Nach der Wahl ist vor der Wahl: Weil bei der Direktwahl zur neuen Landrätin oder zum neuen Landrat am 8. September keine eindeutige Mehrheit zustande gekommen ist, geht es für Volker Meyer (Einzelkandidat mit Unterstützung von CDU und FDP) und Ulrike Tammen (SPD) nun in die Stichwahl am Sonntag, 22. September. Sie schnitten mit 42,68 Prozent (Meyer) und 32,95 Prozent (Tammen) am besten ab.
"Ich bin sehr zufrieden", sagte Volker Meyer. Besonders erfolgreich war er mit 63 Prozent der Stimmen in seiner Heimatstadt Twistringen, in der er viele Jahre lebte und politisch aktiv war, und in seinem aktuellen Wohnort Bassum mit 55,69 Prozent. Zufrieden ist Meyer aber auch mit den guten Ergebnissen aus den Kommunen seines Landtagswahlkreises, also Syke, Bassum, Stuhr und Weyhe: "Ich würde da schon ein großes Vertrauen in meine Arbeit draus lesen", erklärte er.
Am schlechtesten schnitt Volker Meyer mit 27,22 Prozent der Stimmen in der Stadt Sulingen sowie 33,13 Prozent in der Samtgemeinde Kirchdorf ab. "Dabei ist vielleicht auch die Krankenhausthematik noch ein Problem", mutmaßte Meyer. Schließlich war Sulingen bei der Standortvergabe für den Bau des neuen Zentralklinikums im Landkreis Diepholz letztlich leer ausgegangen.
Jetzt geht es laut Meyer darum, dem ganzen Landkreis noch mal zu zeigen, dass man für ihn da ist und nicht den Süden oder Osten vernachlässigen würde. So plant der 56-Jährige für die kommenden zwei Wochen auch noch weitere Grillrunden und Info-Stände. Bereits am Montagnachmittag ging es für ihn in Rehden mit dem Wahlkampf weiter. "Ich will mit den Bürgern noch mal ins Gespräch kommen", erklärte Meyer. Die bereits hängenden Plakate sollen noch einmal mit einem Hinweis auf die bevorstehende Stichwahl aktualisiert werden.
Eine schlechte Wahlbeteiligung hatte Volker Meyer schon befürchtet. Dass sie gerade einmal bei 38,12 Prozent lag, hängt laut dem Bassumer auch mit dem fehlenden Bezug der Wahlberechtigten zusammen. "Ich glaube, viele Bürgerinnen und Bürger haben eine gewisse Distanz zum Landkreis", erklärte er. "Es gibt da einfach nicht so viele Berührungspunkte wie etwa zur eigenen Gemeinde." Dennoch hofft Meyer, dass die Wahlbeteiligung bei der Stichwahl vielleicht noch ein Stück weit gesteigert werden kann.
Mit gut 6600 Stimmen Vorsprung geht Volker Meyer nun in die Stichwahl um den Landratsposten. "Jetzt wird es noch mal um die Mobilisierung der eigenen Wählerschaft gehen", erklärte Meyer. "Wenn es uns gelingt, die Wähler wieder an die Urne zu bekommen, habe ich ganz gute Chancen", vermutete er. "Aber das ist eben kein Selbstläufer. Man muss um jede Stimme kämpfen."
SPD-Kandidatin auf Platz zwei
Für Ulrike Tammen gab es auch am Montagvormittag noch keinen Grund, unzufrieden auf ihr Wahlergebnis zu blicken. "Ich bin nach wie vor sehr zufrieden", sagte sie. In etwa habe sie das auch so erwartet. Kreisweit erreichte Ulrike Tammen 32,95 Prozent der Stimmen, in tatsächlichen Zahlen machten 22.519 Menschen ihr Kreuz bei der SPD-Kandidatin.
Die meisten Stimmen bekam Ulrike Tammen in Sulingen, dort lag sie mit 45,78 Prozent deutlich vor Volker Meyer (27,22 Prozent). Mit 38,53 Prozent konnte die Kreisrätin ebenfalls in der Kreisstadt Diepholz punkten und zog auch an Meyer (36,82 Prozent) vorbei. Die wenigsten Stimmen konnte Tammen in Twistringen verbuchen, nämlich 19,56 Prozent. Ihr zweitschlechtestes Ergebnis fuhr sie mit 22,99 Prozent in Bassum ein.
Dass sie konträr zum Gegenwind, der der SPD derzeit bundespolitisch entgegenschlägt, so viele Wählerinnen und Wähler begeistern konnte, sah Ulrike Tammen auch als Bestätigung für ihre Arbeit und ihren Wahlkampf. "Ich habe viel getan, war viel unterwegs. Das haben die Menschen honoriert", sagte die 56-Jährige. Besonders die direkten Gespräche mit Bürgerinnen und Bürgern, nicht nur an den Wahlkampfständen, sondern vor allem auch bei Haustürbesuchen, wertet sie als sehr positiv. Vielen habe sie auch erklären können, dass die Berliner Politik das eine sei und die Politik im Landkreis das andere. "Viele haben das auch nachvollziehen können", freute sie sich.
Noch am Montag wollte die Sozialdemokratin mit ihrem Team überlegen, wie genau der Wahlkampf bis zur Stichwahl gestaltet werden soll. "Wir werden dafür auch schauen, wo es gut lief und wo es ausbaufähig ist", so Tammen. Auf Tür-zu-Tür-Wahlkampf will sie aber auf jeden Fall weiterhin setzen. "Der direkte Draht ist immer noch das große Mantra", betonte Tammen. Und weiter: "Man muss Präsenz zeigen, wo es geht."
Außerdem kündigte sie an, dass sie Kontakt zu Bündnis 90/ Die Grünen aufnehmen will. "Ob man sich nicht eine Unterstützung vorstellen kann", schilderte sie das Vorhaben. Schließlich gebe es bei einigen Themen durchaus Schnittmengen.
So oder so hofft Ulrike Tammen, dass es zur Stichwahl am 22. September reichlich Menschen an die Wahlurnen zieht – im Idealfall mehr als die 38,12 Prozent beim ersten Wahlgang. "Es ist ein alarmierendes Zeichen für eine Demokratie", kommentierte sie diesen Wert. Viele Menschen würden sich beschweren, dann aber die Chance zum Mitbestimmen nicht nutzen.
Grüne beraten über Unterstützung
Bei Bündnis 90/ Die Grünen ist derweil noch keine Entscheidung gefallen, ob man nun Ulrike Tammen oder Volker Meyer unterstützt – oder ob man überhaupt eine Aussage macht. Grünen-Kandidatin Kristine Helmerichs, die mit 12,35 Prozent (8440 Stimmen) auf dem dritten Platz gelandet war, kündigte für Dienstagabend eine Beratung von Kreisvorstand, Kreistagsfraktion und interessierten Mitgliedern an.
Aus dem Wahlkampf nimmt Helmerichs viel Positives mit. "Wir wollten aufs Treppchen und das haben wir geschafft", kommentierte sie ihr Ergebnis. Den Grünen sei es wichtig gewesen, sichtbar zu sein. "Es war eine starke Kampagne und wir sind in fünf Wochen mit allen möglichen Menschen in Kontakt gekommen", so ihr Resümee. Aus diesen vielen Gesprächen nehme sie nun auch viel für die Kreistagsarbeit mit. Helmerichs ist Vorsitzende der Kreistagsfraktion. "Wenn man etwas kritisieren will, ist es die Wahlbeteiligung", fügte sie hinzu. Es sei einfach zunehmend schwierig, "bei der Medienfülle" zu den Menschen durchzudringen.
Eine Wahlempfehlung für die Stichwahl am 22. September wollte Michael Schnieder (AfD) nicht abgeben. Er hatte am Sonntag bei der Direktwahl zum Landrat 8212 Stimmen und somit 12,02 Prozent geholt. "Für die Stichwahl habe ich keine persönlichen Empfehlungen", erklärte er. Das sei letztlich eine persönliche Entscheidung. Ihm persönlich bereite es "Schwierigkeiten", dass sich ein Kandidat als "unparteilich ausgebe, aber eigentlich politisch abhängig" sei, so Schnieder. Mit Blick auf die niedrige Wahlbeteiligung am 8. September merkte er zudem an: "Die Wahlbeteiligung muss uns nachdenklich stimmen."