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Hafen wird 400 Jahre alt Hafengeburtstag in Vegesack: So war das Finale

Am Wochenende feierte Vegesack das 400-jährige Bestehen des Hafens. Rund 30.000 Menschen haben den Hafengeburtstag besucht. So lief die große Feier.
16.05.2022, 11:03 Uhr
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Von Aljoscha-Marcello Dohme Björn Josten

400 Jahre Vegesacker Hafen: Das will gefeiert werden. Über das Wochenende bestimmt maritimes Treiben mit viel Musik, Rundfahrten, Schiffsbesichtigungen, Kinderprogramm und vielem mehr das Geschehen.

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Fulminantes Finale: Zum Abschluss des Hafengeburtstages haben es die Veranstalter richtig krachen lassen. Die Zuschauer bekamen einen Abriss der Vegesacker Hafengeschichte vom Ensemble Stelzen-Art erzählt. Rund um das Hafenbecken waren die Stelzenläufer mit ihren Unterwasser-Figuren unterwegs. Zwischen den Masten der "BV2" turnte eine Artistin und von verschiedenen Schiffen gab es musikalische Beiträge von "Hart Backbord" und Sema Mutlu. Zum großen Finale ließ die Feuerwehr Wasserfontänen in den Nachthimmel schießen. Zuvor gab es klassische Musik mit Opernsängern und dem Jungen Kammerorchester.

Punktlandung: Eine abschließende Zahl liegt noch nicht vor. Doch einer ersten Schätzung der Veranstalter zufolge haben 30.000 Menschen den Vegesacker Hafengeburtstag am vergangenen Wochenende besucht. "Allein die beiden Konzerte am Freitagabend haben zwischen 4000 und 5000 Besucher angezogen", sagt Jörn Gieschen, Geschäftsführer des Vegesack Marketing. "Am Sonnabend waren rund 15.000 Menschen hier, am Sonntag etwa 12.000." Damit sind in etwa so viele Menschen in den Stadtteil gekommen, wie die Veranstalter sich im Vorfeld erhofft hatten.

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Shanty & Co.: Seemännisches Liedgut hatte auf der Bühne neben dem Geschichtenhaus seinen Platz und seine Zuhörer. In maritime Gefilde wagten sich jedoch auch die Huder Gospelsingers. Sie hatten sich auf dem Oberdeck der Fähre von Vegesack nach Lemwerder platziert und sangen den Fahrgästen ein Ständchen. Ehrensache, dass der Fährmann einen Kreisel mitten auf der Weser drehte. Währenddessen wurde das Geschehen auf der Weser mit all den Traditionsschiffen, vorbeifahrenden Frachtern und Segelyachten von der Signalstation aus per Lautsprecher kommentiert.

Diskussionsforum: Die Organisatoren des Hafengeburtstages setzen nicht nur auf Unterhaltung, sondern auch auf Information. So fand am Sonntagvormittag eine Diskussionsrunde unter dem Motto "Vegesack 2030" statt. Im Vorfeld des Festwochenendes hatte das Vegesack Marketing eine Umfrage im Stadtteil initiiert. Eines der Ergebnisse: "80 Prozent der Befragten leben gerne hier, 54 Prozent sogar sehr gerne", sagte Jörn Gieschen, Geschäftsführer vom Vegesack Marketing. Allerdings würden die Bauprojekte im Stadtteil für große Verunsicherung sorgen. Der Grund dafür liege in der Vergangenheit. "In den vergangenen Jahren gab es in Vegesack, was die Investitionen angeht, auch einige Fehlschläge", so Gieschen. "Deshalb sind die Menschen nun auch bei den aktuellen Projekten skeptisch." Über diese und andere Themen, die die Zukunft Vegesacks betreffen, haben unter anderem Ortsamtsleiter Heiko Dornstedt, René Kotte, Referatsleiter für Stadtplanung im Bauamt Bremen-Nord und Projektentwickler Willy Koch debattiert.

Spiel und Spaß für Kinder: In unmittelbarer Nähe zum Geschichtenhaus gibt es verschiedene Angebote für die kleinsten Besucher. Dazu zählen unter anderem das Spielmobil vom Kindersportbund sowie ein Bungeetrampolin. "Da ist auch wieder die Hüpfburg, die schon beim Kindertag da war", freute sich ein Mädchen und lief direkt zu dem als Piratenschiff gestalteten Spielgerät. Später startete auf der Hauptbühne ebenfalls ein Kinderprogramm.

Das große Rad gedreht: Claus-Dieter Pohlers aus Delmenhorst hat beim maritimen Flohmarkt ein Schnäppchen gemacht. Ein Steuerrad nennt er nun sein Eigen. Mit diesen beschäftigt sich der Mann gern. Nicht nur, dass er selbst welche bastelt, er hat auch zu seinem Hobby recherchiert. Zwischen 1924 und 1964 sei in Vegesack die Schiffssteuerrad-Fabrik Bauer ansässig gewesen, weiß der Rentner zu berichten. Rund 100.000 Räder seien dort über die Jahre produziert worden. Zwei seien für Mississippi-Raddampfer hergestellt worden.

Sprachbarriere: Die Torfkähne hatten es einem jungen Herren wohl angetan. Als er an der Bratwurstbude einen der Schiffer erspähte, sprach er ihn an – und staunte nicht schlecht. Denn der Kahnschiffer antwortete standesgemäß auf Platt. Damit hatte er nicht gerechnet und berichtete seiner Freundin: "Die reden hier nur Platt."

Große Party: Die Ska-Formation "The Busters" haben sich als 1a Anheizer für "Flo Mega" präsentiert. Die Musiker aus Baden-Württemberg brachten den Festplatz zum Wippen und Tanzen – und das bis in die hinteren Reihen. Das Feld war also bestens bestellt für den abschließenden Auftritt des Bremer Lokalmatadoren.

Großer Durst: Ein schnelles Bierchen ist am Samstagabend eher ein frommer Wunsch gewesen. Denn am Getränkestand im Hafenwäldchen herrschte Gläserknappheit. So wurde an der Partytränke unfreiwillig das eigentlich eher gediegene Sieb(z)e(h)n-Minuten-Pils ausgeschenkt. Die Besucher nahmen es weitgehend gelassen und das Personal blieb bemerkenswert entspannt. Ähnlich lang waren die Warteschlangen auch an der Fischbude und am Pommesstand.

Große Schiffe, großer Andrang: Ob die "Grossherzogin Elisabeth" oder der Heringslogger "BV 2" – beide Segelschiffen starte zu Rundfahrten auf der Weser. Das Angebot kommt an. Am Anleger nahe der Signalstation herrscht stets großer Andrang. Auch wer sich nicht aufs Wasser traut kann profitieren. Als Fotomotiv machen die beiden Schiffe ebenfalls eine gute Figur.

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Nachhaltiges Versprechen: Beim Hafengeburtstag gibt es viele Möglichkeiten, Wasser unter den Kiel zu nehmen. Zahlreiche Traditionsschiffe oder kleinere Boote laden zu Rundfahrten ein. Mehr als nur schöne Erinnerungen versprechen die Kutterpullen-Teams, die Gäste an die Riemen des Vegevogels lassen: "Da habt ihr morgen auch noch schön 'was davon." Nach den ersten Eindrücken ist es sehr wahrscheinlich, dass sie damit richtig liegen. Mehr optische Eindrücke versprechen definitiv die motorisierten Angebote.

Abenteuerliches Angebot: Im Vegesacker Geschichtenhaus ist einiges über den Schiffbau und den Walfang zu erfahren. Das Ensemble bringt den Gästen das szenisch näher. Doch Obacht: In der hauseigenen Pinte geraten unvorsichtige Gäste schnell auf die Heuerliste für die nächste Walfangfahrt.

Geduld gefragt: Die längste Warteschlange bildete sich übrigens nicht an einem der zu besichtigenden Schiffe oder gar am Anleger für die Ausfahrten, sondern an den Trampolinen vom Kinderprogramm.

Offene Schotte: Was ist das Besondere am Seenotrettungskreuzer "Bremen" oder wie ist die Crew der "General Zaruski" von Danzig nach Vegesack navigiert? Das und vieles mehr erfahren Interessierte bei der Besichtigung der Schiffe. Nicht nur für Kinder ist das eine interessante Angelegenheit.

Digitale Begleitung: Wer die zahlreichen Shanty-Chöre auf der kleinen Bühne verpasst hat oder nicht genug von maritimen Klängen bekommen kann, dem sei ein Ausflug ins Internet empfohlen. Dort versuchen sich die örtlichen Buchhändlerinnen augenzwinkernd als weiblicher Shanty-Chor "The Singing Booksellers".

Glockenschlag ins Glück: Genug der Reden war gegen 11.30 Uhr, als Ortsamtsleiter Heiko Dornstedt und Bürgermeister Andreas Bovenschulte die Glocke schlugen und die Feier zum Hafengeburtstag offiziell eröffneten. Die drei Glockenschläge wurden mit Hornsignalen der im Hafen liegenden Traditionsschiffe beantwortet.

Fromme Wünsche: Die Heringsfischer des Statt-Theaters beteten in einer kleinen Performance Bürgermeister Bovenschulte als "Heiligen Andreas" und Schutzheiligen ihrer Gilde an. Sie forderten, er möge für einen Feiertag zum Hafengeburtstag, freie Fährfahrten nach Lemwerder, Eisblöcke für den Hafen für Eiskunstlauf auch im Sommer, Freibier, Radwege von Blumenthal nach Vegesack und kostenfreie Fischbrötchen für alle beten. "Gut, dass ihr nur realisierbare Wünsche habt und nicht etwa eine Sanierung des Haushaltes", gab sich Bovenschulte schlagfertig und versprach im Senat darüber zu beraten. Denn dessen Weisheit sei größer als jede Vernunft.

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Ein großer und viele kleine Löffel: Einst Köder für Heringe, heute Geschenk der Gastgeber: Holzlöffel spielten bei der Eröffnungszeremonie eine gewisse Rolle. Ob Seemannsgarn oder Fakt, sei dahingestellt: Weil Heringsfischer einst die Fische mit Holzlöffeln, die sie hinter ihren Schiffen herzogen, anlockten und dadurch erfolgreich waren, gab es nun geschnitzte Exemplare als Geschenk. So jedenfalls leitete es Ortsamtsleiter Heiko Dornstedt her. Und so bekam Andreas Bovenschulte ein mannshohes, aus einer ehemaligen Hafenplanke geschnitztes Exemplar. Die polnischen Ehrengäste bekamen jeweils zwei kleinere Exemplare. Die so Beschenkten quittierten die Gabe sichtlich erfreut. "Gut, dass ich kleine Löffel bekommen habe. Die lassen sich besser transportieren", sagte Aleksandra Dulkiewicz, Stadtpräsidentin von Danzig. Bovenschulte erinnerte an Redensarten: "Lieber Heiko", richtete er sich an Dornstedt. "Soll das heißen, ich soll die Suppe hier auslöffeln?"

Ernste Zeiten: Dass der Hafengeburtstag nicht in unbeschwerten Zeiten stattfindet, daran erinnerte die Stadtpräsidentin von Danzig, Aleksandra Dulkiewicz. Die gemeinsamen Werte Freiheit, Demokratie und Würde dürften nie aus dem Blick geraten. Sie beschwor die deutsch-polnisch-ukrainische Freundschaft. Bürgermeister Andreas Bovenschulte hatte zuvor ähnliche Worte gewählt: "Wir treten für Demokratie, Freiheit und Menschenwürde ein. Wir halten zusammen, gerade in schwierigen Zeiten." Für diese Worte erhielten Bovenschulte und Dulkiewicz viel Beifall. Sie gedachten im Beisein dessen Bruders an Pawel Adamowicz, der 2019 von einem Attentäter ermordet worden war. Nach ihm ist am Sonnabend in Bremen eine Straße benannt worden. Er war bis zu seinem Tod Stadtpräsident von Danzig.

Die Würdigung: Bürgermeister Andreas Bovenschulte würdigte Vegesacks Geschichte und verwies auf "400 Jahre Tradition und 400 Jahre Wandel". Die sei nicht immer rosig gewesen, doch stets habe es in scheinbar auswegslosen Situationen einen Schub gegeben. Und so sei es mit Blick auf das Speicherquartier und die neue Strandlust auch jetzt.

Blick in die Vergangenheit: Sichtlich ergriffen nahm Vegesacks Ortsamtsleier Heiko Dornstedt die zahlreichen Besucher auf den Sitzbänken mit auf eine Reise in die Vegesacker Vergangenheit. Er berichtete vom Hafenbau vor 400 Jahren, die besonderen Methoden der Heringsfischer und dem ersten auf dem Vulkan gebauten Segelloger – der "BV 2", die noch immer im Hafen liegt.

Großer Bahnhof: Am Sonnabend ist das Festwochenende offiziell eröffnet worden. Zahlreiche Amtsträger, Multiplikatoren und Politiker aus Bremen und umzu haben es sich nicht nehmen lassen, der Eröffnung beizuwohnen. Neben Bürgermeister Andreas Bovenschulte, der als Schirmherr fungierte, waren auch Senatorin Maike Schaefer sowie zahlreiche Mitglieder der Bürgerschaft anwesend. Doch in der deutlichen Überzahl waren die vielen Besucher, die sich schon vormittags auf den Weg zum Hafen gemacht hatten.

Bühne frei: Je näher der Start des Festwochenendes rückte, desto freundlicher präsentierte sich das Wetter. Waren es tagsüber vor allem die Hornsignale der Traditionsschiffe, die durch Vegesack hallten, sorgten nun Gitarrenriffs für die Beschallung. Zum Auftakt der Feier gab es Coverversionen zahlreicher Klassiker – interpretiert von den "Flying Soul Toasters". Langsam füllte sich die Fläche vor der Bühne. Am Rande nutzten viele Besucher die Zeit, sich zu stärken oder Freunde zu treffen. Die "Afterburner" sorgten schließlich für den ersten musikalischen Höhepunkt.

Letzter Schliff: Die "Grossherzogin Elisabeth" hatte am Freitag am Anleger für Ausflugsschiffe nahe der Signalstation festgemacht. Schön herausgeputzt mit Wimpeln erfüllte der Dreimast-Frachtsegelschoner aus Elsfleth seine Rolle als Blickfang. Wer einen genaueren Blick wagte, durfte schmunzeln: Zwei fleißige Crewmitglieder waren am frühen Abend damit beschäftigt, die Rumpfbemalung auf Vordermann zu bringen. Nach getaner Arbeit erstrahlte der blaue Streifen in neuem Glanz.

Ausgelagert: Zwei Fähren pendeln zu den Hauptzeiten zwischen Vegesack und Lemwerder. In den Randstunden übernimmt ein Schiff die Aufgabe und das andere wird neben dem Fähranleger einem eigenen Steg geparkt. Nicht so am Freitag. Da musste die "Lemwerder II" mit dem signifikanten WESER-KURIER-Schriftzug ins Exil an die Werft-Kaje in Lemwerder. Der Grund: Am Steg hatte das Traditionsschiff "Verandering" festgemacht.

Vorfreude: Schon bevor der Hafengeburtstag in Vegesack richtig Fahrt aufnimmt, füllt sich bereits das Hafenbecken. Die ersten Traditionsschiffe, die Kurs auf Vegesack genommen haben, sind angekommen und haben festgemacht. Bereits am Donnerstag hatten beispielsweise die "Gebrüder AZ5", die "Schulschiff Kapitän Kruse" und später am Abend auch die "General Zaruski" aus Danzig festgemacht. Zuletzt sind Torfkähne aus dem Teufelsmoor in Vegesack eingetroffen.

Gut Ding will Weile haben: Das Schulschiff ist schon länger nicht mehr Teil der Maritimen Meile. Nun sind auch die Hinweise auf das maritime Denkmal, das nun in Bremerhaven liegt, verschwunden. Am Freitag sind die Hinweisschilder abmontiert und die Informationstafeln mit Klebefolie aktualisiert worden.

Neuer Glanzpunkt: Pünktlich zum Festwochenende ist die Beleuchtung der Fußgängerbrücke über die Hafeneinfahrt erneuert worden. Statt in hellem Weiß erstrahlt der Hebe-Arm nun in grünem Licht – passend zum Spiel des SV Werder Bremen zum Aufstieg in die 1. Fußball-Bundesliga am Sonntag.

Gegen den Leerstand: Verwaiste Ladenlokale sind keine Zierde. An der Shopping-Meile sind leer stehende Geschäfte keine Seltenheit. Einige von ihnen sind nun mit einer besonderen Aktion immerhin verschönert worden. Auf der Reeder-Bischoff-Straße wartet ein siebenteiliges, auf die Schaufensterscheiben aufgeklebtes Quizspiel auf interessierte Passanten. Damit soll der nächste Leerstandswettbewerb vorbereitet werden.

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