Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Dortmund, Erfurt, Köln Dauerthema in Bremen: So gehen andere Städte mit Parkplatzproblemen um

Parkende Autos sorgen für Ärger – nicht nur in Bremen, sondern fast überall in Deutschland. Wie gehen andere Städte mit ihren Parkplatzproblemen um?
18.03.2024, 05:00 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Dauerthema in Bremen: So gehen andere Städte mit Parkplatzproblemen um
Von Felix Wendler

Wohin mit dem Auto? Ein Blick in die Lokalzeitungen dieses Landes reicht für die Erkenntnis, dass über Parkplätze in anderen Städten mindestens ebenso kontrovers diskutiert wird wie in Bremen. Je nach Sichtweise ist das Parken entweder zu teuer oder zu günstig, es gibt zu wenig oder zu viel Raum für Autos, und die falschen Prioritäten setzen die Behörden ohnehin. Gesucht werden Konzepte, um die Gemüter zu beruhigen. "So will Königsbach-Stein sein Parkplatzproblem lösen" titelt die Pforzheimer Zeitung. Der Name der Kommunen und Städte lässt sich fast beliebig austauschen: Gießen, Gössenheim, Lübeck, Rietheim, Cottbus, Bonn – von Millionenstädten wie München, Hamburg und Berlin ganz zu schweigen.

In fast allen Artikeln verweist jemand auf eine angestrebte Verkehrswende: Weniger Autos sollen es sein, dafür mehr ÖPNV und Fahrradverkehr. Diese Hoffnung äußerten laut der Pforzheimer Zeitung auch die Lokalpolitiker in Königsbach-Stein. Beschlossen hat der Gemeinderat in der gleichen Sitzung im Januar 2022 jedoch etwas anderes: Eine Parkplatzsatzung soll ausgearbeitet werden, die vor allem Haushalten mit mehreren Autos entgegenkommt. "In ihrer Sitzungsvorlage vertritt die Verwaltung die Ansicht, dass der eine, von der Landesbauordnung vorgeschriebene Stellplatz pro Wohneinheit schon lange nicht mehr dem tatsächlichen Bedarf entspricht", schreibt die Lokalzeitung.

Lesen Sie auch

Egal, wie man über diese Entscheidung denkt: Die Gemeinde in Baden-Württemberg orientiert sich an der Realität. Entgegen aller Bestrebungen gibt es deutschlandweit immer mehr Autos – auch in Bremen ist die Pkw-Gesamtzahl zuletzt wieder leicht gestiegen. Dass eine Verkehrswende diesen Trend entscheidend umkehrt, ist zumindest kurzfristig unwahrscheinlich. Wie also umgehen mit den vielen Autos, die viel Platz brauchen? Drei Beispiele zeigen, wie sich Probleme und Lösungsansätze in den Städten ähneln beziehungsweise unterscheiden.

Dortmund: Ähnlich viele Einwohner auf etwas weniger Fläche: Den Zahlen nach ist Dortmund gut mit Bremen vergleichbar. Auch im ADAC-Mobilitätsvergleich sind viele Gemeinsamkeiten erkennbar. Dortmunder und Bremer sind mit den Parkmöglichkeiten und den Parkgebühren in der Innenstadt unzufrieden. Dortmund hat, wie auch Bremen, die Gebühren im Innenstadtbereich zuletzt deutlich erhöht. Bis zu 2,50 Euro pro Stunde müssen Autofahrer in der zentralsten Lage bezahlen. Das Parken im direkten Wohnumfeld wird in Dortmund deutlich positiver beurteilt als in Bremen.

"Konsequent, aber sehr langsam" führe die Stadt in den innerstädtischen Wohnvierteln – jeweils anteilsweise – das Bewohnerparken ein, sagt Joachim Scheiner, Professor für Verkehrswesen an der Technischen Universität Dortmund. Widerstand gebe es vom Einzelhandel, der angesichts wegfallender Parkplätze um Kunden bange. Dortmund sei bei diesem Thema verständlicherweise etwas konfliktscheu. Parkplätze abzuschaffen oder Autofahrer anderweitig zu verärgern, könne zu Wegzug führen – gerade im Ruhrgebiet, wo die Großstädte eng bei einander liegen. "Offensiv gehen vor allem Städte vor, die so beliebt sind, dass sie sich darum keine Sorgen machen müssen", sagt Scheiner. Er nennt München, Freiburg und Tübingen als Beispiele.

Lesen Sie auch

Potenzial, das Parken in Dortmund zu optimieren, sieht der Verkehrsforscher vor allem im Bestand. Ein Problem ist die Zweckentfremdung von Garagen, die eigentlich dem Auto vorbehalten sind. Eine Befragung, die Scheiner und seine Studenten im Dortmunder Kreuzviertel durchgeführt haben, legt nahe, dass sich bei Einhaltung dieser Regel 30 bis 50 Prozent des illegalen Parkens reduzieren ließen. Der Kontrolldruck sei jedoch gering, sagt Scheiner. Zweckentfremdete Garagen sind auch in Bremen ein Thema – ebenso wie Supermarktparkplätze, die Scheiner als Chance sieht. Sie seien oft bereits am Abend relativ leer und könnten dann theoretisch von Anwohnern genutzt werden. In Dortmund wie in Bremen gilt: Über die Idee hinaus ist bislang wenig passiert. Scheiner, der sich eine Tag-Nacht-Doppelnutzung auch für andere Parkplätze vorstellen kann, kennt in Dortmund zumindest einen Supermarkt, der das Konzept bereits umsetzt.

Eine bislang eher untergeordnete Rolle spielen in Dortmund Quartiersgaragen, für die in Bremen derzeit neue Standorte gesucht werden. Ein Vorzeigeprojekt dieser Art soll im Dortmunder Hafenquartier voraussichtlich im kommenden Jahr fertig werden. Geplant sind 738 Stellplätze für Pkw, 212 Fahrradstellplätze, 30 E-Scooterplätze sowie E-Ladestationen und Carsharing-Angebote. Das Quartier selbst soll weitestgehend autofrei bleiben – vergleichbar mit dem Kornquartier in Bremen, für das ein ähnliches Konzept vorliegt.

Erfurt: Kleiner und dünner besiedelt als Bremen ist die thüringische Landeshauptstadt Erfurt. In den Wohnvierteln nahe der Innenstadt ähneln sich die Platzprobleme jedoch: Ein hoher Parkdruck in Kombination mit oftmals engen Straßen sorgt für Konflikte. An vielen Stellen wird aufgesetzt geparkt, sodass auf den teilweise kombinierten Rad- und Fußwegen wenig Platz bleibt. Kostenlose Parkplätze gibt es vereinzelt auch in unmittelbarer Zentrumsnähe, grundsätzlich sind die Innenstadt und vor allem die Altstadt jedoch verkehrsberuhigt beziehungsweise autofrei. Die Parkhäuser am Rand der Innenstadt gehören im Vergleich deutscher Großstädte zu den günstigsten. Das Anwohnerparken kostet weiterhin 30 Euro im Jahr, nachdem Erfurts Oberbürgermeister Andreas Bausewein (SPD) eine eigentlich für 2022 geplante Verachtfachung der Gebühren auf unbestimmte Zeit verschoben hat.

Seit Jahresbeginn läuft eine Diskussion, die Bremern und Bremerinnen vertraut sein dürfte: Soll in Erfurt eine Brötchentaste eingeführt werden? Das kostenlose Kurzzeitparken ist ein Anliegen der CDU, unterstützt von Händlerverbänden und Gastronomen. Während der Bremer Senat die zwischenzeitlich abgeschaffte Brötchentaste wieder eingeführt hat und deren Mehrwert hervorhebt, stellt sich die Erfurter Stadtverwaltung quer. Laut der Thüringer Allgemeinen besteht die Sorge, dass der Autoverkehr im Zentrum zunehmen und die Aufenthaltsqualität sinken könnte.

Bis Ende 2030 will Erfurt eine neue Straßenbahntrasse bauen – ein finaler Beschluss steht noch aus. Ehrgeizig ist der Zeitplan auch deshalb, weil für die geplante Linienführung möglicherweise der Autoverkehr neu organisiert werden muss. Überhaupt plant die Stadt auf der betroffenen Strecke ein Komplettpaket: neue Straßenzuschnitte, neue Radwege, neue Bäume. Massive Auswirkungen wird das auch auf die Parkplatzsituation haben. Nach Angaben der "Thüringer Allgemeinen" könnte die Hälfte der mehr als 500 Stellplätze auf der Strecke wegfallen. Um den Wegfall zu kompensieren, stehen die auch in Bremen wohlbekannten Konzepte zur Diskussion: Quartiersgaragen, die Ausweitung des Anwohnerparkens und die effektive Nutzung von Supermarktplätzen. Für die Supermärkte gibt es in Erfurt schon seit längerer Zeit Überlegungen, Anwohnerparkplätze als Etagenbau über den Kundenparkplätzen zu schaffen.

Lesen Sie auch

Köln: Die Verwaltung der Millionenstadt feilt seit Ende 2021 an einem "Masterplan Parken". Ziel ist es, "den ruhenden Autoverkehr im öffentlichen Raum deutlich zu reduzieren." Das Ratsbündnis aus Grünen, CDU und Volt hat der Verwaltung eine umfangreiche Wunschliste vorgelegt: Das Parken soll teurer und zeitlich stärker begrenzt beziehungsweise in einigen Straßen komplett verboten werden. Gewünscht ist zudem ein strengeres Vorgehen gegen Gehwegparker. Die Parkraumbewirtschaftung soll mittelfristig ohne Automaten auskommen und vollständig digital funktionieren. "Zehn Prozent aller Stellflächen sind ausschließlich für Autos mit alternativen Antrieben oder mit Sondergenehmigung freizugeben", heißt es. Der Plan sieht außerdem vor, den Bau von städtischen Quartiersgaragen zu prüfen.

Die Umsetzung stockt bislang, große Veränderungen in der Parkraumbewirtschaftung sind noch nicht erkennbar. Auch die geplante Preiserhöhung für das Anwohnerparken wurde bislang nicht durchgesetzt. Ähnlich wie in Erfurt war eine Vervielfachung der Gebühren vorgesehen – im Kölner Fall von 30 auf mehr als 300 Euro jährlich. Dieser Betrag ist mittlerweile vom Tisch. Die Stadt Köln kündigt auf ihrer Webseite jedoch an, die Gebühren "spätestens zum 1. Januar 2025" auf 100 bis 120 Euro zu erhöhen.

Die Kölner selbst sehen beim Thema Parken großen Nachholbedarf. Im ADAC-Mobilitätsvergleich äußerten sie sowohl 2017 als auch 2023 eine große Unzufriedenheit mit der Parkplatzsituation. Insgesamt belegte Köln 2023 im Bereich Pkw den letzten Platz unter den 15 größten deutschen Städten. Dass Köln Verkehrspolitik auf Kosten der Autofahrer und zugunsten anderer Verkehrsteilnehmer betreibt, lässt sich daraus jedoch nicht schlussfolgern: In den Bereichen Rad, ÖPNV und Fußverkehr schnitt die Domstadt ebenfalls sehr schlecht ab.

In Sachen Parken gibt es jedoch auch Projekte, mit denen Köln positiv auf sich aufmerksam macht. Seit 2020 weist im Stadtteil Nippes ein intelligentes Parkleitsystem Autofahrern den schnellsten Weg zu einem freien Parkplatz. Die Echtzeitüberwachung funktioniert über Sensoren, LED-Leuchten an Straßenlaternen geben die Richtung vor. Ebenfalls in Nippes liegt die Siedlung "Stellwerk 60", die zu den größten und ältesten autofreien Quartieren Deutschlands gehört.

Lesen Sie auch

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)