Es hat etwas gedauert, um zu realisieren, was in diesem Moment Wirklichkeit geworden ist. Nach dem Schlusspfiff des Heimspiels gegen den SC Spelle-Venhaus fiel die Freude bei den Fußballern des FC Verden 04 zunächst verhalten aus. Erst mit etwas Anlaufzeit gab es eine kleine Feier mit den Fans. Arm in Arm reihten sich die Spieler vor den Zuschauern auf und wurden von diesen lautstark bejubelt. Obwohl das letzte Saisonspiel mit 1:2 verloren ging, stand an jenem Sonntagnachmittag fest: Der FCV hat den Klassenerhalt in der Oberliga gesichert – und das mit einer Punktlandung. 40 Zähler und das bessere Torverhältnis gegenüber dem SSV Vorsfelde haben nach 34 Spieltagen für Platz 14 gereicht. Damit stehen die Verdener in der Endabrechnung auf dem letzten verbliebenen Platz, der zum Klassenerhalt berechtigt. Auf dem Weg dorthin gab es sowohl Höhen als auch Tiefen. Ein Rückblick auf die Saison 2024/2025.
Der komplizierte Ligastart: Mit reichlich Vorfreude ging der FC Verden 04 das Abenteuer Oberliga an. Das Selbstvertrauen war bei der Mannschaft von Frank Neubarth groß, denn sie hatte in der Landesliga Lüneburg eine Saison der Superlative hinter sich. Der FCV blieb nicht nur ungeschlagen, sondern stieg auch in souveräner Manier als Meister in das niedersächsische Oberhaus auf. Dennoch warnte Frank Neubarth vor dem Start der neuen Serie. "Wir sind Aufsteiger und werden mit Demut an die Geschichte herangehen. Für uns heißt es einfach, in der Liga zu überleben", sagte Verdens Coach in einem Interview mit unserer Zeitung im Juni vergangenen Jahres.
Der erfahrene Coach sollte damit recht behalten. Aus den ersten vier Partien sprang nicht ein einziger Zähler heraus. Durch die Niederlagen befand sich der FCV auf Anhieb in der Abstiegszone. "In den ersten vier Spielen mussten wir uns an die Liga gewöhnen und haben Lehrgeld bezahlt. Dann läufst du lange hinterher", blickt Verdens Sportlicher Leiter Nicolas Brunken im Gespräch mit unserer Zeitung auf den Ligastart zurück.
Der erste Sieg folgte am fünften Spieltag, als der FCV den TuS Bersenbrück mit 6:1 abschoss. Doch eine Erfolgsserie kam nicht zustande, obwohl die Verdener fast immer auf Augenhöhe mit ihren Gegnern waren. Insbesondere die vielen Unentschieden, teilweise durch späte Gegentore wie beim 1:1 bei Eintracht Braunschweig II und beim 2:2 gegen den SV Atlas Delmenhorst, verhinderten einen Sprung in der Tabelle.
Die Verletzungen von etlichen Stammspielern: Neben der ausbleibenden Erfolgsserie machte dem FCV noch etwas anderes zu schaffen. Immer wieder verletzten sich wichtige Spieler und fielen lange aus. Dennis Hoins musste beispielsweise bis Dezember vergangenen Jahres warten, ehe er sein erstes Ligaspiel absolvierte. Mit Luis Saul fiel zudem der Vizekapitän länger aus. Daniel Kunkel war gerade mal in einem Ligaspiel im Einsatz, Neuzugang Philipp Eggert trug seit seinem Wechsel vom SV Atlas Delmenhorst noch gar nicht das Verdener Trikot.
Insbesondere in der Abwehr wurde es durch die Verletzungen immer dünner. Neben Saul, Kunkel und Eggert verletzte sich mit Phil Sarrasch ein weiterer Defensivspieler. Seit dem Atlas-Spiel im Oktober vergangenen Jahres kam er nicht mehr zum Einsatz. Jan-Ole Müller wurde daraufhin zum Rechtsverteidiger umgeschult, obwohl er normalerweise im zentralen Mittelfeld aufläuft. Zudem rutschte Lukas Muszong, der eigentlich im Mittelfeld die Fäden zieht, nach hinten in die Abwehrkette. Mit Kevin Klee hatten die Reiterstädter bereits kurz nach Saisonbeginn einen weiteren Abwehrspieler verpflichtet und damit auf die Ausfälle in der Defensive reagiert.
Das Verletzungspech blieb dem FCV auch im Jahr 2025 treu. Mit Kevin Brandes fiel der nächste Stammspieler für längere Zeit aus. Das Team musste daraufhin immer wieder umgebaut werden. "Wir mussten verletzungsbedingt improvisieren und Rückschläge wegstecken", denkt Jannis Niestädt zurück. Der Klassenerhalt ist für den Abwehrspieler daher umso höher zu bewerten. Nicolas Brunken glaubt, dass für den FCV ohne das Verletzungspech mehr möglich gewesen wäre. "Wir wären im gesicherten Mittelfeld gelandet. Wir hätten bis auf die beiden Spiele gegen den HSC Hannover (Verden verlor die Spiele mit 1:6 und 2:4, Anm. d. Red.) immer etwas holen können", sagt der Sportliche Leiter.
Der Trainerwechsel von Frank Neubarth zu Jan Sievers: Noch bevor es in diesem Jahr mit dem Pflichtspielbetrieb losging, gab der FC Verden 04 Mitte Januar bekannt, dass sich die Wege zwischen Frank Neubarth und dem Verein zum Saisonende trennen. Einen Monat später stellte der Verein mit Tim Ebersbach den Nachfolger vor. Das klare Ziel aller Beteiligten war jedoch, die Spielzeit unter Neubarth erfolgreich mit dem Klassenerhalt abzuschließen.
Dieser Wunsch blieb unerfüllt. Die Auswärtspartie gegen Lupo Martini Wolfsburg am 22. März war das letzte Spiel, das der FCV unter Frank Neubarth absolvierte. Zwei Tage nach dem 2:2 musste der Coach gehen. Diese Entscheidung fiel den Verantwortlichen alles andere als leicht, arbeiteten Neubarth und der Verein doch knapp sechs Jahre erfolgreich zusammen.
Der Ex-Profi prägte eine Ära am Hubertushain: Nachdem er die Verdener zunächst vor dem Abstieg in die Bezirksliga bewahrt hatte, formte Neubarth den Klub zu einem Spitzenverein in der Landesliga mit dem Oberliga-Aufstieg als Krönung. Mit der Entlassung zog der FCV die letzte Patrone im Abstiegskampf. Für Neubarth übernahm der bisherige Co-Trainer Jan Sievers interimsmäßig bis Saisonende.
Das erfolgreiche Ende: Acht Spiele blieben dem FC Verden 04 noch, um den Abstieg zu verhindern. In der ersten Partie unter Jan Sievers trennte sich der FCV von VfV Borussia 06 Hildesheim mit 1:1. Danach gelangen zwei Siege gegen den SV Wilhelmshaven (1:0) und Eintracht Braunschweig II (2:1). Es folgte der schlechteste Auftritt der Saison gegen den VfL Oldenburg. 0:3 verlor der FCV gegen das Tabellenschlusslicht.
Auf die schlechteste Saisonleistung folgte der beste Auftritt, denn die Reiterstädter feierten einen 3:1-Auswärtscoup gegen den Titelanwärter SV Atlas Delmenhorst. Beim denkwürdigen 4:4 gegen den BSV Rehden sprang ein Unentschieden heraus. "Das wird noch ein ganz wichtiger Punkt", prognostizierte Jan Sievers nach der Partie. Mit dieser Einschätzung sollte Verdens Interimscoach richtig liegen.
Am vorletzten Spieltag wartete auf den FCV das Abstiegsendspiel beim MTV Eintracht Celle. Durch einen späten Doppelpack von Dennis Hoins gewannen die Verdener mit 3:1. Damit stand der Klassenerhalt bereits so gut wie fest. Das 1:2 gegen Spelle am letzten Spieltag tat nicht weh, da Vorsfelde nur zu einem 1:0-Sieg kam und lediglich nach Punkten gleichzog.
Für Jannis Niestädt ist der Schlussspurt entscheidend gewesen, dass es mit dem Klassenerhalt geklappt hat. "Wir haben in den letzten Wochen die Weichen gestellt", sagt der Verteidiger. Mit der Saison ist Niestädt mit einer Ausnahme zufrieden. "Es war eine echt gute Saison, wenn man den Start mal wegnimmt", erinnert der Defensivspieler an den komplizierten Ligastart. Dennoch ist die Saison erfolgreich zu Ende gegangen.
Das versöhnliche Ende freut auch Nicolas Brunken. Denn die Saison sei alles andere als leicht gewesen. "Es war eine harte und gefühlt richtig lange Saison", findet Verdens Sportlicher Leiter. In der Hinserie habe man sich über die vielen Unentschieden beklagt. "In der Nachbetrachtung hätte es keins weniger sein dürfen", meint Brunken mit Blick auf die Punktlandung in der Tabelle.
Für den Sportlichen Leiter haben sowohl Frank Neubarth als auch Jan Sievers ihren Anteil am Klassenerhalt. "Wir sind Frank unheimlich dankbar. Er hat uns erst in die Oberliga gebracht. Jan hat etwas anderes reingebracht. Er hat die Führungsspieler gut mitgenommen und sie mit einbezogen", sagt Brunken über die beiden Trainer.
Ein Ausblick auf die kommende Saison: Wenn die Saison 2025/2026 beginnt, wird der FC Verden 04 weiterhin Teil der Oberliga Niedersachsen sein. Allerdings steht dann mit Tim Ebersbach ein neuer Trainer an der Seitenlinie. Gemeinsam mit seinem Co-Trainer Christoph Drewes will Ebersbach ein neues und erfolgreiches Kapitel am Hubertushain aufschlagen. Wie es mit Jan Sievers weitergeht, steht laut Brunken noch nicht fest. "Da müssen wir gucken und noch mal sprechen", sagt der Sportliche Leiter.
Fest steht bereits, dass der Großteil des Kaders zusammenbleibt. 18 Spieler haben sich frühzeitig zum FCV bekannt und ihren Vertrag verlängert. Dem gegenüber stehen mit Philipp Schippert, Jeremiah Winter und Jascha Tiemann drei Abgänge. Zudem pausiert Jan-Ole Müller die komplette nächste Saison studienbedingt.
Auf dem Transfermarkt schauen sich die Verantwortlichen in jedem Fall um, auch wenn Abwehrspieler Bjarne Guth zur kommenden Saison wieder zurückkehrt. "Wir gucken nach und nach, wo wir was machen können. Wenn man sich das Torverhältnis ansieht (60 Tore, 67 Gegentreffer, Anm. d. Red.), sieht man, wo man ansetzen muss", macht Nicolas Brunken deutlich, dass weitere Transfers vor allem dafür getätigt werden sollen, um in der zweiten Oberliga-Saison weniger Gegentore zu bekommen. Der erste Neuzugang ist jedoch ein Spieler für die Offensive: Vom TSV Etelsen wechselt Hauke Wortmann zum FC Verden 04. Am Mittwoch folgte mit Defensivspieler Jerrit Lindhorst Verpflichtung Nummer zwei.