In der Küche im Obergeschoss des Bürger- und Sozialzentrums Huchting, in der sonst Männer Gemüse schnipseln und einfache, schmackhafte Gerichte zaubern, riecht es heute leicht nach Acrylfarbe. An den Tischen haben sich zehn Damen eingerichtet und ihre Malutensilien ausgebreitet. „Wir sind die Dienstagsgruppe des Kunstvereins Huchting“, stellt Gisela Frese, die Vorsitzende des Kunstvereins Huchting, die Gruppe vor. Es gibt drei aktive Malgruppen im Kunstverein. Zur Dienstags-Gruppe gehören zwölf Mitglieder der 42 Mitglieder des Kunstvereins, „aber nicht alle können immer kommen. Manchmal haben wir auch etwas anderes vor“, erklärt Frese lachend.
Ihre Malutensilien haben sich die Damen in Koffern mitgebracht und je nach ihren anstehenden Projekten aufgebaut. Manche nutzen kleine Staffeleien, andere malen auf den abgedeckten Tischoberflächen.
Vieles wird ausprobiert
Auf dem Tisch von Inge Findeisen finden sich neben Farben und Pinseln auch alte Scheckkarten und diverse Teigschaber und Spachtel. Gerade entsteht mithilfe einer Scheckkarte ein Akkordeon auf der in Blau- und Violetttönen eingefärbten Leinwand. Auf dem Bild sind auch ein Bass und eine Gitarre erkennbar. „Ich mache dieses Bild für das Grevengrass-Bluegrass-Festival, das zu Pfingsten in Greven stattfindet“, erzählt Inge Findeisen vergnügt. Das Bild soll dann zugunsten der Veranstaltung versteigert werden.
Gegenüber von Inge Findeisen arbeitet Astrid Görlich, die Schriftführerin des Vereins, an einem Blütenbild. Vor einem in Grüntönen gehaltenen Hintergrund erheben sich weiß-blaue, große Blüten. Unter den sorgfältig aufgereihten Malutensilien Görlichs fällt eine Zahnbürste auf. „Die ist nicht für mich“, lacht Astrid Görlich. Sie male in vielen verschiedenen Techniken und probiere außer Aquarellen vieles aus, erzählt sie. Sie zieht Acrylfarbe oder wasserlösliche Ölfarben vor. Die Acrylfarben werden von ihr in mehreren Schichten aufgetragen, dann folgt Acrylbinder, und zum Schluss wieder Farbe. Zum Abschluss kommt ein 99-prozentiger Alkohol zum Einsatz, den sie mithilfe der Zahnbürste auf das Bild sprüht. „So entstehen dann diese blütenähnlichen Tupfer auf den Bildern“, erklärt Görlich. „Wir nutzen viele Materialien, die wir zum Malen verwenden, von denen man nicht glaubt, dass sie dazu zu gebrauchen wären“. „Wie gelbe Müllsäcke“, wirft Inge Findeisen ein. Ja, damit könnten ganz einfach gewisse Strukturen auf der Leinwand erzeugt werden, bestätigt Görlich.

Inge Findeisen hat die Konturen der Instrumente mittels Scheckkarte aus den aufgetragenen Farben erweckt.
Es ist die Freude am Ausprobieren und Entdecken, das die Gruppe inspiriert. Obwohl die Vereinsmitglieder überwiegend ihren eigenen Projekten nachgehen, wird gelegentlich auch nach einem ausgegebenen Thema gemalt. „Was dabei herauskommt, ist immer sehr inspirierend“, so Görlich. Auch wer autodidaktisch oder bei einem Kurs eine neue Technik erlernt hat, stellt diese gern innerhalb des Vereins vor.
Doch wie ist diese interessante Gruppe entstanden? 1975, vor nunmehr 50 Jahren, gründeten sieben Frauen den Verein Freizeitkünstler Bremen Huchting, dessen Mitglieder viele Jahre erfolgreich die Kunstszene in Huchting und umzu mitprägten. Die Mitglieder entwickelten sich unter der ersten Vorsitzenden und Vereinsgründerin Emmy Suck künstlerisch stetig weiter. Namhafte Maler und Grafiker, wie etwa Armand Vilter, der 1978 in den Verein eintrat, gaben neben anderen Malern wie Hans-Joachim Gallinski und Heinz Bolender erste Malkurse für die Mitglieder. In den vergangenen Jahren gaben Madlen Fish, Conny Himme und Christa Bröker Kurse im Kunstverein. Schon früh setzten sich die Künstlerinnen und Künstler gemeinsam mit der Leitung der Stadtteilbibliothek für ihren Stadtteil Huchting ein.
„Heute kennen wir leider außer Valeria Schaaf die Namen der anderen fünf Gründungsmitglieder nicht mehr“, bedauert Gisela Frese. „Daran kann ich erkennen, dass auch schon damals die Mitglieder mehr Interesse daran hatten, zu malen, als über ihren Verein Protokolle zu schreiben!“
Weiterbildung und Kunstreisen
Das Vereinsleben war von Anfang an rege. Neben der Weiterbildung in Malerei, dem Organisieren von Ausstellungen im Bürger- und Sozialzentrum, in Syke, Moordeich, Delmenhorst, Eberswalde in Brandenburg, in Uelzen, der Stadtteilbibliothek Huchting, im Roland-Center und dem Krankenhaus Links der Weser fanden auch immer wieder Kulturreisen ins Ausland statt.
Als gemeinnütziger Verein bringt der Kunstverein Huchting bildende Kunst den Menschen im Stadtteil näher. Am 24. Juli 2019 wurde aus den Freizeitkünstlern Bremen-Huchting der Kunstverein Huchting. „In unserem Jubiläumsjahr haben wir für das Wochenende 30. und 31. August im Kulturhof Borchelt in Grolland eine Ausstellung organisiert“, berichtet Gisela Frese. Die Ausstellung ist an beiden Tagen zwischen 12 und 17 Uhr zu sehen. Die Vernissage dazu findet am Sonnabend, 30. August, um 12.15 Uhr statt. Wir freuen uns über viele interessierte Besuchende“, so Gisela Frese. Wer Interesse an einer Mitgliedschaft hat, möge über die E-Mail-Adresse info@kunstverein-huchting.de Kontakt zum Verein aufnehmen und hat dann Gelegenheit, einmal zum „Schnuppern“ vorbeizukommen.