Die Theater klagen, dass die Abonnentenzahlen seit Corona einbrechen, doch es gibt sie noch: die Kulturfreunde, die kurz entschlossen ein Theaterabonnement buchen. Parisa Fathi hat es während der Pandemie getan und sich vor zwei Jahren mit ihrem Mann ein Premierenabo fürs Musiktheater gegönnt. Weil sie die Oper liebt, besonders die italienische. "Ich mag das Land, ich mag die Sprache und die Kultur", sagt die Augenärztin, die besonders gern in die Toskana fährt. "Italien erinnert mich an die Wärme meiner Heimat – dort ist die Mentalität auch etwas temperamentvoller, die Stimmen auf der Straße sind schon mal etwas lauter, und man sitzt abends lange draußen."
Ihre Heimat, das ist der Iran. Die 56-Jährige Fathi hatte gerade Abitur gemacht, als die Islamische Revolution sie und ihre Eltern vertrieb. Heute unterstützt sie aus der Ferne die Proteste gegen das Mullah-Regime. "Meine Eltern haben mir die Liebe zur Poesie mitgegeben", erzählt sie. "Das Literarische, das Tiefsinnige hat in meinem Leben eine große Rolle gespielt und hat meine kulturelle Neugier geweckt."
Die richtete sich neben Museumsbesuchen irgendwann auch auf die klassische Musik, die so ganz anders war als die Musik im Iran. "Ich habe gespürt: Für gute Gefühle braucht man keine Worte." Sie sei keine professionelle Musikkennerin, betont Parisa Fathi. Sie spiele kein Instrument, habe auch keine Plattensammlung. "Aber ich höre beim Autofahren gern klassische Musik im Radio. Und zwei, drei Stunden in der Oper sind für mich ein Ausflug in eine andere Welt."
Feste Termine können helfen, dass dieses Verlangen nicht zu kurz kommt. Die Konzentration auf das Stück und auf die Musik, die unmittelbare Nähe zu Sängern und Schauspielern, das Zusammenspiel von Regie, Ausstattung und Darstellung – all das sei ein wunderbarer Ausgleich zum Berufsleben. Details der Aufführung seien da nicht so wichtig: "Für mich muss der Abend als Ganzes stimmen."
Besonders haben Fathi die Barockoper "King Arthur" und das Musical "Hello, Dolly!" gefallen. Bei einem Ausflug ins Schauspiel war sie von "Das achte Leben" hingerissen. "Ich konnte schon das dicke Buch nicht aus der Hand legen und dachte: Wie wollen sie das bloß umsetzen? Es war dann ein sehr langer Abend, aber bis zum letzten Moment spannend – das fand auch mein Mann, der das Buch nicht kannte."
Wenn ihr Mann keine Zeit hat, nimmt Parisa Fathi eine Freundin mit. Das gemeinsame Erleben, der Austausch ist ihr bei einem Theaterabend wichtig. Sie liebt die Foyer-Gespräche, die Treffen mit Bekannten: "Die Premierenfeier gehört einfach immer dazu."