Die Fährgesellschaft hat es vor zwei Jahren gemacht, vor einem Jahr – und in diesem wird sie es wieder tun: Fähre fahren wird ab Juli noch einmal teurer. Alle zwei Jahre eine Erhöhung, das ist längst vorbei. Und diesmal noch etwas anderes. Hat der Verkehrsbetrieb zuletzt die Ticketkosten bei Pendlern konstant gehalten, die zu Fuß oder mit dem Rad und damit klimaneutral unterwegs waren, trifft der erneute Preisanstieg jetzt jeden.
Seit März ging es zwischen Fährchef Andreas Bettray und den Gesellschaftern immer wieder um das eine: um die Größe der Preissprünge. Dass sie kommen werden, war für den Landkreis Wesermarsch und die Stadt Bremen quasi schon gesetzt. Der Geschäftsführer der Fährgesellschaft hat ihnen am Ende nur noch Varianten von Tarifplänen vorgelegt. Vor einem Monat haben sich beide Seiten schließlich für eine Version entschieden.
Bettray findet, dass sie die gerechteste und moderateste ist, weil sie eben niemanden auslässt – und es Centbeträge sind, die Passagiere jetzt mehr zu bezahlen haben, jedenfalls pro Fahrt gerechnet. Er weiß, dass sich auch sie mit den Jahren zu Eurobeträgen entwickelt haben. Nur hat ihm zufolge das Unternehmen keine andere Wahl. Nicht nach den drei vergangenen Jahren: erst die Pandemie, dann der Ukraine-Krieg und die Lieferprobleme, jetzt die Inflation.
Der Fährchef hatte gehofft, dass die Pendlerzahlen nach Corona wieder deutlich steigen würden. Gestiegen sind sie, aber eben nicht deutlich. Nach seinen Zahlen setzten im Vorjahr 400.000 Fahrzeuge weniger mit den Fähren über die Weser als vor der Pandemie: 1,8 statt 2,2 Millionen. Bettray meint, dass Kunden einerseits wegbleiben, weil das Geld für Ausflüge nicht mehr so locker sitzt. Und andererseits, weil sich bei Firmen das Homeoffice etabliert hat.
Weniger Einnahmen, aber mehr Ausgaben – und anders als beim erwarteten Plus an Pendlern stiegen sie laut Bettray deutlich. Der Geschäftsführer hat es in Unterlagen nachgeschlagen: Kostete der Liter Schiffsdiesel vor zwei Jahren noch 35 Cent, lag der Preis im Vorjahr bei mehr als einem Euro. Mit der Folge, dass die Fährgesellschaft nicht wie zuvor Treibstoffkosten von knapp einer halben Million Euro hatte, sondern von fast einer ganzen.
Das Unternehmen hat deshalb bekommen, was es vorher noch nie in ihrer Firmengeschichte erhalten hat: finanzielle Hilfe – nicht von beiden Gesellschaftern, aber von einem Anteilseigner. Die Stadt Bremen zahlte, wenn man so will, einen Inflationsausgleich. 212.000 Euro auf einen Schlag. Hätte sie das nicht gemacht, wäre das Defizit des Verkehrsbetriebs zum dritten Mal in Folge sechsstellig ausgefallen. Jetzt ist das Minus noch zweistellig.

Geschäftsführer Andreas Bettray: Ohne Inflationsausgleich wäre das Defizit der Fährgesellschaft erneut sechsstellig ausgefallen.
Was für Bettray nichts ist im Vergleich zu dem Betrag, der im ersten Corona-Jahr gefehlt hat: 904.000 Euro. Um davon runterzukommen, haben sich Beschäftigte und Geschäftsführung auf vieles eingelassen, vor allem auf weniger Fahrten und damit weniger Schichten und Geld. Auf manchen Strecken wurde die Zahl der Schiffe halbiert und an einer Fährstelle der Betrieb zeitweise eingestellt. Wie vor der Pandemie ist der Fahrplan immer noch nicht.
Nach Bettrays Worten läuft es für die Fähren gerade etwas besser, weil es andernorts zurzeit schlechter läuft. Er sagt, dass wegen der Baustellen auf der A 270 die Pendler aufs andere Ufer ausweichen und die Schiffe deshalb voller sind. Ginge es nach ihm, könnte das gerne noch Monate so gehen. Genauso wie mit den Verzögerungen beim Wesertunnel. Jeder Tag, an dem der später kommt, meint er, ist ein guter Tag für den Fährbetrieb.
Wie es mit dem weitergeht, darüber kann Bettray nur spekulieren. Er hofft, dass die Inflationsrate weiter nach unten geht und die Zahl der Pendler weiter nach oben. Und dass sein letztes Jahr als Fährchef dann eines ohne Fehlbetrag wird. Im Dezember ist für ihn Schluss. Die Gesellschafter sind längst dabei, seine Nachfolge zu regeln. 67 Frauen und Männer haben sich beworben. Knapp zehn sind von einer Findungskommission eingeladen worden. Auch Bettray gehört ihr an.