Auch am besten Bahnhof Bremens wird schon mal Kritik geübt. Nicht an der Anlage selbst, die von einer Agentur als astrein eingestuft wird. Sondern indirekt daran, dass es ja gar nicht verwunderlich ist, warum die Farger Bahnbauten die saubersten und intaktesten in der Stadt sind. Der Bahnhof wird nämlich auch weniger frequentiert als andere, weil er ein End- beziehungsweise Startbahnhof ist. Und weil er wie alle Blumenthaler Haltestellen seltener angefahren wird als die in den benachbarten Stadtteilen. Was Politiker ändern wollen. Wieder einmal.
Das Thema war im Regionalausschuss, im Beirat und ist es an diesem Freitagvormittag am Farger Bahnsteig. Die SPD hat eingeladen. Alle Parteien in Blumenthal fordern, dass die Nordwestbahn öfter fährt, aber nur die Sozialdemokraten wollen jetzt noch mal deutlich machen, was für den Stadtteil davon abhängt. Fraktionssprecher Marcus Pfeiff sagt, dass es um mehr Druck auf die Entscheider geht. Und darum, Argumente zu sammeln und zu bündeln. Schulleiter aus dem Stadtteil sind da, ein Firmenvertreter, der Ortsamtsleiter und eben Politiker. Was sie sagen und welche Erwartungen es an einen neuen Senat gibt – die Stimmen im Überblick:
Bildung: Stephan Wegner und Larssen Rothaupt erleben es immer wieder: schlechter Bahntakt, schlechte Personalaussichten. Der Leiter der Oberschule In den Sandwehen und sein Berufskollege von der Farger Grundschule haben es grob überschlagen. Von zehn Bewerbern sagt am Ende ein einziger Kandidat zu. Und heißt es bei den Absagen immer wieder, dass die Fahrt mit der Bahn zu lang ist und der Takt zu schlecht. Ihnen zufolge sind es nicht nur Lehrer, die so argumentieren, sondern auch Assistenz-, Mensa- und Reinigungskräfte. Für Wegner und Rothaupt ist das Problem der Schulen längst ein Problem für Kindergärten, Krippen und Horte. Und eines, dass immer größer wird, je länger Bremen damit wartet, aus dem 30-Minuten-Takt der Bahn einen 15-minütigen Rhythmus zu machen. Zwei neue Schulen sind in Planung, und eine Schule ist im Bau.
Wirtschaft: Eigentlich könnte sich Bernd Hülsebusch freuen. Der Betriebsrat der Thyssen-Krupp Automation Engineering GmbH sagt, dass das Werk in Farge jetzt auf 600 Beschäftigte kommt und neu einstellt – und damit seit Langem genau das Gegenteil macht, was der Konzern am Nordbremer Standort über Jahre gemacht hat. Nach Hülsebuschs Zahlen werden momentan 30 Mitarbeiter gesucht. Nur das Finden, sagt er, fällt immer schwerer. Nicht nur, weil alle Firmen um Fachkräfte werben, sondern auch, weil das Produktionsgelände nicht für jeden mal eben so zu erreichen ist und eine attraktive Anbindung ans Bahnnetz fehlt. Der Betriebsrat glaubt, dass ein Plus an Zügen auf der Strecke zwischen Vegesack und Farge helfen würde. Mehr noch aber eine neue Haltestelle hinter den Hallen des Unternehmens. So wie es vor Jahren schon mal geplant war.
Verwaltung: Oliver Fröhlich findet es gut, dass inzwischen geprüft wird, wie Blumenthal einen Bahntakt bekommt, den die beiden anderen Nordbremer Stadtteile längst haben. Noch besser fände es der Ortsamtsleiter aber, wenn die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie endlich vorlägen – und die Planer dann nicht so klingen, wie sie im Regionalausschuss geklungen haben: pessimistisch. Nach seinen Angaben hieß es schließlich zuletzt, dass Geld da wäre. Der Bedarf ist es ihm zufolge jedenfalls schon lange. Fröhlich sagt, dass der Stadtteil gewachsen ist und weiter wachsen wird. Er spricht vom Dillener-Quartier, das geplant ist, und vom Kämmerei-Quartier, in dem mittlerweile die erste Campusschule entsteht. Und von mindestens 3000 Schülern und Lehrern, die kommen werden, wenn das Großprojekt der Bildungsbehörde fertig ist.
Politik: Noch länger warten wollen Ute Reimers-Bruns, Falk Wagner und Marcus Pfeiff nicht. Die beiden Bürgerschaftsabgeordneten und der Beiratsvertreter finden, dass ein schnellerer Takt da sein muss, bevor der Berufsschulcampus fertig wird. Und dass im neuen Koalitionsvertrag nicht mehr von einer Prüfung der Pläne die Rede sein darf, sondern von ihrer Umsetzung. Wagner sagt, dass alle Stadtteile gleich behandelt werden müssen – und Pfeiff, dass die Nordwestbahn quasi die Straßenbahn des Stadtteils ist. Und weil die in manchen Gebieten Bremens momentan alle zehn und in anderen alle siebeneinhalb Minuten fährt, ist seiner Meinung nach der 30-Minuten-Takt in Blumenthal indiskutabel und ein 15-Minuten-Rhythmus nicht zu viel verlangt. Die drei SPD-Politiker wissen, dass Angelegenheiten der Bahn meist langwierige Angelegenheiten sind. Dennoch glaubt Wagner, dass ein neuer Bahntakt in der nächsten Wahlperiode zu schaffen ist.