Fast 6000 Kinder unter 15 Jahren lebten 2020 in Bremen-Nord in Familien, die auf Sozialleistungen angewiesen sind. In Blumenthal waren es 2523 Kinder, in Vegesack 1980 und in Burglesum 1496. Damit waren in Blumenthal mehr als 40 Prozent der Kinder von Armut betroffen, in Vegesack und Burglesum jeweils 30 bis 40 Prozent. Diese Zahlen stellte Thomas Schwarzer, Referent für kommunale Sozialpolitik bei der Arbeitnehmerkammer, in der Sitzung des Burglesumer Beiratsausschusses für Soziales, Kultur und Gesundheit vor.
Zwischen den Burglesumer Ortsteilen gibt es erhebliche Unterschiede: Während in St. Magnus 2020 jedes zehnte Kind (elf Prozent) in einer Familie lebte, die auf sogenannte SGB II-Leistungen angewiesen ist – das sind Leistungen zur Eingliederung in Arbeit und Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, also Hartz IV – war davon in Lesum jedes vierte Kind (26 Prozent), in Burg-Grambke jedes dritte Kind (35 Prozent) und in Burgdamm jedes zweite Kind (45 Prozent) betroffen.
"Damit ist die Situation in Burgdamm ähnlich wie die in Blumenthal, Gröpelingen und Huchting, wo ebenfalls jedes zweite Kind von Sozialleistungen lebt", sagte Schwarzer. Während die Zahl der Hartz-IV-Bezieher im Land Bremen von 2009 bis 2020 relativ konstant geblieben ist, stieg die Zahl der Menschen, die an oder unter der Schwelle der Armutsgrenze leben, obwohl sie erwerbstätig sind. Lediglich 44 Prozent der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten waren im Land Bremen 2020 faktisch arbeitslos, erfuhren die Ausschussmitglieder weiter.
Kita-Plätze wichtig für frühe Bildung
"Die Kinder sind arm, weil ihre Familien arm sind. Ein Weg raus aus dem Zyklus ist Bildung", sagte Schwarzer. Frühe Bildung, die bereits in der Kita beginne, sei dafür ein wichtiger Einstieg und der Ausbau von Kita-Plätzen deshalb besonders wichtig. "Obwohl der Ausbau vorangetrieben wird, geht es in vielen Bereichen dennoch nicht schnell genug", so Schwarzer. So fehlten nach wie vor Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren. Sowohl in Burglesum, Vegesack und Blumenthal sei die im Koalitionsvertrag angepeilte Betreuungsquote von 60 Prozent für Kinder unter drei Jahre noch lange nicht erreicht. In Burglesum fehlten bis zum Erreichen der Quote noch mehr als 300 Plätze, erläuterte der Referent.
Der Ansatz, die Armut der Eltern durch Sprachförderung, Qualifizierung oder Umschulung zu bekämpfen funktioniere ebenfalls nicht ohne Kita-Plätze. "Die Kinderbetreuung muss immer mit bedacht werden", sagte Schwarzer, "gut ist, wenn auch Gesundheitsfragen mit berücksichtigt werden."
Ausschusssprecher Werner Müller (SPD) möchte unter anderem die Armut von Alleinerziehenden im Stadtteil angehen. Dieses Ziel hat auch das Modellprojekt "VIA" (Vermittlung und Integration von Alleinerziehenden in Arbeit). Träger in Bremen-Nord ist das Berufsförderungswerk Friedehorst. Ausschussmitglied Lukas Ohrnberger (SPD), der als Gesundheits- und Krankenpfleger in Friedehorst arbeitet, sieht eine Chance in der Teilzeitausbildung, die unter anderem in der Pflege möglich ist. "Diese Möglichkeit ist noch viel zu wenig bekannt."
Thomas Schwarzer hält Initiativen und Unterstützungsangebote in den Stadtteilen für wichtig. "Ich kann nur dazu ermutigen, so etwas zu initiieren." Der Ausschuss will Projekte zur Bekämpfung von Armut fördern und unterstützen, möchte allerdings auch, dass sie auf ihre Wirksamkeit hin evaluiert werden.