Bisher haben ausschließlich Stadtumbauplaner von sogenannten Schlüsselprojekten fürs Blumenthaler Zentrum gesprochen – inzwischen machen das auch andere, die ebenfalls den alten Ortskern und angrenzende Viertel voranbringen wollen. Nicht städtebaulich wie die Sanierer, sondern energetisch. Seit rund anderthalb Jahren arbeitet die gemeinnützige Klimaschutzagentur Energiekonsens an einem Plan, wie das Gebiet im nördlichsten Stadtteil Bremens CO₂-neutral werden könnte. Jetzt ist er erstmals im Beirat skizziert worden.
Die Stadtumbauplaner haben vor Längerem ein Entwicklungskonzept vorgestellt, die Klimaschützer nun ein 182-seitiges Quartierskonzept, bei dem es noch mehr um die Umwelt geht als beim ersten. Aber nicht nur. Auch Agenturmitarbeiter und Projektleiter Henrik Unrath benutzt Adjektive, die immer wieder bei den Zentrumssanierern vorkommen. Zum Beispiel: attraktiver. Oder: zugänglicher. Beim Plan, das Blumenthaler Zentrum klimaneutral zu machen, geht es nach seinen Worten nicht nur um modernere Heizungen, Fassadendämmung und neue Fenster, sondern auch um Radwege, Ladesäulen und Lichttechnik.
Acht Schlüsselvorhaben haben die Autoren des Konzeptes ausgemacht, mit denen die Zahl erreicht werden soll, die Bremen beim Kohlenstoffdioxid-Ausstoß bis 2038 erreichen will – eben Null. Nach Unraths Rechnung kommt das Plangebiet allein in den Bereichen Wohnen, Gewerbe und Mobilität bislang auf 22.138 Tonnen CO₂, die jährlich abgegeben werden. Die Projekte, die er zur Reduzierung präsentiert hat, sind keine Ideen, die am Schreibtisch entstanden sind. Im Vorjahr hat es Workshops mit Anwohnern sowie Firmenvertretern gegeben. Und Abfragen zu Verbräuchen und Plänen für ein Fernwärmenetz.

Leitet das Projekt, mit dem das Stadtteilzentrum klimaneutral werden soll: Henrik Unrath von der Klimaschutzagentur Energiekonsens.
Herausgekommen ist dabei, dass 9410 Tonnen Kohlenstoffdioxid pro Jahr eingespart werden könnten, wenn alle Heizungen im Zentrum fossilfreie Heizungen wären. Und dass die CO₂-Emission deshalb hoch und die Energieausbeute durch Fotovoltaik niedrig ist, weil viele Gebäude alt sind. Darum wollen die Klimaschützer an beides ran – an die energetische Sanierung von Häusern und an den Ausbau von Solarmodulen. Sie rechnen damit, dass rund 7400 Megawattstunden jährlich aus Sonnenenergie erzeugt werden können, was fast der Hälfte des Strombedarfs im Quartier entspricht.
Außerdem will Energiekonsens den Umstieg vom Auto aufs Fahrrad leichter machen. Auf der Projektliste stehen deshalb beleuchtete und überdachte Stellplätze – und mehrere Orte, wo diese Plätze nach Ansicht der Agenturmitarbeiter strategisch sinnvoll wären. Etwa an der Haltestelle Mühlenstraße, am Marktplatz, beim früheren Rathaus und im Kämmerei-Quartier, wo der Schulcampus geplant ist. An anderen Orten werden Mobilitätsstationen vorgeschlagen, an denen alles möglich werden soll: das Ausleihen eines Rades, das Einsteigen in den Bus, das Mieten von Carsharing-Fahrzeugen.
Damit das Zentrum klimaneutral werden kann, muss nach Ansicht von Energiekonsens aber noch mehr geschehen, vor allem Grundlegendes. Die Planer sprechen sich dafür aus, dass Flächen entsiegelt werden. Dass alle Straßenlaternen zu LED-Laternen werden. Und dass alte Wärmeerzeuger weg- und neue Angebote, etwa das E-Auto laden zu können, hermüssen. Projektleiter Unrath geht davon, dass die ersten Vorhaben in diesem Jahr umgesetzt werden können. Und dass der Zeitpunkt, den alten Ortskern nachhaltiger zu machen, günstig ist. Weil er Sanierungsgebiet ist, argumentiert er, gibt es mehrere Förderprogramme.