Nach Feierabend noch schnell ein Sachbuch über den Klimawandel ausleihen oder den nächsten Küsten-Krimi – 2018 sah es so aus, als könnten die Vegesacker ihre Bibliothek bald außerhalb der regulären Öffnungszeiten nutzen. Fünf Jahre später ist das Konzept der Open Library weiterhin nicht umgesetzt. Was das Problem ist.
Was steckt hinter dem Konzept?
Das Konzept Open Library stammt aus Skandinavien und erlaubt Bibliotheksbesuchern eine Ausleihe ohne Personal. In Deutschland hatte die Bücherhalle Hamburg-Finkenwerder 2014 als erste Bibliothek des Landes den Besuchern den Schlüssel zum Buch überlassen. Seitdem hat das Konzept Nachahmer gefunden. In Bremen wurde es jedoch bisher nur in der Zweigstelle in der Vahr genutzt. Aufgrund von technischen Problemen fallen die Open-Library-Öffnungszeiten hier allerdings zurzeit aus. Nach Bibliotheksangaben ist die Platine defekt, die die gesamte Open-Library-Technik steuert, und ein Ersatz nicht vorrätig.
Warum hakt es in Vegesack?
Die Vegesacker Bücherei sollte als zweite Stadtteilbibliothek Bremens bereits 2019 die Öffnungszeiten ohne Personal ausweiten. Doch der Pilotversuch verschob sich, als Wasser von der Decke des Gebäudes am Aumunder Heerweg 87 tropfte. Doch auch nach dem millionenschweren Umbau des maroden Gebäudes wurde das Konzept nicht umgesetzt. Bis heute sind technische Probleme der Grund dafür. „In Vegesack haben wir das Problem, dass die Fachfirma die Lichtsteuerung nicht zuverlässig hinbekommen hat. Es besteht die Gefahr, dass das Licht zwischendurch ausgeht“, erläutert auf Nachfrage die Bibliothekarische Direktorin Lucia Werder. Die Bibliothek will ihren Kunden nicht zumuten, plötzlich zwischen Bücherregalen im Dunkeln zu stehen. Lucia Werder: „Das wäre viel zu gefährlich.
Wann startet das Modell?
Das weiß auch die Bibliotheksleitung nicht. Die zuständige Firma schaffe es nicht, die Schwachstellen der Lichtsteuerung zu reparieren, bedauert Lucia Werder. Dabei spiele ein Wechsel im Management eine Rolle. Offenbar standen bisher keine geeigneten Mitarbeiter zur Verfügung. „Gegen Ende des Jahres hat sich die Firma neu aufgestellt und ich hoffe, dass wir Open Library im ersten Quartal 2023 umsetzen können“, sagt Lucia Werder. Versprechen möchte die Bibliothekarische Direktorin allerdings nichts.
Ist das Personal vorbereitet?
„Wenn die Technik funktioniert, können wir ganz schnell an den Start gehen“, versichert Lucia Werder von der Stadtbibliothek. „Wir wollen wie in der Vahr mit kleinen Zeitfenstern von drei bis vier Stunden in den Randzeiten anfangen und Schritt für Schritt die Open-Library-Zeiten erweitern. Das hat sich in der Vahr bewährt.“
Welche Chance bietet Open Library?
"Die Open Library ist eine Erweiterung des Angebots der Stadtteilbibliothek Vegesack für unsere Kunden", so Lucia Werder. Dafür werde kein Personal entlassen oder der Personaleinsatz reduziert. Aber mit dem vorhandenen Personal könne die Vegesacker Zweigstelle länger öffnen. Mit entsprechender Technik könnten die Bibliothekare die Ausleihe der rund 32.000 Medien den Kunden auch am Mittwoch überlassen. Bisher ist mittwochs keine Ausleihe möglich. Langfristig sei auch eine Öffnung an den Wochenenden vorgesehen, so Lucia Werder. Wie aus einer Verwaltungsvorlage von 2022 hervorgeht, müssten jedoch erst Dienstvereinbarungen zwischen der Stadtbibliothek und dem Personalrat erweitert werden, um das Angebot auf den Sonntag auszuweiten.
"Aus meiner Sicht bietet Open Library die Chance, mit den personellen Ressourcen, die wir haben, unser Angebot und die Öffnungszeiten deutlich zu erweitern: Mit Open Library können zum Beispiel solche Menschen die Bibliothek verstärkt nutzen, die in erster Linie einen Raum zum Lernen benötigen, dafür aber nicht darauf angewiesen sind, dass zugleich auch das Bibliothekspersonal im Haus ist", sagt Martin Renz, Leiter der Stadtteilbibliothek Vegesack. Außerdem sollen zu Open-Library-Zeiten die SB-Stationen weiterlaufen, sodass die Standard-Services – Ausleihe, Rückgabe, Verlängerung – ebenfalls möglich seien.
Was sagt die Politik?
Die Grünen haben „einen gut ausgestatteten Standort der Stadtbibliothek in Blumenthal und das Konzept Open Library" mit Blick auf die Bürgerschaftswahl auf dem Zettel. Auch die Opposition drängt längst auf eine zügige Umsetzung des Konzepts: Am liebsten würde die CDU Open Library flächendeckend und sieben Tage die Woche in Bremen einführen. Claas Rohmeyer, Fraktionssprecher für Kultur und Medien: "Wir möchten, dass die Bibliotheken sonntags öffnen, damit Familien mit Kindern hier Zeit verbringen können." Der Abgeordnete betont, dass die Fraktion am Thema Bibliotheken dran bleibe. "Anfang Februar tagt die Kulturdeputation. Spätestens beim Punkt 'Verschiedenes' hake ich nach."