Die CDU hat dem Senat im Zusammenhang mit der Innenstadt ein „Drama der Planlosigkeit“ vorgeworfen. Statt quer zu denken, abseits der üblichen Bahnen, ergehe sich die Regierung seit Jahren in Diskussionsrunden, Foren und Workshops, ohne in der City wirklich voranzukommen, sagte am Dienstag der CDU-Abgeordnete Heiko Strohmann. Seine Fraktion hatte im Parlament zu dem Thema eine Aktuelle Stunde beantragt. „Wir müssen mit den Quatschrunden aufhören“, forderte Strohmann. Der Senat sollte außerdem endlich klären, wer bei der Stadtentwicklung den Hut aufhat, spielte der Abgeordnete auf den Streit um Zuständigkeiten an.
Hintergrund der Debatte waren die jüngsten negativen Nachrichten aus der Innenstadt: die geplanten Schließungen von Galeria Kaufhof und Karstadt Sports, das Aus von Zara und das Scheitern der Neubaupläne für das Sparkassengelände am Brill. Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) hat deshalb kurzfristig zusammen mit den Ressorts Bau, Wirtschaft und Finanzen zu einem Innenstadt-Gipfel eingeladen. Strohmann spießte auch das auf: „Und jetzt haben wir den Gipfel erreicht.“
Bovenschulte verteidigte seinen Vorstoß: „Alle Akteure haben das ausdrücklich begrüßt.“ Es werde bei dem Gipfel mitnichten nur um Absichtserklärungen gehen. Geplant seien vielmehr Eckpunkte, ein Aktionsprogramm, konkrete Projekte für die nächsten zwei Jahre. „Der Senat wird dafür ein entsprechendes Budget bereitstellen.“ Der Bürgermeister warf Strohmann vor, keine einzige Idee für die Innenstadt vorgetragen zu haben. Und er hob hervor, dass die City zwar in einer tiefen Krise stecke, genauso wie in vielen anderen Städten – dass es aber zum Beispiel mit der Markthalle Acht am Domshof, dem neuen Johann-Jacobs-Haus in der Obernstraße und dem laufenden Umbau des Lloydhofes durchaus auch tolle Projekte gebe. Bovenschulte: „Die Innenstadt lebt.“
Die FDP kritisierte die Verhandlungsführung beim Sparkassengelände: „Das haben Sie von vorne bis hinten verbockt“, richtete sich der Abgeordnete Thore Schäck an den Senat. Die Flughöhe in den Gesprächen mit internationalen Investoren sei wohl zu hoch gewesen. Bovenschulte wies das zurück: „Sollten wir den Vorschlägen einfach zustimmen?“ Es sei kein Skandal, wenn auf fachlicher Grundlage beraten werde und dies zunächst ohne Ergebnis bleibe. Der Bürgermeister hatte sich an der Bausenatorin vorbei selbst am Ringen mit den Investoren beteiligt. Die Brüder Schapira aus Israel verkündeten am Ende, von den Neubauplänen für das Areal am Brill abzurücken.
In der Zange zwischen Onlinehandel und Einkaufszentren
In allen Beiträgen während der Aktuellen Stunde wurde klargemacht, dass die Innenstadt nicht mehr allein oder vor allem vom Einzelhandel her gedacht werden könne. Die City befinde sich in der Zange zwischen einem immer stärkeren Onlinehandel und den Einkaufszentren wie Weserpark, Waterfront, Dodenhof und Ochtumpark. Man müsse deshalb zwar weiterhin auf Geschäfte setzen, viel mehr aber auf Wohnen, Kultur, Gastronomie und Events. „Die Innenstadt kann den Wettbewerb um den günstigsten und schnellsten Einkauf gegen das Internet nicht gewinnen“, stellte Falk Wagner (SPD) fest. Investiert werden müsse stattdessen in die Aufenthaltsqualität. Und: „Die Ladenmieten müssen sinken.“ Robert Bücking (Grüne) sprach sich für eine Aktivierung der Wallanlagen aus. Gelingen könne das zum Beispiel mit einem Café auf dem Theaterberg.
Die AfD rieb sich an den Plänen des Senats, in der Innenstadt die Parkgebühren zu erhöhen. „Glauben Sie immer noch, dass Ideologie den fehlenden Umsatz der Einzelhändler kompensiert?“, fragte Peter Beck. Er hätte sich nach eigenem Bekunden darüber gefreut, wenn das Sparkassengelände als ein Standort der Universität genutzt worden wäre. Ein Gedanke, der in der Stadt kreist, seitdem klar ist, dass die Sparkasse die Fläche räumt. Sie zieht am 1. Oktober in ihre neue Zentrale an der Universitätsallee.
Unterdessen nimmt der geplante Gipfel zur Lage der Innenstadt Formen an. Es gibt nach Informationen des WESER-KURIER einen Termin, den 15. Juli. Einen Ort, die Obere Rathaushalle. Einen Zeitraum, zwei Stunden während der Mittagszeit. Und die vier beteiligten Senatsressorts haben sich dem Vernehmen nach auch auf eine Teilnehmerliste geeinigt – ein besonders strittiger Punkt bei den Vorbereitungen.
„Wir sollten nicht nur die Fraktionen der Bürgerschaft einbeziehen, die Kammern, die Investoren, die City-Initiative und andere, die schon viel zu dem Thema gesagt haben“, hatte Bausenatorin Maike Schaefer (Grüne) in einem Interview mit dem WESER-KURIER gesagt. Es müssten genauso die Kreativwirtschaft, Gastronomen, Veranstalter und Kulturbetriebe dabei sein. Noch nicht bekannt ist, in welchem Maß das gelingen wird. Nach dem Treffen im Rathaus soll es ein Pressegespräch geben, um die Öffentlichkeit über Ergebnisse des Gipfels zu informieren.