- Feuerwehr im Dauereinsatz
- Bremer Parks beklagen schwere Verluste
- Umgestürzter Kran: Mehr als eine Million Euro Schaden
Drei aufeinanderfolgende Sturmtiefs haben Bremen in Atem gehalten. Von einem viertägigen "Ausnahmezustand" war am Montag in einer Senatsmitteilung die Rede, als in der Stadt langsam wieder Ruhe einkehrte. Vorausgegangen waren Nächte mit wenig Schlaf für Krisenmanager, Einsatzkräfte und Betroffene, bange Blicke auf die Weser und die Sorge vor allem, was sich nicht kontrollieren lässt. Am Ende wüteten die Stürme nicht ganz so stark wie befürchtet, aber deutliche und teils teure Spuren haben sie dennoch hinterlassen.
Feuerwehr im Dauereinsatz
Mehr als 850 Mal sind die Einsatzkräfte der Bremer Feuerwehr und des Technischen Hilfswerks (THW) Senatsangaben zufolge seit Donnerstag ausgerückt. Sturmtief "Antonia" hat dabei deutlich weniger schlimm gewütet als seine Vorgänger "Ylenia" und "Zeynep". Wie die Feuerwehr auf Nachfrage bestätigt, sei die Nacht zu Montag "ruhig" verlaufen. Die Einsatzkräfte hätten nur noch kleinere Sturmeinsätze gehabt, vereinzelt seien etwa Äste aus Bäumen herausgebrochen. Allerdings sei man immer noch dabei, "die lange Liste an Schäden abzuarbeiten", teilten Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) und Umweltsenatorin Maike Schaefer (Grüne) am Montagnachmittag in einer gemeinsamen Erklärung mit.
"Wenn sonst niemand draußen ist, sind es die Rettungskräfte und die Polizei, die kommen, wenn wir Hilfe brauchen. Dafür gebührt ihnen allen mein herzlicher Dank", sagte Mäurer. Mehr als 500 Kräfte der Feuerwehr und des THW seien im Einsatz gewesen, darunter auch alle 19 Freiwilligen Feuerwehren. Der überwiegende Teil der Einsätze fand in der Nacht zu Sonnabend statt. Am Sonntag berichtete die Feuerwehr noch von 30 Einsätzen. In Bremen zeigt man sich erleichtert, dass die Weser am Wochenende nicht den Pegel erreicht hat, der befürchtet worden war. "Die Sturmfluten haben uns noch mal deutlich vor Augen geführt, wie wichtig ein sicherer Deich- und Hochwasserschutz in Bremen ist", sagte Schaefer.
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Auch Bremerhaven atmet auf: Der angekündigte historische Orkan blieb aus. Zwar rückt die Feuerwehr eigenen Angaben zufolge bis Sonnabendnachmittag zu 165 Einsätzen aus, die aber verhältnismäßig harmlos verliefen. Folgeschäden und Nachwehen gab es dennoch: Am Montag waren die Einsatzkräfte einem Sprecher zufolge noch mehr als 70 Mal unterwegs, um Straßen von umgestürzten Bäumen zu befreien oder anderweitig zu helfen.
Bremer Parks beklagen schwere Verluste
Bürgerparkdirektor Tim Großmann scheut vor drastischen Vokabeln nicht zurück. "Verheerend" seien die Folgen vor allem des Sturmtiefs Zeynep, das zweite der drei Tiefdruckgebiete, die in kurzer Zeit über Bremen hinweggezogen sind. Mindestens 50 Bäume sind umgestürzt oder abgebrochen, lautet der erste Befund. Dazu kommen zahlreiche Schäden in den Baumkronen. Auch völlig gesunde Bäume habe es erwischt. "Unter anderem ist eine große Eiche bei der Spielwiese am Marcusbrunnen umgestürzt." Der knapp 160 Jahre alte Baum sei noch Teil der Erstbepflanzung des Bürgerparks. "Das ist wirklich tragisch", findet Großmann.
Ähnliches berichtet sein Amtskollege Hartwig Schepker vom Rhododendronpark und beschreibt es mit "katastrophal". Nach einer ersten Sichtung geht er von einem Verlust von 15 bis 20 Bäumen aus. "Eine 150-jährige Buche ist direkt auf einen Platz gefallen und hat mehrere Bänke zerstört." Zahlreiche Sachschäden gibt es außerdem an den Gewächshäusern, von abgerissenen Abdeckungen bis zu zerbrochenem Glas. "Eine Eiche liegt jetzt inmitten von Rhododendren und Azaleen, da wissen wir noch gar nicht, ob und welche Schädigungen wir da haben."
Eine erste lange Verlustliste gibt es auch beim Bremer Umweltbetrieb, der für die Pflege der gesamten öffentlichen Grünanlagen verantwortlich ist. So sind zwei große Bäume im Osterholzer Friedhof durch den Wind regelrecht aus der Erde gerissen worden. Im Oslebshauser Park hat es eine dicke Buche getroffen, auch im Knoops Park wurden zahlreiche Bäume entwurzelt und umgeknickt.
Am Neustadtswall ist ein Straßenbaum quer über die Fahrbahn gefallen und hat dabei die gegenüberliegende Hausfassade beschädigt. Vor dem Focke-Museum hat ein umgestürzter Baum den Zaun des Museums getroffen. "Eine etwas andere Fallrichtung und es hätte die Hausmeisterwohnung getroffen", sagt Museumssprecherin Alexandra Albrecht. Mehrere Bäume liegen in den Wallanlagen, einer auch im Wallgraben.
"Bis wir einen vollständigen Überblick haben, wird es wohl noch ein paar Tage dauern", sagt Kerstin Doty, Sprecherin des Umweltbetriebes. Sollten die rund 225.000 Bremer Bäume auf den etwa 2000 Hektar öffentlicher Grünfläche ähnlich stark getroffen sein, wie der Baumbestand des Bürger- und Rhododendronparks, wären das um die 1000 umgestürzte oder abgebrochene Bäume, eine Zahl, die Doty derzeit aber nicht bestätigen kann. "Beim letzten großen Sturmtief Xavier im Oktober 2017 standen am Ende gut 500 Bäume auf der Verlustliste." Vor gut fünf Jahren erreichten die Windböen in Bremen mit 115 bis 120 km/h in der Spitze eine ähnliche Stärke wie jetzt bei Zeynep.
Noch den ganzen nächsten Monat werden nach Schätzung von Großmann die Aufräumarbeiten im Bürgerpark in Anspruch nehmen. "Wir werden sicher noch Schäden entdecken, die nicht sofort ins Auge fallen", sagt er. Risiken seien daher auch gegeben, wenn gerade keine Arbeiten ausgeführt werden. Auch deswegen seine dringende Aufforderung, die Absperrungen in nächster Zeit besonders zu beachten. "Wir sperren aus Vorsicht auch Bereiche, die wir einfach noch nicht kontrollieren konnten."
Prinzipiell werden Umweltbetrieb sowie die Verantwortlichen der Parks die umgestürzten Bäume durch Neupflanzungen ersetzen. Weil der Bürgerpark als Naturdenkmal gilt, ist Großmann verpflichtet, dabei das Gesamtbild des Parks zu erhalten. "Wo eine Eiche gefallen ist, wird auch wieder eine gepflanzt, soweit es an der Stelle genügend Luft und Licht für den Neuling gibt", sagt er. Etwas anders können Umweltbetrieb und Rhododendronpark vorgehen. "Wir werden nach und nach auch Baumarten wählen, die mit dem Klimawandel und dem Standort in umbauter Umgebung besser zurechtkommen", sagt Doty.
Umgestürzter Kran: Mehr als eine Million Euro Schaden
Nichts mehr zu sehen ist vom 55-Meter-Kran, der in der Orkannacht am frühen Sonnabendmorgen in einen Neubau der Zech Group am Kopf des Europahafens gestürzt war. Ausleger und Kanzel wurden bereits am Nachmittag des Unglückstags geborgen. "Am Sonntag wurde dann noch der Mast vom Dach geholt", sagt Unternehmenssprecher Holger Römer. Die Aufräumarbeiten dauerten am Montag noch an, lose Trümmerteile mussten eingesammelt werden. Bis zum Abend war die Straße Hansator voll gesperrt.
Schwer beschädigt wurde auch die Oberleitung der Bremer Straßenbahn AG (BSAG). "Es ist deutlich mehr Schaden entstanden als vermutet", sagt BSAG-Sprecher Andreas Holling. Auf einer Länge von insgesamt einem Kilometer – jeweils 500 Meter rechts und links von der Einschlagstelle – ist die Oberleitung ausgefallen. Zusätzlich wurden zwei Masten in Mitleidenschaft gezogen. Erst in 14 Tagen dürfte die Strecke laut Holling wieder betriebsbereit sein. So lange wird die Linie 3 zwischen Radio Bremen und Hansator über Doventor und Lloydstraße umgeleitet. Die Linie 5 ist eingestellt.
Die Schäden an Kran und Gebäude belaufen sich nach Schätzung von Römer auf mehr als eine Million Euro. Allein der Kran schlage schon mit einer halben Million zu Buche, hinzu kommen die Kosten für die Bergungsarbeiten und die Schäden am Gebäude, dem sogenannten Mobilitätshaus. Zehn bis 20 Wohnungen hat der Kran mehr oder weniger stark beschädigt.
Nach Bergung sämtlicher Kranteile sind jetzt die Gutachter am Zuge. Sie müssen die Ursache des Unglücks feststellen. Das Knifflige: Der Kran war nicht umgekippt, sondern in zehn Metern Höhe abgebrochen. Die Krantrümmer sind Römer zufolge an einen zentralen Ort gebracht worden, dort werden sie untersucht.
Zu klären ist auch, ob der Rohbau in seinen Grundfesten erschüttert wurde. "Die Sachverständigen prüfen, ob es Auswirkungen auf die Statik gegeben hat", sagt Römer. Erste Ergebnisse erwartet er im Laufe der Woche. Wer für den Millionenschaden aufkommen muss, hängt jetzt von den Ergebnissen der Gutachter ab.
Erst nach Abschluss der Aufräumarbeiten können sich die BSAG-Gutachter ans Werk machen. Zu den Umstellungen ihres Linienverkehrs in der Überseestadt teilt die BSAG mit, dass die Haltestellen Eduard-Schopf-Allee, Europahafen und Konsul-Smidt-Straße der Linie 3 in beide Richtungen entfallen. Die Buslinie 28 wird in beiden Richtungen zwischen Hansestraße und Überseetor über die Hafenstraße umgeleitet. Die Haltestelle Konsul-Smidt-Straße wird an die Hafenstraße/Speicherhof verlegt. Die Haltestellen Schuppen 1 und Schuppen 3 entfallen.