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Jahresrückblick Gröpelingen Freude über den Pinguin währt nur kurz

Videoüberwachung, ein umstrittener Kreuzungsumbau und ein Pinguin: Diese Themen beschäftigten 2024 die Menschen in Gröpelingen.
06.01.2025, 05:00 Uhr
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Freude über den Pinguin währt nur kurz
Von Anne Gerling
Inhaltsverzeichnis

Nach der Demo „Laut gegen rechts“ am 21. Januar auf dem Bremer Marktplatz ist in Gröpelingen die Initiative „Gröpelingen: Solidarisch gegen Rechts“ gegründet worden, im Sommer wurde im ehemaligen Mosaik-Treff an der Liegnitzstraße 26 eine Anlaufstelle zum Thema Klimaschutz eröffnet, und am Industriehafen läuft die Inbetriebnahme der neuen Klärschlammverbrennungsanlage: 2024 war in Gröpelingen vieles in Bewegung. Und unter einigen scheinbar endlosen Geschichten konnte tatsächlich ein Schlussstrich gezogen werden.

Kirche

Ein freudiges Ereignis stand kurz nach Jahresbeginn in der evangelischen Gemeinde Gröpelingen und Oslebshausen an: Mit einem Festgottesdienst wurde am 4. Februar die Andreaskirche an der Lütjenburger Straße wiedereröffnet. Fast ein Jahr lang war die von dem deutschen Architekten Otto Bartning erbaute und seit 1993 denkmalgeschützte Kirche modernisiert worden. St. Andreas war 1950 die erste Kirche, die nach dem Zweiten Weltkrieg in Bremen neu errichtet wurde – in diesem Jahr wird der 75. Jahrestag ihrer Einweihung am 26. Februar mit einem Konzert gefeiert. Zu Gast ist dann Bartnings Urenkel, der Singer-Songwriter Joe Bennick.

Kultur

Anfang März feierte die Gröpelinger Zweigstelle der Stadtbibliothek ihr 25-jähriges Bestehen. Von der Stadt gab es ein besonderes Geburtstagsgeschenk: Sie erwarb das 1999 von einem privaten Investor an der Lindenhofstraße errichtete markante Bibliotheksgebäude, um den Standort auch in Zukunft als Informationszentrum, Kultureinrichtung und wichtige Anlaufstelle für die Menschen im Stadtteil zu erhalten.

Mit offenen Armen empfing der Stadtteil Ende Oktober einen Überraschungsgast: Mitten auf dem Bürgermeister-Koschnick-Platz war plötzlich eine Pinguin-Bronzeskulptur des „Bremer Banksy“ Mohamed Smith aufgetaucht, was für lächelnde Gesichter und glänzende Kinderaugen sorgte. Kurze Zeit später war das Kunstwerk allerdings wieder verschwunden. Das Amt für Straßen und Verkehr (ASV) hatte es aus Gründen der Verkehrssicherheit entfernt und vorerst eingelagert. Geht es nach dem Gröpelinger Stadtteilbeirat, dann soll der Pinguin alsbald für immer zurückkehren. Kulturbehörde, Ortsamt und ASV sind Ortsamtsleiterin Cornelia Wiedemeyer zufolge bereits im Austausch über einen dauerhaften Standort im Stadtteil.

Sport und Gesundheit

Grund zum Jubeln hatten Erhan Yilmaz vom Freizi Oslebshausen und seine Mitstreiter, als die Bürgerschaft am 20. Juni den neuen Haushalt beschloss. Unter anderem vergaben die Abgeordneten dabei nämlich Mittel für die Mehrzweck-Sportanlage Oslebshauser Multisports Area (Oma), für deren Realisierung Sportökonom Yilmaz seit Oktober 2017 gekämpft hat. Das Geld für den Bau ist seit Längerem über das integrierte Entwicklungskonzept (IEK) Gröpelingen gesichert. Es fehlten aber rund 100.000 Euro für die sogenannte Bedarfsträgerschaft, die nun über das Sportressort zur Verfügung gestellt werden. Voraussichtlich im Sommer 2026 soll an der Maria-Krüger-Straße auf einer Wiesenfläche nördlich der JVA Oslebshausen mit dem Bau der Anlage begonnen werden, wie Sportsenator Ulrich Mäurer und Stadtentwicklungssenatorin Özlem Ünsal Ende November mitgeteilt haben.

Anfang Oktober ist in Gröpelingen Bremens vermutlich erster Mentalpfad eingeweiht worden. Die etwa zwei Kilometer lange ausgeschilderte Spazierstrecke führt von der Lissaer Straße aus über den Mählandsweg, die Alte Waller Straße und den Mäusetunnel in den Grünen Bremer Westen und lädt an zehn Stationen dazu ein, mit Denksportaufgaben das Gehirn an der frischen Luft zu trainieren. Entwickelt und angelegt hat den Weg eine Gröpelingerin: Die Vermessungsingenieurin Rita Immisch, die bei dem Projekt von Ehemann Hartmut Immisch unterstützt wurde. Die vom Deutschen Wanderverband ausgebildete Gesundheitswanderführerin sagt: „Bereits zehn Minuten Gehirntraining täglich steigern die geistige Fitness spürbar. In Kombination mit Bewegung wird die Gedächtnis- und Denkfähigkeit zusätzlich gestärkt.“

Bildung

Wohin mit dem dringend benötigten Erweiterungsbau mit Turnhalle für die Oberschule im Park? Lange wurde darüber diskutiert, nachdem 2016 die schuleigene Turnhalle abgebrannt war. 2019 hatte sich der Beirat als Wunsch-Standort für das kleine Wäldchen entschieden, das nordwestlich an den Oslebshauser Park anschließt. Seit elf Monaten laufen dort die Bauarbeiten, was der Nachbarschaft einiges abverlangt. So meldeten sich, als das Waldstück Anfang Februar innerhalb von zwei Tagen gerodet wurde, kritische Anwohner zu Wort, die negative Auswirkungen auf Natur, Landschaft und Klima befürchteten. 68 Bürgerinnen und Bürger unterzeichneten schließlich eine kurz zuvor bei der Bürgerschaft eingegangene Petition gegen die neue Dreifeld-Halle. Der Petitionsausschuss konnte ihr Anliegen „grundsätzlich gut nachvollziehen“, erklärte die Petition Anfang Juni jedoch für erledigt, da der Bebauungsplan bereits Ende Januar von der Bürgerschaft beschlossen worden war. Götz Brinkmann, Schulbau-Koordinator im Bildungsressort, rechnet mit der Fertigstellung des Erweiterungsbaus zum Schuljahr 2026/27.

Im Sommer sorgte dann der Start der Neuen Grundschule Gröpelingen für Wirbel. Denn durch eine Panne beim Brandschutz waren die Räumlichkeiten im ehemaligen AG-Weser-Verwaltungsgebäude am Schiffbauerweg nicht rechtzeitig bezugsfertig. Die Einrichtung kam übergangsweise für rund drei Monate in einem etwa vier Kilometer entfernten Mobilbau an der Ritterhuder Heerstraße unter. Seit Ende Oktober findet der Unterricht nun am Schiffbauerweg statt, doch auch dies ist eine Übergangslösung. Langfristig soll die Schule einen Neubau bekommen. Der Standort, den die Planer dafür ins Auge gefasst haben – ein städtisches Grundstück zwischen Rübekamp und Alter Waller Straße – kommt beim Gröpelinger Beirat nicht gut an. Denn die Waldfläche liegt geografisch in Walle.

Ein Thema, das 2024 fast alle Gröpelinger Schulen betraf: Das nach den Sommerferien bundesweit angelaufene Startchancen-Programm für benachteiligte Schülerinnen und Schüler. Laut Bundesbildungsministerium handelt es sich um „das größte Bildungsprogramm in der Geschichte der Bundesrepublik“. Gröpelingen profitiert davon in besonderer Weise, denn dort befinden sich zehn der 43 teilnehmenden Bremer Schulen.

Arbeitsmarkt

Als Mitte des Jahres aufgrund von Kürzungen beim Jobcenter-Budget plötzlich bremenweit mehr als 350 sogenannte Arbeitsgelegenheiten (AGH – früher: Ein-Euro-Jobs) für Langzeitarbeitslose auf der Kippe standen, war Gröpelingen in besonderem Maße betroffen. Denn einerseits leben im Stadtteil viele Langzeitarbeitslose und andererseits tragen dort verschiedene AGH-basierte Angebote maßgeblich zur sozialen Infrastruktur bei. Dramatisch sah die Lage unter anderem für das Spiel- und Gemeinschaftshaus Wilder Westen an der Stuhmer Straße mitsamt seiner Suppenküche aus, bei dem elf Stellen wegzubrechen drohten. Aufgrund der besonderen Rolle, die die Einrichtung im Stadtteil hat, forderte der Beirat, nach alternativen Finanzierungsmöglichkeiten zu suchen. Mit Erfolg: Auf Initiative der Linksfraktion in der Bürgerschaft wurden im November Mittel umgeschichtet und die Stellen dadurch vorerst bis Ende 2025 gerettet. Und auch beim Quartier-Service, dessen Team regelmäßig Gröpelingens Straßen und Plätze von Müll und Unrat befreit, und im beliebten Café Vielfalt an der Lindenhofstraße geht der Betrieb vorerst weiter – allerdings mit Veränderungen.

Stadtentwicklung

Für reichlich Diskussionsstoff im Stadtteil sorgte 2024 das an der Ecke Seewenjestraße / Lissaer Straße geplante Neubauprojekt „Wohnen in Vielfalt 2.0“ mit 67 Wohnungen, Supermarkt, Kita und Tiefgarage der Waller Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft (Wabeq). Nachbarn befürchteten Verschlechterungen durch die Bebauung der etwa 6700 Quadratmeter großen Fläche, auf der sich seit rund 40 Jahren ein Nahkauf-Markt und rund 100 Parkplätze befinden. Im Zuge des Bebauungsplanverfahrens für den Neubaukomplex legte der Gröpelinger Beirat im Februar eine lange Liste mit Anmerkungen, Kritikpunkten und Forderungen vor. Anfang Oktober wurde das Vorhaben schließlich vorerst auf Eis gelegt: Das Bebauungsplanänderungsverfahren ruht, bis sämtliche noch offenen Fragen geklärt sind. Nur die Kita mit 160 Plätzen soll zunächst errichtet werden. Schließlich möchte die Bildungssenatorin in Gröpelingen weitere Kinderbetreuungsplätze schaffen. Wabeq-Geschäftsführer Ernst Schütte hofft, im Frühjahr mit dem Bau der Kita beginnen zu können.

Innere Sicherheit

Für Negativschlagzeilen sorgte seit Jahresbeginn immer wieder der Bürgermeister-Koschnick-Platz. Der 2023 mit Städtebaufördermitteln runderneuerte Treffpunkt im Herzen des Stadtteils drohte zum Angstort zu werden. Immer häufiger waren im Umfeld des Platzes Drogenhandel, Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen Gruppen und Gewalt zu beobachten. Es wurden Macheten eingesetzt, und schließlich fielen sogar Schüsse. Ende Juli gingen daraufhin – wie seit Längerem vom Beirat gefordert – zwei Kameras zur Überwachung des Platzes sowie von Abschnitten der Ritterhuder Straße, der Gröpelinger Heerstraße und der Straße Beim Ohlenhof auf Sendung. Der zunächst auf drei Monate angelegte Testlauf ist mittlerweile um 15 Monate verlängert worden. Die Zahl der Straftaten sei seit Beginn der Videoüberwachung zurückgegangen, teilte der Senat im Dezember auf eine Anfrage der CDU-Bürgerschaftsfraktion mit.

Mobilität

Seit Anfang 2024 läuft das Genehmigungsverfahren für die an der Reitbrake geplante umstrittene Bahnwerkstatt. Laut Dieter Winge, Sprecher der Bürgerinitiative (BI) Oslebshausen und umzu, ist es gut möglich, dass die BI in diesem Jahr gegen das Vorhaben vor Gericht zieht. Klarheit brachte das vergangene Jahr in der Frage, ob die Kreuzung Oslebshauser Landstraße / Oslebshauser Heerstraße / Ritterhuder Heerstraße umgebaut werden soll: Das Bauressort wird diese Idee vorerst nicht weiterverfolgen, wie Claus Gieseler vom Referat Stadtumbau Ende November mitgeteilt hat. Hintergrund ist eine drei Jahre alte Studie, über die immer wieder teils hoch emotional im Stadtteil diskutiert wurde. Experten empfahlen darin einen Umbau der überdimensionalen Straßenkreuzung, um sie insbesondere für Fußgänger und Radfahrer übersichtlicher und sicherer zu machen und den Durchgangsverkehr zwischen Osterholz-Scharmbeck und dem Hafen zu unterbinden. Dieser Vorschlag stieß in Teilen der Bevölkerung auf viel Widerstand, wie sich zuletzt bei einem Aktionstag im August gezeigt hatte. Zentrales Thema im Bereich Mobilität wird 2025 nach Ansicht von Beiratssprecher Martin Reinekehr (SPD) der Verlauf der zukünftigen Fahrradpremiumroute D.15 von Bremen-Nord bis Mahndorf sein: „Die Option Grünzug West ist offenbar leider immer noch nicht vom Tisch.“

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