- Was spricht gegen Kopfsteinpflaster?
- Warum bevorzugt die Stadtteilpolitik Asphalt?
- Wie geht der Beirat das Thema an?
- Was hat das Thema mit Barrierefreiheit zu tun?
- Welche Lösung schlägt der ADFC vor?
Am Kopfsteinpflaster scheiden sich die Geister: Die einen finden es schön anzusehen und kämpfen wie im Bremer Viertel für den Erhalt des historischen Straßenbelags. Die anderen wünschen sich für mehr Ruhe und eine bessere Befahrbarkeit lieber glatten Asphalt anstatt der huckeligen Steine – auch wenn es das Stadtbild verändert. Der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) Bremen schlägt nun für die Neustadt einen Lösungsweg vor.
Was spricht gegen Kopfsteinpflaster?
Wer regelmäßig mit dem Rad in Bremen unterwegs ist, kennt das Problem: In Stadtteilen wie der Neustadt und der Östlichen Vorstadt wird man auf vielen Straßen mit Kopfsteinpflaster ordentlich durchgerüttelt. Fahrradfreundlich geht anders.
Manche Radfahrer weichen daher auf den Gehweg aus. Das ist natürlich verboten und führt teilweise zu gefährlichen Situationen mit Fußgängerinnen und Fußgängern. Andere wiederum nehmen Umwege in Kauf, um das Kopfsteinpflaster zu umfahren. Nicht immer lässt es sich aber vermeiden, dass die Route mit dem Rad ganz ohne Abschnitte auf den huckeligen Steinen verläuft.
Warum bevorzugt die Stadtteilpolitik Asphalt?
Der Beirat Neustadt und sein Fachausschuss für Mobilität und Stadtentwicklung beschäftigen sich schon länger mit dem Thema Kopfsteinpflaster. Grundhaltung ist dabei, dass man bei ohnehin notwendigen Umbaumaßnahmen die Straßen lieber asphaltieren lässt. Das Hauptargument der Stadtteilpolitik ist, dass es den Menschen möglichst leicht gemacht werden sollte, ihre Alltagswege mit dem Rad statt mit dem Auto zurückzulegen.
Im Fahrradmodellquartier rings um die Hochschule Bremen ist auf diesem Weg beispielsweise ein Kompromiss entstanden: Seitenbereiche für parkende Fahrzeuge konnten ihr Kopfsteinpflaster behalten, die eigentliche Fahrbahn hat aber eine neue Asphaltdecke bekommen.
Wie geht der Beirat das Thema an?
In seiner aktuellen Amtszeit hat der Fachausschuss Mobilität und Stadtentwicklung das Amt für Straßen und Verkehr (ASV) gefragt, inwieweit es prinzipiell möglich ist, Kopfsteinpflaster durch asphaltierte Straßen zu ersetzen. "Ich könnte mir vorstellen, dass man einige kürzere Straßenabschnitte asphaltiert, um komfortable Nebenrouten für den Radverkehr zu schaffen", sagt Fachausschusssprecher Christian Kok (Linke). Beispielsweise die Bachstraße, aber auch die Delmestraße oder Erlenstraße seien dafür aus seiner Sicht geeignet. "Das ist aber aus Budgetgründen leider eher unrealistisch", so Kok.
Denn das ist einer Antwort des ASV zum Thema Ersatz von Kopfsteinpflaster an den Beirat zu entnehmen: "Für derartige Maßnahmen stehen im Erhaltungsbereich keine Haushaltsmittel zur Verfügung", heißt es. Dennoch lehnen die Fachleute den Vorschlag nicht ab: "Grundsätzlich bietet sich bei umfassenden Kanalbauarbeiten eine Anpassung der Fahrbahn teilweise oder im Ganzen an", heißt es vom ASV. Aus dem Ortsamt ist zu erfahren, dass der Beirat vom ASV bei anstehenden Kanalbauarbeiten künftiger früher informiert wird. "So könnten wir Bedarfe an eventuellen Verbesserungen der Straßengestaltung rechtzeitig anmelden", so Kok.
Was hat das Thema mit Barrierefreiheit zu tun?
Nicht nur Menschen, die mit dem Rad unterwegs sind, haben mit Kopfsteinpflaster auf Straßen zu kämpfen: Auch für Menschen im Rollstuhl, mit Rollator oder anderer Gehhilfe kann der Straßenbelag ein Hindernis darstellen. Besonders dann, wenn die Pflastersteine uneben verlegt sind und zwischen den Steinen größere Fugen bestehen. Das wird besonders an Kreuzungen deutlich, die von gehbehinderten Menschen überquert werden müssen.
Der Landesbehindertenbeauftragte Arne Frankenstein verweist regelmäßig darauf, dass normal verlegtes Kopfsteinpflaster eine Barriere für Menschen mit Mobilitätseinschränkung darstellt. Am Beispiel der neuen Rampe zum Werdersee am Deichschart verwies er beispielsweise darauf, dass mit Naturstein gepflasterte Wege nur dann barrierefrei nutzbar seien, wenn sie "rutschhemmend, eben, fugenarm und erschütterungsarm befahrbar" sind.
Welche Lösung schlägt der ADFC vor?
Der ADFC Bremen setzt sich aktuell dafür ein, dass zunächst an drei Kreuzungen in der Neustadt das Kopfsteinpflaster verschwindet. An den Kreuzungen von Delmestraße/Erlenstraße und Meyerstraße/Thedinghauser Straße sowie am Knotenpunkt von Schul-/Bachstraße/Neustadtscontrescarpe soll jeweils eine Hochpflasterung für Entspannung sorgen – so die Vorstellung des ADFC. Das sei zwar noch weit vom eigentlichen Ziel entfernt, entschärfe aber wenigstens schon einmal drei Brennpunkte im Stadtteil.

"Die Hochpflasterung sorgt bei Autofahrern für eine höhere Achtsamkeit anderen Verkehrsteilnehmern gegenüber, die Menschen können von Gehweg zu Gehweg barrierefrei die Kreuzung queren und Radfahrer werden nicht mehr durchgeschüttelt", zählt Frank Poggemann vom ADFC Bremen die Vorteile auf. Wer sich ansehen will, wie so etwas aussehen könnte, kann die Kreuzung Delmestraße/Neustadtscontrescarpe besuchen.
Der Fachausschuss Mobilität und Stadtentwicklung unterstützt den Lösungsvorschlag des ADFC. Aktuell läuft eine Anfrage des Beirates an das ASV, wie teuer eine Hochpflasterung an den drei Kreuzungen wäre. Danach werde das Thema erneut im Fachausschuss beraten, so Kok.