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Kliniken ohne Kapazitäten Am Anschlag

Wegen Corona fallen inzwischen mehr Kräfte am Krankenhaus an der Hammersbecker aus als bei den Virus-Wellen zuvor – mit der Folge, dass die Zahl der Betten weiter sinkt. Nicht nur im Bremer Norden.
22.04.2022, 15:30 Uhr
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Am Anschlag
Von Christian Weth

Bisher hat Frank Wösten immer gesagt, dass die Corona-Lage im Nordbremer Klinikum angespannt, aber unter Kontrolle ist. Neuerdings spricht der ärztliche Direktor und Chef der Notaufnahme anders: von einer neuen Qualität des Personalmangels. Und davon, dass sich noch nie so viele Kräfte in der Pandemie krankmelden mussten – und deshalb noch nie so wenige Betten in einem so langen Zeitraum bereitstanden wie jetzt. Nicht nur im Klinikum an der Hammersbecker Straße.

Alles Rot. Die Warnfarbe bedeutet: keine Kapazitäten mehr, um sämtliche Patienten regulär aufnehmen zu können. Ein spezielles Meldesystem der Krankenhäuser, an dem sich Rettungswagenteams orientieren, zeigt das an. Angefahren werden die ausgelasteten Kliniken trotzdem. Akute Fälle, sagt Wösten, müssen immer versorgt werden. Nur können sie, wenn das System gerade auf Rot steht, nicht dauerhaft bleiben. An diesem Nachmittag sind von 23 Bremer und niedersächsischen Krankenhäuser nur drei auf Grün geschaltet. Sie sind in Bremerhaven und Cuxhaven.

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Drei Kliniken mit Kapazitäten wertet Wösten inzwischen schon als guten Schnitt. Ihm zufolge kommt es nämlich immer wieder vor, dass alle Krankenhäuser auf der Liste keine freien Betten mehr haben – und immer häufiger, dass Patienten außerhalb von Bremen weiterversorgt werden müssen. Der Chefmediziner hat die genauen Zahlen nicht im Kopf, schätzt aber, dass allein im März und April an die 40 Personen vom Nordbremer Krankenhaus in ein anderes gefahren werden mussten. Und weil die Auswahl immer kleiner wird, sind die mitunter bis zu 150 Kilometer entfernt.

Wösten sagt, dass alle Kliniken wiederholt in einen Krisenmodus gegangen sind, um möglichst viele Betten vorhalten zu können. Nur bei dieser Corona-Welle ist ihm zufolge manches anders: Noch nie gab es so viele infizierte Beschäftigte. Und noch nie hielt die Phase der Krankmeldungen so lange an. Bisher erstreckte sie sich höchstens über zwei Wochen. Inzwischen dauert sie fast doppelt so lange. Momentan kommt Wösten auf einen Krankenstand von 77 Pflegekräften, Medizinern und Assistenten. Macht 15 Prozent des Personals in diesen Klinikbereichen.

In den anderen drei städtischen Häusern sieht es kaum anders aus. Nach den Zahlen von Karen Matiszick, Sprecherin des Klinikverbundes Gesundheit Nord, fallen wegen Corona aktuell 250 Mitarbeiter aus. Sie sagt, dass die Zahl seit Januar gleichbleibend hoch ist. Rechnet sie die Krankmeldungen dazu, die nichts mit dem Virus zu tun haben, fehlen dem Verbund derzeit 450 Beschäftigte, was etwa der Hälfte des Personals im Klinikum Nord entspricht. Alle vier Standorte zusammengezählt, kommt der Zusammenschluss auf etwa 3600 Pflegekräfte und 1000 Mediziner.

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Es waren mal mehr. Laut Wösten trifft die Krankenhäuser der anhaltende Personalausfall durch Corona besonders hart, weil er zum anhaltenden Fachkräftemangel dazugekommen ist. Mit der Folge, dass manche Klinikkräfte sich krankmelden oder kündigen, weil sie einfach nicht mehr können. Und die Aufnahmekapazität von Patienten weiter sinkt. Vor der Pandemie gab es noch so viel Personal, dass im Nordbremer Klinikum 367 Betten betrieben werden konnten, inzwischen sich es noch 317. Nach Wöstens Worten sind drei Stationen vom Netz.

Der Chefmediziner hatte gehofft, dass der Senat gegensteuern, Bremen zum Corona-Hotspot erklären und mit den Lockerungen der Schutzauflagen warten würde. Damit nicht das passiert, was jetzt geschehen ist: Dass sich die Menschen außerhalb der Kliniken so bewegen, als wäre die Virusgefahr vorbei oder so gut wie – und Krankenhauskräfte wiederholt ausfallen, weil sie sich wiederholt mit dem Erreger anstecken. Wösten spricht längst nicht mehr von infizierten Beschäftigten, sondern immer häufiger von reinfizierten.

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Der Chef der Nordbremer Notaufnahme tauscht sich regelmäßig mit den anderen Chefs der Notaufnahmen darüber aus, wie die Situation in den Klinken verbessert werden könnte. Wösten sagt, dass ihm bisher immer etwas eingefallen ist, um einem Problem zu begegnen. In der nächsten Woche trifft er die Kollegen wieder. Und diesmal, meint er, weiß er nicht, was er ihnen sagen soll, was helfen könnte.

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