Tagesordnungspunkt zwei auf der Agenda der zweiten Beiratssitzung des Beirats Obervieland stach – wie schon so oft zuvor – in ein Wespennest. Dorothea Dreizehnter, Geschäftsführerin Medizin und Vorsitzende der Geschäftsführung der Gesundheit Nord (Geno), und Nils Weller, Abteilungsleiter Kommunale Kliniken bei der Gesundheitssenatorin, waren gebeten worden, den Beschluss des Geno-Aufsichtsrates zur geplanten Schließung des Klinikums Links der Weser (LdW) vom 7. Juli 2023 und den sich daraus ergebenden Sachstand hinsichtlich der weiteren Umsetzung vorzustellen.
Dazu erläuterte Weller zunächst noch einmal die Rahmenbedingungen, die die Restrukturierung der Geno erforderlich machen, dazu gehörte unter anderem ein drastischer Investitionsstau, der insbesondere das LdW betreffe, das inzwischen so stark sanierungsbedürftig sei, dass es dauerhaft nicht weiter betrieben werden könne. Immer strengere Qualitätsvorgaben, ein deutlicher Personal- und Fachkräftemangel und aus dem technischen Fortschritt resultierende Strukturveränderungen, besonders der zunehmende Trend zu ambulanten Operationen, verschärften die Situation.
Sinkende Patientenzahlen und fehlende Fachkräfte
Der Personal- und Fachkräftemangel sowie der medizinisch-technische Fortschritt führe schon jetzt dazu, dass viele Krankenhäuser in Bremen, aber auch in Deutschland mit leeren Betten und damit auch einer schlechteren Versorgung kämpfen müssten, führte Weller weiter aus. „So kann die Gesundheit Nord nur noch 60 Prozent seiner Kapazitäten nutzen, 40 Prozent stehen dauerhaft leer. Wenn Personal fehlt oder Patientinnen und Patienten aufgrund des medizinisch-technischen Fortschritts nicht mehr stationär behandelt werden müssen, führt das zu halb leeren Stationen und einem Rückgang an Fachlichkeit“, sagte Weller mit Nachdruck.
Diese Herausforderungen erforderten Reaktionen und Anpassungen. So sei geplant, dass vor allem hoch spezialisierte Behandlungen künftig gebündelt an großen Standorten erbracht werden sollen. Trotzdem habe man im Gesundheitsressort die Sicherstellung der Versorgung des Stadtteils weiterhin im Blick, doch: „Ein Herzzentrum gehört nicht zur wohnortnahen Versorgung. Was die Menschen in den angrenzenden Stadtteilen brauchen, ist eine Anlaufstelle für leichtere Notfälle und eine gute ambulante, fachärztliche und vielleicht auch teilstationäre Versorgung“, machte Weller deutlich.
Klinikverbund wird seit Jahren subventioniert
Dorothea Dreizehnter betonte ebenfalls, dass der Veränderungsdruck nicht auf die Geno zukäme, sondern bereits längst vorliege. Die Geno befände sich bereits seit Jahren in einer wirtschaftlich konstant instabilen Lage. Erst durch die seit 2020 umgesetzten Maßnahmen sei eine weitere negative Entwicklung einigermaßen abgemildert worden. Doch externen Einflüsse wie die Pandemie, der Krieg in der Ukraine mit Kostensteigerungen, der Fachkräftemangel und die dadurch bedingten Rückgänge der Fallzahlen mit viel zu vielen leeren Betten an allen Standorten sowie massiven Umsatzverlusten hätten die ersten Erfolge im Ergebnis wieder neutralisiert.
Beiratsmitglieder wie auch Gäste der Sitzung wollten den Ausführungen des Vertreters der Senatorin und der Geschäftsführerin der Geno nicht unwidersprochen folgen. Der ehemalige Beiratssprecher, Stefan Markus, der nun als Gast anwesend war, formulierte es drastisch: „Die Stadt hat den Auftrag gegeben, und es ist ein Gutes dabei herausgekommen: das Beste für die Geno! Das ist aber nicht der Auftrag, den die Stad geben sollte. Anscheinend verbietet der Gesellschafter, den Beirat angemessen zu informieren. Der Beirat und die Bürgerinnen und Bürger sind von Ihnen bewusst veräppelt worden!“
Derya Keyßler (SPD), neu im Beirat, fragte Dreizehnter und Weller ganz direkt: „Glauben Sie persönlich, dass Sie bisher in dieser Angelegenheit eine gute Arbeit in der Kommunikation geleistet haben?“ Das beantworteten die beiden Angesprochenen mit einem Nein.
Beirat fordert, LdW-Schließung zu verhindern
So legte Sven Bobert (SPD), dem Beirat den folgenden Beschluss zur Verabschiedung vor: Demnach fordert der Beirat Obervieland die Gesundheitssenatorin auf, nicht weiter an den Plänen zur Schließung des Klinikums Links der Weser festzuhalten. Weiterhin fordert er sie auf, das Herzzentrum im Klinikum Links der Weser zu belassen. Außerdem beantragte er für dieses Sachthema „Klinikum Links der Weser“ die Beantwortung von 51 Fragen durch die Gesundheitssenatorin. Die Frist dafür sei aus Sicht des Beirates aufgrund der bereits vielfältigen Anfragen nicht zu verlängern.
In der Begründung zu dem Antrag heißt es unter anderem, dass das Klinikum Links der Weser zur Sicherstellung der medizinischen Versorgung in Bremen und im Bremischen Umland unverzichtbar sei. Es lebten allein im Bremer Süden mehr als 127.000 Menschen, beziehungsweise mehr als 22 Prozent der bremischen Bevölkerung. Außerdem zählten große Bereiche des niedersächsischen Umlands insbesondere die Landkreise Diepholz und Verden zum Versorgungsgebiet des LdW. Damit umfasse der Einzugsbereich des Klinikums mehr als 180.000 Menschen. Der Beirat stimmte dem Beschlussvorschlag einstimmig zu.