Seit Langem steht sie leer, jetzt soll die Strandlust abgerissen werden – für ein Millionenprojekt, das Wohnen, Gewerbe und Gastronomie miteinander verbinden soll. So sieht es zumindest eine Vereinbarung vor, die jetzt zwischen den Eigentümerinnen und der Baubehörde geschlossen wurde. Und die eine Lösung für ein Problem beinhaltet, das eine Übernahme des benachbarten Bootshauses durch eine Stiftung bisher verhindert hat. Wie Nordbremer Vereinsfunktionäre und Politiker den Plan bewerten. Ein Überblick.
Bis März. So lange wollte Norbert Lange-Kroning der Baubehörde noch Zeit geben, etwas zu erreichen, damit er und andere Stiftungsplaner endlich das alte Bootshaus am Vegesacker Weserufer übernehmen können. Ihn freut es deshalb, dass Ressortchefin Maike Schaefer (Grüne) vier Wochen vor Ablauf der Frist einen Plan für eine neue Strandlust präsentiert – und dass dieser Plan auch eine Lösung für das Bootshaus-Problem bedeuten soll. Lange-Kroning und seine Mitstreiter können die Immobilie nicht übernehmen, solange der Kanal, der ungenehmigt über das Strandlust-Grundstück verläuft, nicht nachträglich legalisiert ist. Das soll nun geschehen. Lange-Kroning hofft darauf, dass Schaefer jetzt mit ihm letzte Details für eine Übernahme klärt. Er möchte, dass sie bis Mai vollzogen ist.
Im Grunde, sagt Silvia Neumeyer, ist die Nachricht von einer neuen Strandlust eine gute Nachricht. Doch schon jetzt applaudieren, mag die Nordbremer CDU-Bürgerschaftsabgeordnete erst einmal nicht. Vorher will sie nämlich noch wissen, wie die beiden geplanten Wohngebäude werden sollen – und was sich die Behörde im Detail unter einem Strandlust-Nachfolger vorstellt. Für Neumeyer muss der bestimmte Kriterien erfüllen. Sie sagt, dass ein Saalbetrieb bleiben muss, weil es in Vegesack immer weniger Säle für größere Veranstaltungen gibt. Außerdem soll die Behördenspitze mal sagen, zu welchem Preis die Vereinbarung mit den Eigentümerinnen der Strandlust eigentlich geschlossen wurde. Sie erwartet zur nächsten Sitzung der Baudeputation einen Bericht der Senatorin.
Thomas Rutka sagt, schon häufiger gehört zu haben, dass es nicht anders geht: Schade findet der Vorsitzende des MTV Nautilus und Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Maritime Meile den Abriss der Strandlust trotzdem. Mit dem, meint er, verschwindet schließlich das nächste Traditionsgebäude aus Vegesack – und nicht irgendeines. Darum hofft er, dass der Neubau nicht nur gut wird, sondern auch das bietet, was der Altbau hatte. Zum Beispiel einen Biergarten. Zum Beispiel große Versammlungsräume. Rutka freut es, dass die Behörde auf die alten Bäume achten will. Und dass sie mit der Vereinbarung etwas erreicht hat, worauf er und andere Vereinsfunktionäre schon lange warten: Dass das Bootshaus nebenan nun zu einem Haus für Besucher mit Ausstellungen und Bistrobetrieb werden kann.
Nach Ansicht von Ute Reimers-Bruns ist der Plan, Gastronomie und Wohnen zu kombinieren, ein guter Plan. Die Nordbremer SPD-Chefin und Bürgerschaftsabgeordnete sagt, dass Bremen nach wie vor mehr Wohnungen braucht, vor allem kleinere. Dass bei einer neuen Strandlust offenbar nicht mehr von einem Hotelbetrieb gesprochen wird, macht aus ihrer Sicht nichts. Reimers-Bruns verweist auf das benachbarte Stadtquartier am Hafen, in dem die Kette Hampton by Hilton einen Komplex für Touristen und Geschäftsreisende schaffen will. Reimers-Bruns hatte gehofft, dass der Leerstand der Strandlust schneller beendet worden wäre. Sie geht davon aus, dass die Behördenspitze beim nächsten Treffen der Baudeputierten erklären wird, wie es mit dem Großprojekt weitergeht.
Für Jörn Gieschen, Geschäftsführer des Vegesack Marketing, war das Ergebnis erwartbar. „Es war allen klar, dass es auf einen Kompromiss hinauslaufen wird“, sagt er. Dass es an dem Standort auch künftig Gastronomie geben soll, begrüßt Gieschen. „Uns ist wichtig, dass der Ort ein Anziehungspunkt bleibt, dass die Menschen dort essen und trinken und dabei den besonderen Ausblick genießen können“, so der Geschäftsführer. Sobald es um die Details geht, will das Vegesack Marketing seine Expertise einbringen und zum Beispiel bei der Suche nach einem geeigneten Betreiber für die Gastronomie unterstützen. „Wir haben einige Personen in der Hinterhand, die sicherlich Interesse an der neuen Strandlust hätten“, erzählt Gieschen. Aber auch bei der Konzeption will er mitreden. Schließlich ginge es darum, dass die Strandlust lebendig und attraktiv bleibt und die Besonderheit des Ortes widergespiegelt. Dass die Strandlust künftig kein Hotel mehr sein wird, bedauert Jörn Gieschen. „Aber letzten Endes ist es so, dass in dem neuen Stadtquartier ein Hotel kommen wird“, sagt er. „Insofern werden auch Hotelbetten in Vegesack geschaffen, es fallen also nicht nur welche weg.“ Hinzu käme, dass die Gastronomie an dem Standort wichtiger sei als ein Hotelbetrieb.
„Die Absichtserklärung sagt nicht viel aus“, findet Vegesacks Beiratssprecher Torsten Bullmahn (CDU). Ein Großteil des Stadtteilparlaments sei sich aber einig, dass eine gute Nachnutzung der Strandlust wichtig für Vegesack sei. Ein Hotel an der Stelle sei nicht notwendig, ein Restaurant aber schon. „Es ist wichtig, dass zum Beispiel größere Gesellschaften dort wieder feiern können“, so Bullmahn. „Die Gastronomie muss zu einem Treffpunkt für Vegesack werden.“ Ein großer Saal alleine reicht dem Christdemokraten allerdings nicht. „Es muss auch eine Betrieb samt Küche geben, damit Feiernde Essen und Getränke nicht woanders bestellen müssen“, sagt Torsten Bullmahn. Deshalb brauche es einen Investor, der die Gastronomie innerhalb des Projektes auch entsprechend platziert.
„Die Vereinbarung ist eine wichtige Wegmarke für den Stadtteil Vegesack und darüber hinaus", sagt der Nordbremer Bürgerschaftsabgeordnete Thomas Pörschke (Grüne). Schließlich wird die Gastronomie an diesem Standort erhalten bleiben. "Die Strandlust hat lange Jahre eine identitätsstiftende Funktion für den Bremer Norden gehabt und wird es hoffentlich auch in Zukunft wieder haben", betont er. Es ginge aber auch darum, die Tradition der Strandlust fortzuführen, einem Ort, an dem sich Menschen begegnen und austauschen und wo sich der Stadtteil präsentiert. "Aber es sind hohe Anforderungen zu erfüllen, damit man das Projekt zum Erfolg führen kann", betont er. Dazu zähle etwa, dass die Gastronomie Kern der Planungen werde und moderne Anforderungen erfülle. "Die Strandlust muss wieder zu einem Haus der ersten Wahl werden", sagt Thomas Pörschke. "Ich traue es den Akteuren aber zu, dass sie das so hinbekommen."