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Koalitionsvereinbarung Was der Senat im Bremer Westen plant

Ortsamtsleiterin Cornelia Wiedemeyer hat den Koalitionsvertrag von SPD, Linke und Grüne dahingehend untersucht, was das Papier für den Bremer Westen vorsieht - und dabei einiges entdeckt.
13.07.2023, 05:00 Uhr
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Was der Senat im Bremer Westen plant
Von Anne Gerling
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„Veränderung gestalten: sicher, sozial, ökologisch, zukunftsfest“ – so ist der 170 Seiten starke Koalitionsvertrag überschrieben, in dem SPD, Linke und Grüne festgehalten haben, wohin es in den kommenden vier Jahren gehen soll. „Was den Koalitionsvertrag auszeichnet, ist, dass er sehr stark auf sozialen Zusammenhalt ausgerichtet ist“, sagt Ortsamtsleiterin Cornelia Wiedemeyer, die untersucht hat, was das Papier für den Bremer Westen vorsieht. „Es gibt darin oft den Hinweis auf sozial benachteiligte Quartiere. Damit verbinde ich die Hoffnung, dass das auch Gröpelingen beinhaltet“, sagt sie. „Und es gibt teilweise konkrete Aussagen, an denen man die Koalition messen können wird.“ In der Regierungsvereinbarung sind für die Stadtteile Findorff, Walle und Gröpelingen folgende Punkte vermerkt worden:

Wirtschaft und Häfen

Unter anderem an der Schragestraße in Oslebshausen sollen mit einem Sofortprogramm Gewerbeflächen aktiviert werden, und im Bereich Industriehafen/Kalihafen will die Koalition mit der Erneuerung der Kajen weitermachen. „Ich finde es gut, da nicht nur nach Bremerhaven zu gucken“, sagt Wiedemeyer. Auch dass mit Blick auf die Entwicklung verschiedener Zentren die Arbeit mehrerer Stadtteil­initiativen – die es in allen drei Stadtteilen gibt – finanziell abgesichert und dort, wo es nötig ist, weiter ausgebaut werden soll, gefällt der Ortsamtsleiterin.

Besonders interessant findet Wiedemeyer das Projekt „Hanse Kitchen Food Hub“, das laut Koalitionsvertrag zukünftig von der Überseestadt aus junge Gründerinnen und Gründer in der Lebensmittelbranche unterstützen soll: „Das finde ich eine ganz spannende Geschichte, das passt zur Überseestadt. Beim Gröpelingen Marketing hatten wir ja den Food Container – damit haben wir tatsächlich einige Existenzgründungen gefördert. Aber auch einige Leute davor bewahrt, sich ins Unglück zu stürzen.“

In einem anderen Absatz geht es um die Weiterentwicklung des Congress Centrum Bremen (CCB). Was das konkret für die Bürgerweide bedeutet, ist noch unklar. „Aber es betrifft uns“, so Wiedemeyer.

Als eine Reaktion auf die Proteste aus Oslebshausen sei womöglich außerdem eine Aussage zum Thema Bahnwerkstatt zu verstehen. Vor der Entscheidung über den Standort soll demnach eine „verlässliche Auskunft der Deutschen Bahn dazu eingeholt werden, ob sie aus ihrem Flächenbesitz eine alternative Fläche zur Verfügung stellen würde“.

Mobilität

Wie berichtet hat sich die Koalition für eine Straßenbahnlinie in die Überseestadt durch die Hoerneckestraße entschieden. „Dass man die Überseeinsel einbezieht, ist schon mal gut“, sagt dazu Wiedemeyer, die es auch begrüßt, dass außerdem die Verlängerung der Straßenbahn nach Oslebshausen – und perspektivisch bis nach Burg – weiterverfolgt und ein Haltepunkt der Regio-S-Bahn RS2 zwischen Twistringen und Bremerhaven-Lehe am Waller Bahnhof geprüft werden soll: „Das zeigt, dass die neue Regierung dem positiv gegenübersteht – auch wenn das sicher nichts ist, was sich in den nächsten vier Jahren abhandeln lässt.“

Ein anderer Punkt könnte womöglich schneller umgesetzt werden: Bis zum Bau der zwischen Woltmershausen und der Überseestadt geplanten Fußgänger- und Radbrücke („Wesersprung West“‘) soll in einem ersten Schritt die Fähre zwischen Woltmershausen, Überseestadt und Gröpelingen in den ÖPNV-Tarif integriert und ein Ausbau des Fährverkehrs zwischen der Innenstadt und Bremen-Nord geprüft werden.

Ein Absatz, der viele in Gröpelingen freuen wird, betrifft die geplante Premium-Radroute D.15 von Bremen-Nord nach Hemelingen. Diese solle unter Beachtung der örtlichen Gegebenheiten geplant werden, heißt es in dem Papier: „Daraus ergibt sich beispielsweise keine Trassierung der D.15 durch den Grünzug West in Gröpelingen, sondern über den Mählandsweg.“ Wiedemeyer: „Das ist gut und eine alte Forderung des Beirats.“

In innenstadtnahen Quartieren wie Findorff will die Koalition außerdem in dieser Legislaturperiode das Thema Gehwegparken angehen. Dort sollen Straßen mit besonders schmalen Fußwegen neu gestaltet und anschließend besonders konsequent kontrolliert werden. Wiedemeyer: „Das liest sich für mich so, als solle sich dort baulich etwas tun. Oder aber es werden dort Schilder aufgestellt.“

Kinder, Bildung und Qualifizierung

„Im Stadtteil Gröpelingen richten wir eine neue Oberstufe ein“: Im Bildungssektor ist dies für Wiedemeyer die wichtigste Passage zu ihrem Zuständigkeitsbereich. Sie freut außerdem, dass die Arbeit der Stadtbibliothek Gröpelingen – unter deren Dach unter anderem der Bürgerinformationsservice (BIS) angesiedelt ist – in der Koalitionsvereinbarung ausdrücklich gelobt wird: „Das sehe ich als ein Bekenntnis zu den Angeboten vor Ort an.“

Lobend erwähnt wird von der Koalition auch das vor zwei Jahren am Schiffbauerweg in Gröpelingen gestartete Kita-Einstiegshaus. Dass die Regierung dieses Konzept nun „in die Breite bringen und auch in anderen Stadtteilen etablieren“ will, klingt für Wiedemeyer sehr danach, „dass man es auch in Gröpelingen weiterführen wird.“ Die Ortsamtsleiterin begrüßt außerdem, dass in Stadtteilen mit besonderem Bedarf für Fachkräfte mit akademischen Abschlüssen etwa in Pädagogik oder Psychologie neue Kita-Stellen geschaffen werden sollen, um Gruppen- und Kitaleitungen dort mehr zu unterstützen.

Bremens Quartiersbildungszentren (QBZ) sollen dem Papier zufolge über eine institutionelle Förderung dauer­haft abgesichert werden. Wiedemeyer: „Das betrifft bei uns das QBZ Morgenland und freut uns natürlich.“ Dass die Koalition an den Hochschulen „das Promotionsrecht für forschungsstarke Bereiche verankern“ möchte – dass auch dort also in Zukunft die Doktorwürde verliehen werden kann – steigere außerdem die Attraktivität der Kunsthochschule in der Überseestadt und könnte sich auf die soziale Durchmischung im Bremer Westen auswirken.

Bauen und Wohnen

„Ankunftsquartiere“ wie Gröpelingen sollen mit gezielten städtebaulichen Impulsen aufgewertet werden, und nach dem Vorbild des Goethe-Quartiers in Bremerhaven soll sich in Gröpelingen die Brebau als Quartiersentwicklungsgesellschaft gezielt um die Sanierung von Schrottimmobilien kümmern. Außerdem möchte die Koalition Azubi- und Studierendenwohnheime oder andere Wohnangebote speziell für junge Leute auch in Gröpelingen schaffen. Am Franz-Pieper-Karree soll eine „Mitte Überseestadt“ mit Nahversorger, Spielflächen und Grünanlagen entstehen, die Überseewiese soll erhalten und um ein Nachbarschaftszentrum und „Wohnen im mittleren Preissegment“ ergänzt werden. Auch dies wird Wiedemeyers Ansicht nach zu mehr sozialer Durchmischung im Quartier beitragen. Zum Großmarkt-Areal soll es ein Entwicklungskonzept geben, und die Überseeinsel will die Koalition „nach dem Leitbild der Produktiven Stadt als Wohn- und Arbeitsort mit einem attraktiven Umfeld für Familien entwickeln.“

Als positiv bewertet die Ortsamtsleiterin auch, dass die Koalition die Städtebauförderprogramme „Wohnen in Nachbarschaften“ (WiN) und „Lebendige Quartiere“ fortführen will, die aktuell unter anderem in Gröpelingen und der Überseestadt eingesetzt werden.

Umwelt

Projekte wie das vor einem Jahr gestartete „Klimaquartier Gröpelingen“ will die Koalition verstetigen und Kleingärten „grundsätzlich als Grün erhalten“. Im Vertrag heißt es dazu: „Wir werden eine Umnutzung nur dann vornehmen, wenn dies ökologisch und verkehrlich vertretbar ist, kein Veto des Vereins eingelegt wird und an anderer Stelle entsprechende Kompensationsflächen geschaffen werden.“ Dazu Wiedemeyer: „Das ist die Sicherung unserer Kleingärten im Westen.“

Kultur

Der Güterbahnhof soll als wichtiger und zentral gelegener Ort der Bremer Subkultur und freien Szene dauerhaft erhalten werden. Den Verein „Zentrum für Kollektivkultur“ will die Koalition bei seiner Ansiedlung auf dem ehemaligen Kaffee-Hag-Gelände unterstützen und im Falle der Bewährung nach der dreijährigen Testphase verstetigen. Und gemeinsam mit dem Verein Zucker soll ressortübergreifend geklärt werden, wie das Projekt Zucker-Bunker – ein Kultur- und Veranstaltungszentrum an der Hans-Böckler-Straße – gelingen kann. „Für den Stadtteil und die Leute, die sich hier engagieren, sind das wichtige Aussagen“, findet Wiedemeyer.

Verschiedenes

Die an der Reitbrake geborgenen Überreste der dort zu Tode gekommenen Zwangsarbeiter und Kriegsgefangenen aus der damaligen Sowjetunion will die Koalition auf dem Osterholzer Friedhof bestatten. Darüber hinaus soll in räumlicher Nähe zur Reitbrake an die Verbrechen im Bremer Westen erinnert werden. Im Papier heißt es dazu: „Zur konzeptionellen Gestaltung des Gedenkens beziehungsweise der Erinnerung werden wir Expertinnen heranziehen und uns mit den Vertretern der Ukraine und Russlands abstimmen.“

Bei der weiteren Sanierung der JVA Oslebshausen sollen die „technischen Voraussetzungen für einen Internetzugang für alle Gefangenen“ geschaffen werden und für „Menschen mit dem Lebensmittelpunkt Straße“ soll es verschiedene Szenetreffs geben. Geplant sind außerdem dezentrale Angebote für schwerst und chronisch Heroin- und Crackabhängige, „um eine fortgesetzte Ballung dieser Gruppe am Hauptbahnhof zu vermeiden.“ In diesem Absatz werde Gröpelingen zwar nicht explizit erwähnt, so Wiedemeyer: „Aber da muss man wachsam sein, denn es gibt in Gröpelingen leider schon jetzt verstärkt Probleme mit Menschen, die in Grünflächen campen und Drogen konsumieren.“

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