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Gesetzesänderungen in Bremen Fristverlängerung für Stellungnahmen der Beiräte

Stadtteil-Politiker sind ehrenamtlich tätig. Ihnen wird viel Arbeit für die Einschätzung komplizierter Gesetzestexte abverlangt. Die Sicht der Bauausschuss-Sprecher der Beiräte Mitte und Östliche Vorstadt.
09.11.2023, 05:00 Uhr
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Fristverlängerung für Stellungnahmen der Beiräte
Von Sigrid Schuer

Der Zeitrahmen war ungemein eng gesteckt, bis zum 3. November hatte das Bauressort von allen 22 Stadtteilbeiräten Stellungnahmen zur geplanten Neufassung der Bremischen Landesbauordnung und anderer Gesetze wie dem Gebäudeenergiegesetz und dem Bremischen Ingenieurgesetz angefordert.

So jedenfalls hatte die Behörde es Ende September den Ortsämtern mitgeteilt – was aktuell in verschiedenen Bauausschüssen überall in der Stadt für Ratlosigkeit und Unverständnis sorgt. Denn: Als Grundlage für ihre Einschätzung wurde den Ortspolitikern eine 24 Seiten starke tabellarische Gegenüberstellung der alten und neuen Textauszüge mit farblichen Markierungen zur Verfügung gestellt; eine Möglichkeit zum Austausch mit der Behörde und für etwaige Rückfragen gab es nicht. Inzwischen sei die Frist zur Beiratsstellungnahme bis zum 13. November verlängert worden, räumt Christian Lüeße (CDU), Sprecher des Bauausschusses des Beirats Östliche Vorstadt ein. 

Dilemma für Beiratspolitiker

Vielen Ortspolitikern hatte die farblich markierte, tabellarische Gegenüberstellung der alten und neuen Textauszüge nicht gereicht. So zum Beispiel dem Bauausschuss des Gröpelinger Beirats, wo das Thema Anfang Oktober auf der Tagesordnung stand. „Du hast nicht Architektur studiert, kennst dich nicht mit Baurecht aus und sollst dazu Stellung nehmen“, fasst Beiratssprecher Martin Reinekehr (SPD) das Dilemma zusammen, vor das sich die Beiratsmitglieder gestellt sahen und das Thema daraufhin vertagten.

Kurz darauf beschäftigte die angeforderte Stellungnahme auch den Waller Bauausschuss. „Ich würde es gerne mehr verstehen“, merkte dort Ausschusssprecher Burkhard Winsemann (SPD) an. Sein Stellvertreter Jörg Tapking (Linke) ergänzte: „Ich würde mir wünschen, dass es dazu Vertreter gibt, die in die Fachausschüsse kommen und uns informieren. Wenn wir heute abstimmen müssten, würde ich mich enthalten.“

"Für Ausschuss- und Beiratsmitglieder, die keine Verwaltungsrechtler und ehrenamtlich tätig sind, ist es nicht ganz einfach, sich in relativ kurzer Zeit einzulesen", räumt Christian Lüeße, Bauausschuss-Sprecher des Beirates Östliche Vorstadt ein. Allerdings sei zu begrüßen, dass Bauanträge oder andere Unterlagen zunehmend digital eingereicht werden könnten, fügt er hinzu. Lüeßes Hoffnung: Dass mit der Änderung der Landesbauordnung nun auch eine beschleunigte Genehmigung einhergehe. Und einen Seitenhieb kann sich der CDU-Ortsparlamentarier nicht verkneifen: Er hoffe außerdem, dass die damit gewonnene Zeit nun nicht durch weitere Umweltauflagen konterkariert werde. 

Seine Kollegin Anna Kreuzer (Bündnisgrüne), Sprecherin des Bauausschusses des Beirates Mitte, betont, dass die Mitglieder der Beiräte Mitte und Östliche Vorstadt das Glück hätten, ein sehr gut ausgestattetes Ortsamt zu haben, sowohl in Bezug auf die Ressourcen als auch auf die fachliche Expertise. Manuela Jagemann habe in der Vergangenheit solche Änderungen immer sehr gut aufbereitet und die Beiräte informiert. Dies wäre ja nicht die erste Änderung der Landesbauordnung. "Dennoch kann ich verstehen, dass es bei den ehrenamtlichen Politikerinnen und Politikern zu einer Überforderung kommen kann, insbesondere wenn die Ortsämter personell nicht so ausgestattet sind und die Beiräte die oftmals sehr technischen Schriftstücke selbst in Gänze erfassen müssen, ohne dabei eine fachliche Einordnung zu erhalten". Sie denke, dass dies auch eine allgemeine Problematik der Planungsberufe sei, dass es diesen eben oftmals nicht gelinge, das Fachliche gut und verständlich für die Öffentlichkeit darzustellen, so die Einschätzung der Stadtgestalterin. 

Hin- und hergerissen

„Ein Vortrag mit Hinweisen dazu, was für die Beiräte wichtig ist, wäre hilfreich“, sagt Franz Roskosch (CDU). Am Ende waren die Waller hin- und hergerissen: Sollte man sich enthalten oder gar aufgrund des ihrer Ansicht nach intransparenten Verfahrens gegen die geplanten Änderungen stimmen?

Ähnliche Diskussionen gab es wie gesagt auch in anderen Stadtteilparlamenten. Die vorgelegte Änderung sei fachlich sehr anspruchsvoll, stellte zum Beispiel der als Architekt fachkundige Ausschusssprecher Gregor Rietz (CDU) in der ersten Sitzung des frisch gebildeten Huchtinger Bildungsausschusses fest. Zudem sei der Zeitraum für die Durchführung des Anhörungsverfahrens eng bemessen. Daher schlug Huchtings Ortsamtsleiter Christian Schlesselmann vor, den Änderungsentwurf lediglich „zur Kenntnis zu nehmen“ und sich damit de facto der Stimme zu enthalten, wenn es in der Bürgerschaft zur Abstimmung über den Gesetzesentwurf komme.

Fristverlängerung beantragt

Widerstand gab es in Woltmershausen, wo der Beirat Sprecherin Edith Wangenheim (SPD) zufolge eine Fristverlängerung beantragte, die offenbar auch gewährt wird: „Die Behörde begreift nicht, dass wir erst neu gebildete Beiräte sind und das nicht in einer Woche abgewickelt ist.“ Zwar gehe es bei den geplanten Änderungen offenbar um nichts Gravierendes – dennoch würde sie sich vor Abgabe der Stellungnahme gerne noch mit den baupolitischen Sprechern in der Bürgerschaft austauschen.

Die Kritik ist offenbar angekommen: Der Senat sei um große Transparenz bemüht, hat Bauressort-Sprecher René Möller auf Nachfrage mitgeteilt. Deshalb habe sein Haus für den 30. Oktober eine Videokonferenz mit allen Beiräten und dem Rathaus anberaumt, bei der die geplanten Gesetzesänderungen vorgestellt und alle wesentlichen Fragen geklärt werden sollten.

Notlösung zugestimmt

In Wangenheims Augen eine Notlösung, der sie aber zugestimmt habe: „Auch die ehrenamtlichen Beiräte haben ja Ferien, deshalb ist es kaum anders möglich als mit einer Videokonferenz. Aber den Stil der Behörde finde ich einfach gruselig“, sagt die Woltmershauser Beiratssprecherin, die gerade von ihren Kolleginnen und Kollegen zur Sprecherin der Beirätekonferenz gewählt wurde. Sie betont: „Eine Videokonferenz bedeutet für mich nicht, dass die Behörde nicht in die Beiräte kommen muss. Wir sollten jetzt eine Entscheidung hinkriegen. Ich wünsche mir Zusammenarbeit aber anders und besser.“ Deutlich entspannter sieht das Anna Kreuzer, Sprecherin des Bauausschusses des Beirates Mitte: "Ich glaube, dass mit der Videokonferenz Ende Oktober, auf der die Änderungen der Landesbauordnung erläutert wurden, der Problematik gut begegnet worden ist", sagt die Grünenpolitikerin. 

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