Kultveranstaltung ist, dafür sind die stets ausverkauften Hotelzimmer zur Seeseite im Parkhotel ein Indiz.

Für einen der Beteiligten ist die Veranstaltung zu einem unverzichtbaren Baustein seiner Arbeit geworden. Martin Lentz, der das JSO seit 2012 leitet, bekommt durch die Spenden, die bei diesem Ereignis gesammelt werden, einen unverzichtbaren Grundsockel für die Finanzierung der Orchesterarbeit. Aber auch zwei Freundeskreise in Bremen und Bremen-Nord seien in der Akquise aktiv, um Stiftungsgelder oder Projektmittel einzuwerben. „Für Musik und Licht am Hollersee könnten wir allerdings sehr gut noch weitere Ehrenamtliche gebrauchen, die mit der Spendenbüchse herumgehen“, sagt Lentz. Denn bei aller Beliebtheit sei das Spendenvolumen, das alljährlich zusammenkomme, überschaubar. Die Spende liege pro Kopf durchschnittlich bei einem Euro.

Studium in Weimar

Lentz weiß seine rund 77 jungen Musikerinnen und Musiker immer wieder aufs Neue zu begeistern und zu motivieren. Das mag auch daran liegen, dass der Dirigent, der in Weimar Schulmusik studierte, selbst in vielen Jugendsinfonieorchestern Mitglied war und seinen jungen Musikerinnen und Musikern auf Augenhöhe begegnet. Die Jugendsinfonieorchester, dazu gehört auch das Jugend-Kammerorchester in Bremen-Nord, seien im Vergleich mit anderen Klangkörpern in Deutschland relativ gut durch die Corona-Pandemie gekommen, erzählt er. Während andere Jugendorchester in Deutschland extreme Personalnöte hätten, gebe es bei den Bremer Jugendorchestern so viele Bewerbungen wie nie zuvor.

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Lentz muss es wissen, er ist Mitglied im Vorstand des Bundesverbandes der "Jeunesses musicales", der Dachorganisation für Jugendorchester. „Wir sind das bundesweit einzige Orchester, das während der Pandemie weiterproben konnte. Denn wir konnten die rund 800 Quadratmeter große Bremen-Halle am Flughafen zu sehr guten Konditionen mieten. Diese Kontinuität ist nun im Nachhinein zu merken. Inzwischen spielen bei uns schon Kinder ehemaliger Mitglieder“, sagt Lentz.

Das Jugendsinfonieorchester habe einen vollen Konzertkalender: Neben einem Benefizkonzert für die Waldorfschule gebe es die gemeinsamen Konzerte mit den Bremer Philharmonikern in der Glocke und die Familienkonzerte im Theater. Lentz sagt, dass ihm der Spaßfaktor bei der Arbeit wichtig sei. Spaß auf den Reisen, die das Orchester gemeinsam mit seinem Leiter quer durch Europa unternimmt und der so das Zusammengehörigkeitsgefühl stärke.

„Da fließt viel Herzblut hinein, von der ersten bis zur letzten Minute, jede und jeder geht an die Leistungsgrenze“, unterstreicht der Dirigent. In diesem Sommer sei das Orchester als musikalischer Botschafter Bremens durch Slowenien, Tschechien und die Slowakei gereist. Im Herbst wird in der Glocke traditionell das große Konzert des Internationalen Jugendsinfonieorchesters veranstaltet.

Zusammenarbeit mit Daniel Barenboim

Vom Gedanken, mit Musik die Jugend in aller Welt zu vereinen, ist auch das vom israelisch-argentinischen Pianisten und Dirigenten Daniel Barenboim geleitete West-Eastern Divan-Orchester geprägt. Barenboim war es, der Martin Lentz 2004 als Lehrer, Berater, Entwickler und Dirigent in das Orchester berief, in dem junge Musiker aus Israel, Palästina und Arabien Seite an Seite spielen. Für Lentz eine Art Zeitreise. „Ich habe junge Palästinenser in Nablus und Ramallah für einige Jahre in Cello und Kontrabass unterrichtet. Das war eine sehr prägende Zeit für mich“, erzählt er.

Lentz war auch bei dem inzwischen legendären Ramallah-Konzert dabei. Und erinnert sich noch heute daran, wie die Orchestermitglieder in gepanzerten Wagen mit Blaulicht-Eskorte Richtung Ramallah fuhren, geschützt von palästinensischen Scharfschützen. Der Gedanke der Aussöhnung ist im Nahost-Krieg jedoch wieder in weite Ferne gerückt.

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Dass Musik Brücken bauen kann, dafür gibt es auch im JSO ein schönes Beispiel. Seit drei Jahren hat es ein musikalisches Talent in seinen Reihen: Der junge Geiger Zhiar Amini, der als Kurde aus dem Iran nach Deutschland geflohen und in Brake gelandet ist. Er ist ein Groß-Cousin von Jina Masha Amini, die vor zwei Jahren in Gewahrsam der iranischen Sittenpolizei ums Leben gekommen war. Der junge Geiger zeigt, dass Musik auch ein Zufluchtsort für eine neue Zukunft sein kann.

Zur Sache

Bundesweite Strahlkraft

Der Schwerpunkt der diesjährigen Veranstaltung "Musik und Licht am Hollersee" am 8. September liegt auf Klassik und Musical. So interpretiert Ulrike Mayer, Mezzosopranistin vom Theater Bremen, "Somewhere over the rainbow" aus dem Musical "Der Zauberer von Oz" und ist als Frederick Loewes "Fair Lady" und Georges Bizets "Carmen" zu erleben. Am 8. September werden wieder bis zu 20.000 Menschen zu der traditionellen Veranstaltung vor dem Parkhotel strömen. Seit fast 30 Jahren hat diese Veranstaltung eine bundesweite Strahlkraft nicht nur für den Bürgerpark, sondern auch für Bremen.

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