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Rathaus Stuhr Kleine Geheimnisse: Gästeführung zeigt Historie des Verwaltungssitzes

1986 wurde das Stuhrer Rathaus von der Verwaltung bezogen. Eine Gästeführung blickte jetzt auf die kleinen Geheimnisse des Stuhrer Verwaltungssitzes.
30.08.2024, 16:06 Uhr
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Von Jola Horschig

1986 war es so weit: Die Verwaltung der noch jungen Einheitsgemeinde Stuhr konnte nach einer Bauzeit von zwei Jahren ihr neues Rathaus an der Blockener Straße 6 beziehen. Auslöser für den Neubau war die niedersächsische Gebiets- und Gemeindereform, durch die Brinkum, Fahrenhorst, Groß Mackenstedt, Heiligenrode, Seckenhausen sowie Stuhr mit den Ortsteilen Moordeich und Varrel zu einer Einheitsgemeinde zusammengeschlossen wurden.

„Die Reform hatte zur Folge, dass die Verwaltung auf vier Ortsteile aufgeteilt war“, berichtet Heike Göde. Sie ist Gästeführerin in Stuhr und hatte nun zu einer Führung rund um und durch das Stuhrer Rathaus eingeladen. Die Situation mit den unterschiedlichen Verwaltungsstandorten war äußerst unbefriedigend – für die Verwaltung selbst und natürlich auch für die Bürgerinnen und Bürger. Aus diesem Grund gab es schon bald nach der Reform erste Ideen für ein zentrales Gebäude. Doch die Umsetzung musste warten, denn der Bau von Kindertagesstätten, der Kooperativen Gesamtschule (KGS) in Brinkum sowie der KGS in Moordeich hatten Vorrang. Ende der 1970er-Jahre nahmen die Überlegungen für ein neues Rathaus konkrete Formen an. Ein Standort war schnell gefunden: der Sportplatz an der Blockener Straße in Alt-Stuhr, der an der Pillauer Straße in Moordeich ein neues Domizil fand.

Zeitkapsel unter dem Ratssaal

Für die Planung des neuen Rathauses wurde ein Architektenwettbewerb ausgelobt, den das Bremer Architekturbüro Hasloh, Hartlich & Schütz (heute: Hasloh, Kruse & Partner) für sich entscheiden konnte. „Die Ratsmitglieder haben in einer Ratssitzung, die dreieinhalb Stunden dauerte, unter anderem überprüft, ob der Neubau auch Kriterien wie Wirtschaftlichkeit und die geforderten Funktionen erfüllt“, berichtet Göde. Schließlich stimmten 26 Ratsmitglieder für Standort und Gebäudeentwurf.

Die Architekten hatten ein Bauwerk entwickelt, das sich an der Bauweise der niedersächsischen Bauernhäuser orientiert, sich gut in das Ortsgefüge integriert und zudem mit der benachbarten Kirche harmoniert. 1984 begannen die Bauarbeiten. Am 17. Mai 1985 war die Grundsteinlegung, bei der unter dem Ratssaal eine Zeitkapsel mit aktuellen Zahlungsmitteln, einem Auszug aus dem Beschluss zum Bau des Gebäudes, Grundrissen und Zeitungsberichten deponiert wurde. Am 8. September 1985 fand das Richtfest statt und am 11. Juli 1987, rund ein Jahr nach dem Einzug, gab es die offizielle Einweihungsfeier. Knapp 13 Millionen Deutsche Mark sollten die Baukosten betragen und diese Summe wurde nicht überschritten. „Es wurden rund 60 Prozent der Gewerke gleichzeitig ausgeschrieben. Dadurch war es möglich, die geplante Bauzeit und die geschätzten Baukosten einzuhalten“, erzählt Heike Göde weiter.

Wie ein Bauernhaus

Zu den Kennzeichen der niedersächsischen Bauernhäuser zählen Ziegelmauerwerk, eine großzügige Diele, Holzkonstruktionen im Innern und natürlich Fachwerk. Und genau diese Elemente prägen die Architektur des Stuhrer Rathauses: Ziegelmauerwerk außen und innen, ein großzügiges Foyer, das sich über zwei Geschosse öffnet, viele Holzelemente im Innern und Sprossenfenster, die die Strukturen eines Fachwerks aufgreifen. Erker, Dachgauben und kleinere überdachte Vorbauten gliedern die Fassade zusätzlich.

Für die Auswahl der Mauerziegel standen den Ratsmitgliedern zwölf Mustertafeln zur Verfügung. Die Entscheidung fiel auf den Egernsunder Ziegel, der in Dänemark hergestellt und über einen örtlichen Betrieb bezogen wurde. Eine Herausforderung bildeten die Fugen. „Da bekamen die Ratsmitglieder sechs Mustertafeln zur Ansicht“, schmunzelt Heike Göde. Letztendlich hat das Architekturbüro dann selbst den Fugenmörtel und die Art der Verarbeitung entwickelt: „Sie ist bis heute als Stuhrer Fuge bekannt.“

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Von oben betrachtet erkennt man, dass das Rathaus die Form eines „H“ aufweist. Der Querbalken beherbergt Eingangsbereich und Foyer und dient als Verteiler für Mitarbeiter und Besucher. In den senkrechten Linien sind die Büros untergebracht. Baulich leicht abgesetzt ist der Ratssaal, der links vom Haupteingang liegt und von außen durch die durchgehende Fensterfront erkennbar ist. Im Innern gibt es eine Empore, auf der Bürgerinnen und Bürger Ratssitzungen verfolgen können. „Der Ratssaal ist auch als Veranstaltungsort für Lesungen und Konzert sehr beliebt und bietet rund 200 Sitzplätze“, erklärt Frauke Wulf. Sie ist Kulturkoordinatorin bei der Gemeinde und unterstützte Heike Göde bei der Führung durch das Rathaus.

Auch wenn das Gebäude aus langlebigen und nachhaltigen Baumaterialien errichtet wurde, hat der Zahn der Zeit daran genagt. Aus diesem Grund wird das Rathaus seit 2021 schrittweise saniert. So sind mittlerweile die Sanitäranlagen modernisiert und das Dach gedämmt worden. Außerdem wurde 2022 auf dem Dach eine Fotovoltaik-Anlage installiert, die rund 87 Prozent des Stromverbrauchs abdeckt. Ursprünglich befanden sich im Rathaus noch die Polizeistation und die Sozialstation. Diese sind 1995 ausgezogen. Und auch für die Feuerwache, die zeitgleich mit dem Rathaus errichtet wurde, gibt es eine neue Lösung. Nach dem Umzug der Feuerwehr kann die Verwaltung dann auch die dortigen Räume nutzen.

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