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Regierungsbildung So geht es nach der Bürgerschaftswahl in Bremen weiter

Die letzten Hochrechnungen sind da, ein vorläufiges Endergebnis folgt am Mittwoch – bis die neue Bremer Regierung steht, wird es aber noch dauern. Das passiert in den Wochen nach der Bürgerschaftswahl.
15.05.2023, 18:44 Uhr
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Von Felix Wendler Jürgen Theiner Joerg Helge Wagner Moritz Kalvelage Lisa Duncan

Die Bremerinnen und Bremer haben gewählt. Die letzten Hochrechnungen liegen vor, der Ball liegt bei der SPD. Nun müssen sie sich einen oder mehrere Partner für eine Regierungsbildung suchen. Wie geht es jetzt weiter?

Wann kommt das Endergebnis?

„Bei unserem Wahlsystem dauert es ein bisschen, bis alle Stimmen ausgezählt sind“, sagt Matthias Güldner, Politikwissenschaftler an der Uni Bremen. Alle Wahlberechtigten durften bis zu fünf Stimmen abgegeben, daher müssen alle Wahlzettel sorgfältig geprüft werden. Mit dem vorläufigen Endergebnis wird am Mittwoch gerechnet, so Martin Kesper, Leiter des Referats Wahlamt.

Zu den Zahlen aus den Hochrechnungen erwartet Güldner nur kleine Differenzen. „In der Vergangenheit hatten wir Fälle, in denen ein Lokal oder ein Bezirk nachgezählt wurde.“ Selten seien diese jedoch mandatsrelevant, sondern lediglich Korrekturen für die Statistik. Der Wahlleiter könne selbst noch entscheiden, in welchem Ausmaß nachgezählt wird.

Wann werden die Koalitionsverhandlungen geführt?

„Es gibt keine gesetzliche Pflicht, Koalitionsverhandlungen zu führen“, sagt Güldner. Der stärksten Partei steht aus informellen Vereinbarungen aber das Recht zu, zu sondieren. „Da bewegen wir uns nicht auf dem Boden von Verfassungen – da kann niemand klagen.“ Sondierungsgespräche sind die Vorstufe von Koalitionsverhandlungen, dabei prüfen die Parteien, ob sie zusammenkommen können. Infrage kommen die Parteien, die rechnerisch zusammengenommen auf die meisten Sitze in der Bürgerschaft kommen, das wären nach aktuellem Stand 44 der 87 Sitze. Vor vier Jahren hatte die CDU sondiert und Gespräche geführt. „Weder die SPD noch die Grünen haben damals erkennen lassen, dass sie bereit wären, in die Regierung der CDU einzutreten“, sagt Güldner. So wurde damals der Staffelstab an die zweitstärkste Partei, die SPD, weitergereicht.

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Was plant die SPD?

Die Landesvorstände der Parteien, zum Teil auch die Bürgerschaftsfraktionen, sind am Montag zusammengekommen, um über das Wahlergebnis zu beraten. Nach dem guten Abschneiden der SPD zeichnet sich eine Regierungsbildung unter ihrer Führung ab. Die Sozialdemokraten wollen möglichst schnell zu Sondierungsverhandlungen mit möglichen Koalitionspartnern einladen. Schon am Mittwoch werde der Landesvorstand einen entsprechenden Beschluss fassen, sagte der Bremer SPD-Chef Reinhold Wetjen bei einer Wahlnachlese der Landespressekonferenz im Rathaus. Laut Wetjen sollen die Sondierungsgespräche am verlängerten Wochenende zwischen Christi Himmelfahrt und dem folgenden Sonntag stattfinden. Idealerweise sei die SPD in der kommenden Woche dann schon beschlussfähig, mit wem man in Koalitionsverhandlungen eintritt.

Wie reagiert die CDU als zweitstärkste Kraft?

Die Bremer CDU drängt auf eine Regierungsbeteiligung. "Die SPD ist derzeit unser einziger möglicher Regierungspartner", betont der Landesvorsitzende Carsten Meyer-Heder. "Und die Wechselstimmung von 2019 ist auch noch da", glaubt er. Dass die CDU nicht stärkste Kraft geworden ist, sehen einige Mitglieder als Vorteil. Hätte man knapp gewonnen, so die Überlegung, wäre eine neuerliche rot-grün-rote Koalition unausweichlich, da die SPD das Rathaus nicht den Christdemokraten überlassen würde. Gemeinsamkeiten mit der SPD sieht CDU-Spitzenkandidat Frank Imhoff vor allem im Bereich der Inneren Sicherheit. Verantwortung würden die Christdemokraten laut früheren Aussagen auch in der Bildungspolitik übernehmen. Der Verkehrspolitik räumt die CDU ebenfalls einen großen Stellenwert ein. 

Welche Rolle strebt Frank Imhoff an?

Imhoff hat sein Ziel verfehlt, Bremens neuer Bürgermeister zu werden. Abhängig davon, ob die CDU in der Regierung oder in der Opposition landet, bieten sich ihm verschiedene Möglichkeiten. Innerhalb einer Großen Koalition könnte er als Senator wesentlichen Einfluss auf das politische Geschehen nehmen. Regiert die rot-grün-rote Koalition weiter, bliebe Imhoff als gewählter Bürgerschaftsabgeordneter eine Rolle in der Opposition – möglicherweise auch als Fraktionsvorsitzender. Imhoff selbst sagte dem WESER-KURIER am Montag, er werde der Bremer Politik in verantwortungsvoller Position erhalten bleiben. Alles Weitere werde sich zeigen.

Wie lange werden die Koalitionsverhandlungen dauern?

Die Koalitionsverhandlungen dürften sich über mehrere Wochen hinziehen. Einen Termin für die Wahl des neuen Senats gibt es noch nicht. 2019 vergingen zwischen der Bürgerschaftswahl am 26. Mai und der Einsetzung einer neuen Landesregierung am 15. August fast drei Monate. Das war für Bremer Verhältnisse überdurchschnittlich lang.

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Wann werden der Bürgermeister und die Senatoren gewählt?

Im Unterschied zu den meisten Bundesländern wird der Bürgermeister, ebenso wie die anderen Senatoren gewählt. Der Bürgermeister selbst ernennt oder wählt also nicht die einzelnen Senatorinnen und Senatoren, das erfolgt in geheimer Wahl in der Bürgerschaft. Damit besitzt die Legislative, also das Parlament, eine besonders starke Stellung. Zudem hat der Bürgermeister keinerlei Befugnis, einen Senator auszutauschen, er kann es nur informell vorschlagen. „In einer Koalitionsregierung hat jede Partei das autonome Recht, die eigenen Senatorinnen und Senatoren aufzustellen und vorzuschlagen, die die Koalitionsmitglieder in der Regel mitwählen“, sagt Güldner.

Wann tagt die Bürgerschaft zum ersten Mal? Und wie schnell muss sich eine neue Regierung bilden?

„Die Bürgerschaft tritt innerhalb eines Monats nach Ablauf der vorangegangenen Wahlperiode zu ihrer ersten Sitzung zusammen“, sagt der Politikwissenschaftler. Da die Periode am 7. Juni endet, findet die erste Bürgerschaftssitzung im Juli statt. Zuerst werden Bürgerschaftspräsident, Stellvertreter und Schriftführer bestimmt, im Anschluss wird der Senat gewählt. Wenn sich keine Regierung bildet, bliebe der Senat geschäftsführend im Amt, würde aber keinerlei politische Agenda verfolgen.

Was wird aus den Parteien, die nicht in die Bürgerschaft einziehen?

Die Volt-Partei hat mit voraussichtlich 2,5 Prozent die anderen Kleinstparteien weit hinter sich gelassen. „Dieses Wahlergebnis ermutigt total. Das ist ein Blick in die Zukunft", sagt Spitzenkandidatin Lotta von Bötticher. Durch persönliche Gespräche wisse sie, dass der Zuspruch noch größer sei. Die Mitgliederzahl von Volt sei durch den Wahlkampf von 30 auf 40 gestiegen. Volt bereite sich auf die Europawahl 2024 vor und plane, bei der nächsten Bürgerschaftswahl auch in den Beiräten und in Bremerhaven anzutreten.

Mera 25 möchte die Arbeit ebenfalls fortsetzen: "Wir freuen uns darauf, unsere Partei und die inspirierende Bewegung, die wir geschaffen haben, weiterzuentwickeln. Wir werden eine Stimme für die Vielen sein und die nötige Transformation für Bremen, Deutschland und Europa vorantreiben", sagte Jan Genin, Sprecher und Kandidat von Mera 25 Bremen. Die Basis will „das Thema direkte Demokratie weiter in die Öffentlichkeit tragen“, sagt der Landesvorsitzende Hubert Sturm. Fest stehe bereits die Teilnahme an der Europawahl 2024. 

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